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Singen ist gesund!

OSKA
Doppelfinger

Köln, Blue Shell
26.03.2023

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OSKA
"Singen ist gesund!", rief dereinst eine Frau Maria "OSKA" Burger zu, als diese musizierend auf der Straße stand, bevor sie ihre Karriere als Recording Artist in Angriff nahm. Das ist gut zu wissen - und war an diesem Abend auch besonders hilfreich, denn die Wiener Songwriterin hatte sich ausgerechnet auf ihrer ersten großen Headliner-Tour in unseren Breiten erkältet. Zum Glück aber hatte sie ihr Gitarrist, Jugendfreund und Support-Künstler Clemens Bäre dann mit seinen Rescue-Medikamenten wieder auf die rechte Bahn gebracht und das Adrenalin des Live-Auftrittes führte dann dazu, dass Maria sich wieder ganz gut fühlte und dann auch die ganze Show im Stehen spielen konnte.
Der ursprünglich für die Kölner Show eingeplante Support-Act musste aus persönlichen Gründen bereits am Sonntag abreisen, denn die Show fand einen Tag vor dem großen Monster-Streik statt, die die ganze Republik am 27. März 2023 lahm legte. Deswegen sprang Clemens - der in OSKAs Band die Rolle des Gitarristen und Harmoniesängers übernahm - kurzfristig als "Anheizer" ein. Obwohl: Das ist nun wirklich nicht das richtige Wort. Denn Clemens - der unter dem Künstlernamen Doppelfinger auftritt, dem ihm seine Mutter verpasst hat, weil er kurioserweise an seiner rechten Hand einen doppelt ausgebildeten Pinky-Finger besitzt - ist ein bekennender Fan von Nick Drake und bildet selbst seine optimistischsten bzw. stoischsten Songs in Form filigraner melancholischer Balladen aus, wie sie stimmungsmäßig sein morbider Vorgänger auch nicht trauriger hinbekommen hätte. Clemens hat sich dabei eine höchst interessante Gitarrentechnik angeeignet, die aus wieselflinken Fingerpicking-Glissandi besteht, die in unterschiedlichsten Open Tunings angesiedelt sind. Das hat den Vorteil, dass seine Songs harmonisch und melodisch einiges zu bieten haben. Der Nachteil ist dann aber der, dass er seine Gitarre nach fast jedem Songs nach Gehör umstimmen muss. Dabei brach ihm dann einer der Knäufe ab, mit denen die Saiten der Gitarre auf Spannung gebracht werden können. Das passte aber zum Tenor des Tages, den Clemens als "persönlich sehr interessant" markierte, weil so ziemlich alles, was hätte schiefgehen können, für ihn auch schief gegangen war. Clemens nahm es mit Humor - was dann die larmoyante Qualität seines Materials gleich wieder relativierte. Insgesamt überzeugte er als versierter Songschmied und Musikus und sympathisch zurückhaltender Performer dann aber schon.
Zwar heißt OSKAs Debüt-Album ja bekanntlich "My World, My Love, Paris" - während die aktuelle Tour aber unter dem Motto "Hallucinating" stattfand. Den Grund dafür erklärte Maria im Folgenden während einer ihrer zahllosen charmanten Zwischenansagen. Natürlich gibt es einen Song namens "Hallucinating" auf OSKAs Album - der aber einen ganz anderen Hintergrund hat, als vielleicht im Rock'N'Roll-Sinne zu vermuten gestanden hätte: Im Teenager-Alter war Maria ein Mal ein Surfboard gegen den Kopf gesurft - wovon sie bis heute eine kleine Narbe davon getragen habe - woraufhin sie dann im Folgenden längere Zeit bewussteinserweiternde und persönlichkeitsprägende Halluzinationen gehabt habe. Dieser Song - die abschließende Ballade der LP - ist zugleich ein schönes Beispiel dafür, wie nonchalant Maria als Songwriterin Details aus ihrem Leben in interpretationsoffenen Metaphern als Basis für die Geschichten ihrer Songs verwendet. Ganz so, wie das ihre großen Vorbilder auch getan haben. Tatsächlich ist das so, dass Maria grundsätzlich auf konventionelle Songwriter-Tugenden setzt und dabei in der brillanten Riege ihrer gleichaltrigen musizierenden Landsleute insofern eine Ausnahmestellung einnimmt, als dass sie sich nicht als musikalische Bilderstürmerin versteht. Das wiederum führt dazu, dass ihre Live-Shows - so auch die in Köln - ein sehr angenehmes Old-School-Feeling vermitteln, das zu einer Generationen-übergreifenden Zusammensetzung ihres Publikums zu führen scheint. Der beste Beweis für diese Theorie war dann zweifelsohne der Moment, zu dem Maria ihre Musiker ohne Instrumente um ihr Gesangsmikrofon versammelte und alle gemeinsam dann eine wirklich anrührende, makellose Version des Stephen Stills-Songs "Helplessly Hoping" von Crosby, Stills & Nash anstimmten (der als einzige Coverversion auch Marias Album ziert).

Bei dieser Gelegenheit stellte Maria dann auch die Mitglieder ihrer Band vor - und erzählte dann auch die Geschichte, dass sie mit Gitarrist Clemens bereits zur Schule gegangen sei, man sich dann aus den Ohren verloren habe und zufällig über Social Media wieder zusammengefunden habe, als beide - offensichtlich unabhängig voneinander - ihre musikalischen Laufbahnen eingeschlagen hatten und sich ihre gegenseitige Wertschätzung ausgedrückt hätten, sodass sie heute wieder "zusammen sind". "Und entschuldige dich niemals für traurige Songs", riet Maria Clemens dann noch - weil er das bei seinem eigenen Set nämlich getan hatte.

Auch Maria kennt sich schließlich aus mit traurigen Songs. So stellte sie gleich eingangs klar, dass sie nur ungefähr anderthalb Lieder wie zum Beispiel "Woodstock" im Programm habe, zu denen man zur Not auch tanzen könne. Tatsächlich spielen sich die meisten von Marias Songs dann auch eher im balladesken oder Mid-Tempo-Bereich ab; dennoch war die Show aber keine gesittete Folk-Veranstaltung, sondern spielte sich oft in poppigen Gefilden ab, denn sowohl Maria wie auch Clemens griffen des Öfteren auch zu elektrischen Gitarren und die Tatsache, dass statt eines konventionellen Bassisten Keyboarder Michael Stark für entsprechende Klangfarben und noch viel mehr Sorge trägt, sorgte zudem für Fülle und Abwechslung. Vielleicht etwas überraschend für eine Künstlerin, die ihre Aufgabe darin sieht, ihre Gedankengänge mit melancholischer Nachdenklichkeit musikalisch zu interpretieren, war dann die Tatsache, dass die Show im Blue Shell - bei aller musikalischen Ernsthaftigkeit - ungemein kurzweilig, lebhaft und humorvoll inszeniert daher kam. Das lag an der charmanten Art, mit der sich Maria als unterhaltsame Plaudertasche outete, die auf ungezwungene Art auf Augenhöhe mit dem Publikum kommunizierte und dabei den Eindruck vermittelte, als sei sie einfach mal als alte Freundin auf einen Plausch vorbeigekommen. Dass sie zudem eine hochprofessionelle, versierte Musikerin ist, spielte dabei nur eine untergeordnete Rolle, denn im Zentrum stand ganz alleine ihr sympathisch ungekünstelt erscheinendes Charisma. Kurzum: Das war dann tatsächlich eines der sympathischsten Songwriter-Konzerte der letzten Zeit. Punkt.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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