Wie Sophie Löw und Johannes Blindhofer ebenfalls im Vorfeld schon erklärten, brauchen sich Culk über das Thema "Atmosphäre" so ziemlich keine Gedanken zu machen - da dieser Aspekt durch das gemeinsame Musizieren sich sozusagen von selbst ergäbe. Insofern ging es bei der aktuellen Culk-Show dann auch nicht vordringlich um die Atmosphäre, sondern den Spaß am gemeinsamen Tun. Tatsächlich bedeutete das dann nicht bloß, dass die Band insbesondere im Mittelteil der Show tatsächlich enorm Druck machte und ordentlich abhottete und auch lautstärkemäßig aufdrehte, sondern auch, dass die Musiker sich regelrecht gelöst präsentierten.
Zunächst mal erklärte Sophie das Thema des Abends: Das neue Album "Generation Maximum" als Spiegelbild unserer verstörenden Zeiten mit einem Rückblick auf die enttäuschten Erwartungen der Nuller-Jahre und Sophie als Kommentatorin im Angesicht der eigenen Ängste und Befürchtungen mittendrin. Logisch, dass die Tracks des neuen Albums dann auch das Grundgerüst der Setlist bildeten. Das ging dann gleich mit dem Titeltrack "Generation Maximum" los - wenngleich zunächst noch etwas verhalten, denn musikalisch ist das kein klassischer Rocksong. Ebensowenig eigentlich die folgenden Tracks "Bronzeguss", Sophies Web-Lamento "www" oder ihr Rückblick auf die Verheißungen des Jahres "2000" und die enttäuschten Erwartungen. Was hier aber schon auffiel, war die Tatsache, wie gut die Musiker aufgelegt und aufeinander eingestellt waren. Sophie Löw erwies sich etwa als Plaudertasche, die die Songinhalte jeweils anschaulich präsentierte und dabei das Publikum mit Bemerkungen wie "Ihr kennt das doch sicher auch" einbezog, sich dann darüber amüsierte, dass sie auf der Bühne irgendwie nichts finden könne (was kein Wunder war, denn die Beleuchtung war mal wieder suboptimal) und tatsächlich gleich mehrfach beim Lächeln beobachtet werden konnte. Dazu konnte sich Gitarrist Johannes zwar nicht hinreißen lassen - dafür steigerte er sich körperlich enorm in sein Tun hinein und war des Öfteren zu beobachten, wie er die Lyrics - zwar ohne Mikro - mitsang. Und wenn Musiker ohne Mikro die Songs mitsingen, ist das immer ein gutes Zeichen dafür, wieviel Seelenheil diese Musiker in ihr Tun zu investieren bereit sind.
Aber kommen wir noch mal zu den Rocksongs und dem Spaß am Tun. Während die Songs bis dahin eher mit der erweiterten Dynamik eines Live-Settings geflirtet hatten, kam nach dem noch sehr balladesken, aber leicht hymnisch angerichteten Song mit dem beziehungsreichen Titel "Ode an die Freude" dann die Wende. "Ich werde immer wieder gefragt, ob der Titel ironisch gemeint ist", kündigte Sophie diesen Song an, "doch das ist nicht so. Ich finde, wir brauchen ein wenig Hoffnung und Freude in Zeiten wie diesen." Wie gesagt ging es danach erst so richtig los mit den älteren Tracks "Begierde/Scham", "Faust" und "Faust II" sowie "Ruinen", die allesamt gegenüber der Studio-Versionen (und früherer Live-Versionen) an Drive und Umfang zugenommen hatten. Dabei kam es dann auch zu klassischen Rock-Situationen, als sich Sophie etwa mit dem Mikro an den Bühnenrand stellte (was übrigens wirklich nur mit Nachtsichtgeräten beobachtet werden konnte) oder aber die Gitarre umschnallte und sich mit Johannes in klassischer Rockstar-Manier "duellierte" (nun ja - wenigstens ein bisschen). Insbesondere rhythmisch wurde auch alles etwas größer, lauter, schneller und dynamisch angegangen als bei den oft schleppend ausgelegten Studio-Produktionen.
Erst als es dann mit ergänzenden Stücken von "Generation Maximum" weiterging - darunter "Flutlicht", der thematisch etwas aus dem Rahmen fallenden Reflexion "Dein Gehen", der LP-Opener "Willkommen in der Hedonie" und das vertonte Gedicht "Ihre Welt" - fiel dann auf, dass die Stücke an sich durchaus unterschiedlich und vielschichtig strukturiert sind, aber insgesamt eigentlich weniger als Rock-Nummern zu gebrauchen sind, als das ältere Material. Dafür wurde es dann mit der Zugabe "Nacht" vom letzten Album noch mal laut und lebhaft.
Fazit: Die neue Zugänglichkeit, Nahbarkeit, Kommunikationsbereitschaft und der schon des Öfteren erwähnte Spaß an der Freude stehen Culk als Live-Band durchaus gut zu Gesicht, denn dadurch wird das Ganze dann doch deutlich unterhaltsamer. Eigentlich nicht schlecht für eine Band, die weder einen YouTube-Channel noch eine "normale" Website hat. Denn so machen Dystopia, Doom und Destruktivität tatsächlich dann auch dem unbedarften Zuhörer Spaß.