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Auf Augenhöhe

Lauren Ruth Ward
Swimm

Köln, Blue Shell
24.03.2023

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Lauren Ruth Ward
Eine Tour mit Lauren Ruth Ward lässt sich nicht mal so eben aus dem Ärmel schütteln, denn große Gesten kann sich die kleine Songwriterin aus L.A. nur auf der musikalischen Seite erlauben. Lauren ist so sehr autarke Indie-Künstlerin, dass sie nämlich alle organisatorischen Dinge - von der Verpflichtung ihrer Musiker(innen) bis hin zum Verkauf des selbst gebastelten Merch-Materials - schlicht selber machen muss. Ergo war sie von der Pandemie ganz besonders in den Popo gekniffen worden, denn die Europa-Tour, mit der sie eigentlich ihre zweite LP "Vol. II" präsentieren wollte, war schon fix und fertig eingetütet, als im März 2020 die Lockdown-Orgien los gingen. Zwar hielt Lauren weiland mit Quarantine Sessions dagegen, so gut es ging - aber es ist ja schon ein Unterschied, ob man jemand hochkant auf dem Handy betrachtet oder im Kino-Format live Nase an Nase erleben kann. Sei es drum: Mit Hilfe ihrer Freunde und Fans hatte es Lauren nun geschafft, die Tour mit drei Jahren Verspätung endlich nachzuholen.
Zu den besagten Freunden zählten auf dieser Tour - neben Laurens Gitarren-Freundin Lisa Bianco und dem wackeren Booker Jörg, dem Lauren während des Konzertes für seine Dienste eine Dankes-Laudatio aussprach - auch ihr bester Freund Chris Hess, der Lauren nicht nur als Gitarrist während ihres Sets unterstützte, sondern obendrein als Support-Act mit einem akustischen Set aushalf. Die Sache ist dabei die, dass Chris Hess nominell gar kein romantischer Liedermacher ist (auch wenn er sich an diesem Abend so gab) sondern zusammen mit seiner Band Swimm bereits 2018 ein Album namens "Sentimental Porno" veröffentlicht hat. Seither ist viel passiert: Swimm sind nach L.A. umgezogen und haben eine Reihe von Interims-Singles veröffentlicht - darunter auch "You Never Fake It", auf der auch Lauren Ruth Ward mitmachte. Bei Swimm geht es (laut Bandcamp) musikalisch um "Konzepte aus Schwerelosigkeit und Fluidität". Das übersetzt sich dann in elegante Soul-Pop-Grooves mit New Wave-Flair. Da sich so etwas auf der akustischen Gitarre alleine nur schwer umsetzen lässt, blieb Chris Hess - der Solo-Künstler - dann bei der Basis seiner Songs und präsentierte seine mit einer gehörigen Portion Selbstironie versetzten, romantische Geschichten aus und über das queere L.A., die mit einer Art gesprochen vorgetragenen Noir-Prosa thematisch eingerahmt wurden, alleine mit seiner akustischen Gitarre. Das bedeutete aber nicht, dass es dabei beim Flüster-Folk blieb, denn ab und an holte Hess mit einem Overdrive-Pedal auch ein paar verzerrte Rock-Riffs aus der Mottenkiste. Dabei gebärdete sich Hess performerisch als nicht uncharmante Mischung aus Hank Williams und Freddie Mercury, kippte des Öfteren in High Tenor Falsett-Gefilde ab und flirtete auf distanzlose Weise mit dem ganzen Publikum. Zwischendurch spielte er dann noch Nirvanas "Come As You Are" und schaffte es, das Publikum zum Mitsingen zu animieren - damit er dieses dann mit dem Handy filmen konnte. Da das Publikum zu ca. 80 % aus Laurens Hardcore-Fans bestand - die ihr Idol wohl die ganze Tour über zu begleiten schienen -, lief Chris mit seinem Programm offensichtlich offene Türen ein und konnte auf einem charmanten interaktiven Geplänkel mit den Fans aufsetzen, von dem "Neulinge" ansonsten nur träumen können. Mal abgesehen davon, dass man als Zuhörer sich natürlich auf das Gesamtkonzept einlassen musste und Chris Hess keinesfalls alleine auf den musikalischen Wert seiner Darbietung reduzieren durfte, war das ein stimmiger Einstieg für Laurens Show, die nach einer ewig wirkenden Kunstpause denn auch endlich begann.
Aufgrund der immer noch prekären Lage, in der sich tourende Live-Musiker heutzutage befinden, war es Lauren auch bei ihrer zweiten Tour in unseren Breiten nicht möglich, eine komplette Band mitzubringen. Nun ist das aber so, dass sich Lauren Ruth Ward als Songwriterin ja nun wirklich nicht wirklich an irgendwelchen konventionellen Backbeats entlanghangelt, sondern mit ihren für gewöhnlich dann doch recht komplexen und vielschichtigen Songs vielmehr einem ganz eigenen, intuitiven und spontanem Rhythmusverständnis folgt. Es konnte also bei dieser Veranstaltung dann auch nicht um eine zünftige Rock-Show gehen. Dennoch überraschte dann der Umstand, dass sich Lauren zunächst mal ganz alleine auf die Bühne stellte und einige Songs wie etwa das Frühwerk "Burden" im zurückhaltenden Balladen-Modus spielte. Tatsächlich schien es ihr dieses Mal auch gar nicht darum zu gehen, die Fans zum Ausflippen zu bewegen. Stattdessen genoss sie sehr die ihr zu Teil werdende Aufmerksamkeit und suchte - so oft es das schlauchförmige Layout des Blue Shell Clubs zu ließ - den direkten Kontakt mit dem Publikum.

Nicht übrigens, dass das auf Kosten der Energie gegangen wäre. Es ist schon unglaublich, welche Inbrunst Lauren in ihren Vortrag legt und - oft einen Meter vom Mikro entfernt - ihre Emotionen in sehr eindringliche Klänge umwandelt. Sobald Laurens Gast-Gitarristin Lisa Bianco die Bühne betreten hatte, nutzte sie die Möglichkeit, ihre Gitarre dann zur Seite zu stellen, sich ihrer Jacke zu entledigen und dann - mit dem Mikrophon in der Hand - am Bühnenrand stehend in einen unmittelbaren Dialog mit den Fans zu treten; Händeschütteln und Foto-Ops eingeschlossen. Da Lauren im Laufe der Zeit auch nicht größer geworden ist und selbst die 15 cm hohen Absätze ihrer Moon-Boots gerade mal ausreichten, den Fans in der vordersten Reihe auf Augenhöhe zu begegnen, kam Lauren dann auf die Idee, auf die hauseigenen Lautsprecher-Boxen zu klettern, die rechts und links den Bühnenrand markierten, um auch so den Fans, die sich im hinteren Teil des Clubs drängelten, die Möglichkeit zu geben, etwas vom magischen Bühnen-Flair zu erhaschen, das Lauren auf so empathische Weise als Performerin ausstrahlt. Nun ist das aber ja so, dass Lauren - fehlende Rhythmusgruppe hin oder her - musikalisch dennoch vor allen Dingen eine Rock-Queen ist. Gerade die aktuellen, neuen Tracks wie "Mindseye" und "Messiah" (die Lauren mit dem Gitarristen Andrew Berkeley Martin geschrieben hatte) überraschten und gefielen ja wegen eines gewissen Glamrock-Faktors in der Studioproduktion. Einen Eindruck davon, wie Lauren die Aufgabenstellung löst, den Drive solcher Stück dann mit eingeschränkten Mitteln auf der Bühne rüberzubringen, vermittelt die live im Studio eingespielte Video-Version des Tracks "Messiah", in der Lauren - wie in Köln auch - die Energie des Tracks alleine über ihren Gesang auf die Bretter bringt, währen die knackigen Gitarrenriffs lediglich den Tenor vorgeben. So oder ähnlich lief das dann auch bei der Show im Blue Shell ab - nur dass Lauren hier dann über die Bühne wirbelte und sich dabei abwechselnd Lisa Bianco, dem inzwischen mit einer akustischen Gitarre hinzugekommenen Chris Hess oder aber eben dem Publikum zuwendete. Als versierter Session-Musikerin gelang es Lisa Bianco dabei mühelos, Understatement und Virtuosität nahtlos miteinander zu verzahnen - auch wenn sie sich niemals ins Spotlight drängte und auch typisch männliche Gitarrensoli vermied. Die klassischen Live-Antics Laurens - also das Abtauchen im Auditorium oder das Herumwälzen auf der Bühne - mussten systembedingt bei dieser Show eher sparsam eingesetzt werden. Zu recht, denn wenn sich Lauren ein Mal auf die bereits erwähnte Lautsprecherbox setzte oder auf dem Boden kniend ins Mikro beltete, konnten sie nun wirklich nur noch die Menschen sehen, die direkt an der Bühne standen. Insgesamt also, war diese Show für Laurens Verhältnisse weniger wild als so manche ihrer Shows in geräumigeren Gefilden. Wett gemacht wurde das durch eine greifbar im Raume stehende Emotionalität. Gleich mehrfach nahm sich Lauren Zeit, die Szenerie zu genießen.

Trotz aller unauffällig zur Schau gestellten professionellen Routine zeigte sich da also auch der Mensch Lauren Ruth Ward. Bemerkenswert in dem Zusammenhang ist dann auch die Anteilnahme der Fans, die sich auf dieses Szenario unmittelbar einließen und Lauren auf einer Welle der Zuneigung geradezu dahintrugen und auch mitsangen, so gut das möglich ist. Sicherlich nicht, weil Laurens assoziativ/metaphorische Lyrics irgendwelche klar definierten Botschaften oder nachvollziehbare Geschichten enthielten, sondern weil Lauren so auf ihre Weise den Eindruck vermittelt, mit den Fans auf einer Ebene zu sein. Dazu gehört auch, dass Lauren jederfrau einräumt, ihre Texte zu deuten, wie es aus persönlicher Sicht Sinn macht - auch wenn sie selbst ganz konkrete Vorstellung davon hat, wovon sie singt. Ebenfalls zum Ritual einer Lauren Ruth Ward-Show gehört die Gewissheit, das nun wirklich niemand ohne ein Autogramm, ein Händeschütteln, ein Foto oder eine Umarmung nach Hause zu gehen braucht. Egal wie man nun als Zuhörer zur Musik Lauren Ruth Wards stehen mag - der warmherzigen Faszination ihrer Live-Shows kann sich nun wirklich niemand entziehen. Die Frage, die nach wie vor ihre Website ziert - "who the fuck is Lauren Ruth Ward" - beantwortet Lauren mit ihren Live-Shows jedenfalls erschöpfend.

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Surfempfehlung:
laurenruthwardmusic.com
www.instagram.com/laurenruthward
www.facebook.com/laurenruthwardmusic
www.youtube.com/watch?v=zYoUJ9BNH_w
www.swimmmusic.com
www.facebook.com/swimmmusic
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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