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Läuft!

Holy Moly & The Crackers
Beans On Toast

Köln, artheater
09.04.2023

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Holy Moly & The Crackers
"Solid Gold" heißt das aktuelle Album der wahrscheinlich derzeit einzigen amtierenden "Gipsy-Folk-Rock"-Band aus Newcastle. Das soll nicht heißen, dass das Sextett nun plötzlich bodenständig geworden wäre - sondern spielt eher darauf an, dass die neuen Songs allesamt irgendwie das Potential für Instant-Klassiker haben. Das wollte die Band auch gerne im Live-Setting bestätigen und hatte dafür große Pläne für eine große Tour gemacht. Leider kam dann erst mal die Pandemie dazwischen. Umso begeisterter waren Ruth Lyon (früher Ruth Patterson) und ihre Musiker, nun endlich wieder auf Achse sein zu dürfen und hatten für den ersten Termin der aktuellen Tour nun auch entsprechend viel Live-Energie gespeichert, die in Köln dann auch gleich freigelassen wurde.
Als Support war der wackere Jay McAllister - besser bekannt unter seinem typisch britischen Künstlernamen Beans On Toast - mit dabei. Jay ist dabei ein Freund der Band und war mindestens ebenso begeistert wie die Holys, endlich wieder mal in Köln aufspielen zu können, wo er auf eine feste Fangemeinde zählen darf. Im Gepäck hatte er - wie Holy Moly auch - viele neue Songs, die er gerade eben erst frisch geschrieben hatte, denn diese enthielten ziemlich viele Verweise auf aktuelle Entwicklungen des von Jay mit Inbrunst gehassten Establishments. So tummeln sich in den neuen Songs King Charles, Liz Truss und Boris Johnson, Nazis, Faschisten und andere Kriegstreiber, die es zu bekämpfen gilt und natürlich immer wieder Jay selbst - der kleine Mahner in der Wüste, der mit den Mitteln der Ironie und des Zynismus seinen Senf zu diesem und jenem gibt. Beans On Toast hat sich immer noch nicht entschieden, ob er nun eher Comedian, Aktivist oder doch lieber Musiker sein möchte - gehört dabei aber in jedem Fall immer noch zu den unterhaltsamsten Performern der Jetztzeit. Ohne Punkt und Komma plauderte Jay über sein Leben als umtriebiger Troubadour und listete spontan auf, was ihm an Deutschland - außer Bier - sonst noch alles so gut gefalle. Hotelfenster in preiswerten Hotels etwa - weil sich diese (anders als im britischen und amerikanischen Ausland) vollständig öffnen ließen. Oder der Umstand, dass man hierzulande als Ausländer offensichtlich mit wenigen Wörtern auskommen könne. Wörter wie "Entschuldigung" beispielsweise - oder Jays aktuellem Lieblingswort "Läuft!", das er zu jeder sich bietenden Gelegenheit verwende, wenn er an ihn gerichtete Fragen nicht verstehe - und damit meist eine freundliche Reaktion hervorriefe. Angeblich hat er sich das Wort auch tätowieren lassen - wollte das aber dann doch nicht beweisen. "Läuft!" war denn aber auch ein passendes Motto für den ganzen Abend. Nicht nur die Beans On Toast-Show betreffend, sondern auch die von Holy Moly & The Crackers - denn erstaunlich viele Fans hatten sich am Ostersonntag ins artheater verirrt. "Ist ja auch eher ein versteckter Samstag, oder?", kommentierte Jay das Thema, denn der Ostermontag ist ja nur bei uns ein Feiertag.
Die Songs des neuen Holy Moly-Albums entstanden unter dem Eindruck einer Reise in die USA, im Rahmen derer die Band auch beim SXSW-Festival gastierte und auf der auch etliche der neuen Songs entstanden. Das erklärt dann auch den Tenor vieler neuer Songs, die eher vom klassischen Gitarrenpop der 70s, Glam- und US-Roots-Rock geprägt sind, als vom Folk-Faktor vergangener Tage. Auch inhaltlich ließen sich die Musiker dabei von den Eindrücken ihres US-Aufenthalts inspirieren. Der von Drummer Tommy Evans geschriebene Titel "Wide Skys" aber auch "Like A River" oder "Skyline Dive" etwa könnten auch von US-Rockern so oder ähnlich angelegt worden sein und enthalten dementsprechend viel Landschaft und weite Himmel. "Angeline" ist auf gewisse Weise purer US-College-Rock und der Titeltrack "Solid Gold" ist eine Art Westcoast-Ballade. Logischerweise machten Holy Moly die aktuelle Songsammlung dann auch zum Ankerpunkt ihrer aktuellen Show - angereichert durch ein paar ältere Rausschmeißer wie "Cry Wolf", "Sister", "Take A Bite" oder "Through With Talking". Letzteren Track nutzte Ruth Lyon ein ums andere Mal dazu, ihrer Begeisterung darüber zum Ausdruck zu bringen, endlich wieder "on the road" sein zu können - wovon auch einige der neuen Songs handeln. Dabei nutzte sie die Pausen zwischen den Songs, um alle Mitglieder der Band mit kleinen Features vorzustellen: Akkordeonistin Rosie Bristow etwa, die den Song "The River Neva" geschrieben habe, der in Russland entstanden sei, die aber kein Russisch könne - dafür aber Deutsch (was diese per App auch eifrig demonstrierte), oder Drummer Tommy, der "Wide Skys" in Texas im betrunkenen Kopf geschrieben habe und danach ausgerufen habe "I am a genius" oder Gitarrist Nicky Evans, mit dem man sich während des Tracks "Take A Bite" doch bitte mit seiner besten Air-Guitar duellieren möchte.

Performerisch überzeugten Holy Moly & The Crackers durch die offensichtlich angestaute unbändige Spielfreude, die die Band mit großer Begeisterung auslebte - und das auf einem technisch wirklich brillanten Niveau und mit ausgezeichnetem, tighten Timing. Der Folk-Faktor insbesondere der frühen Holy Moly Tage ist heutzutage nur noch ein Element von vielen - kommt durch Rosies Akkordeon-Spiel und gelegentlich dann, wenn Ruth zur Fiedel greift, zum tragen. Ansonsten sind Holy Moly & The Crackers heute eine gut geölte, variantenreiche Rock-Maschine mit einem gewissen Old-School-Charme. Nicht mehr - aber auch nicht weniger. Als die Show mit einer treibenden Version von "Cold Comfort Lane" offiziell zu Ende ging, blieb jedenfalls kaum ein musikalischer Wunsch offen. Obwohl: Mit der letzten Zugabe "Upside Down" setzten Ruth & Co. dann sogar noch mal eins drauf. "Läuft!", würde Jay McAllister sagen.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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