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"My star's just on the rise, babe"

Torres
Tylee

Köln, Bumann & Sohn
11.02.2024

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Torres
Schön, dass es Künstlerinnen wie Torres noch gibt. Während die meisten anderen Acts nach einem halben Dutzend Alben ihre Nische gefunden haben oder gleich in mainstreamiger Beliebigkeit versunken sind, folgt die Amerikanerin auch auf ihrer famosen aktuellen LP "What An Enormous Room" unbeirrt und unerschrocken ausschließlich ihrer eigenen Muse. Dabei ist sie nicht an einem stringenten Anschlusswerk für ihr 2021er-Album "Thirstier" interessiert gewesen, sondern nutzt lieber ihr vor sieben Jahren unverständlicherweise geflopptes Album "Three Futures" als Sprungbrett, um ihren mit viel Fantasie und Seele ausstaffierten Indierock visionär in neue Richtungen zu bugsieren. Dass sie damit einen Nerv trifft, zeigt sich auch bei ihren Deutschland-Konzerten Anfang Februar, denn nicht nur der Auftritt im Kölner Bumann & Sohn ist schon im Vorfeld restlos ausverkauft.
Zunächst steht allerdings für knapp 25 Minuten der local support auf der Bühne. Tylee hat als Teenager mit dem Schreiben von Poesie angefangen und ist später dazu übergegangen, ihre Erfahrungen und Gefühle im Songformat festzuhalten. Folglich sind die Lieder, die sie an diesem Abend mit Stimme und Ukulele und unterstützt von zwei weiteren Mitstreitern an Akustikgitarre und Bass auf die Bühne bringt, ganz auf die Texte konzentriert, die um all das kreisen, was jungen Menschen in einer sich immer schneller drehenden Welt durch den Kopf geht. Musikalisch entpuppt sich das Ganze als leichter Folk-Pop (mit Betonung auf Pop), der niemandem wehtut, aber trotz des ein oder anderen zeitgemäßen wortlosen Pre-Chorus nicht so richtig hängenbleiben will. Dagegen ist die Headlinerin ein ganz anderes Kaliber.

An ihren letzten Auftritt im Bumann & Sohn vor rund 18 Monaten kann sich Mackenzie Scott noch erinnern: "Es war der heißeste Tag des Jahres, ich bin fast geschmolzen, aber ich hatte die Zeit meines Lebens", erzählt sie und strahlt dabei - zum ersten, aber definitiv nicht zum letzten Mal an diesem Abend - von einem Ohr zum anderen. Anders als damals, als sie ihre Emotionen vor allem in grungige Rock-Wucht kanalisiert hatte, stehen dieses Mal Songs im Zentrum, die oft langsamer im Tempo und spürbar elektronischer und effektbeladener in ihrer Ausgestaltung sind, wenn Gitarre und Synths bisweilen geradezu lautmalerisch eingesetzt werden, gleichzeitig aber mehr denn je etwas in den Mittelpunkt gerückt wird, was man als den besonderen Torres-Faktor bezeichnen könnte. Scotts Liebe zu Kate Bush, von der sie schon bei der ersten Begegnung mit Gaesteliste.de vor fast zehn Jahren sprach, scheint zwar hier und da noch durch, doch nach mehr als einem Jahrzehnt und einem wilden Ritt durch alle erdenklichen Soundscapes hat die 33-jährige New Yorkerin mit der überragend dunkel schimmernden Stimme inzwischen einen Sound gefunden, der nicht nur die Ungezügeltheit ihrer Lieder perfekt einfängt, sondern auch ganz allein ihr gehört und wie selbstverständlich den Sweetspot zwischen Zeitlosigkeit und Zeitgeist trifft.

In Köln wirft sich Scott oft mit ihrem ganzen Körper, expressiver Mimik und viel Theatralik in die Performance und geht gleich mehrfach am Bühnenrand auf Tuchfühlung mit der begeisterten Menge, während ihre ausgezeichnete Band mit Erin Manning an Synthesizern und Keyboards, J. R. Bohannan an Pedal-Steel und Stromgitarre und Rosie Slater am Schlagzeug dafür sorgt, dass die Songs selbst dann, wenn Scott ihr Faible für atonal anmutende Gitarrenparts auslebt, nie zu avantgardistisch geraten und stets memorabel bleiben, wie gleich die ersten drei Songs "Happy Man's Shoes", "Skim" und "Forever Home" unterstreichen. Dass sie danach "Sprinter", ihren vielleicht ersten Song für die Ewigkeit aus dem gleichnamigen 2015er-Album, schon nach einer Viertelstunde aus dem Weg räumt, unterstreicht das Selbstbewusstsein, mit dem Scott inzwischen zu Werke geht. Dass es gleich im ersten Song heißt: "My star's just on the rise, babe", mag man da kaum für Zufall halten.

Obwohl die klanglich eng verbundenen Nummern von "What An Enormous Room" und "Three Futures" mit elf von 15 Songs den Großteil des Sets ausmachen und dabei Lieder wie die herrlich windschiefe Lo-Fi-Ballade "I Got The Fear" oder Abstecher zum 90er-Jahre-Indierock ("Collect") dafür sorgen, dass es nie langweilig wird, sind es doch gerade auch die wenigen Rückgriffe auf ihre anderen Platten, mit denen Scott die Vielseitigkeit ihres Schaffens unterstreicht, etwa, wenn sie mit "Don't Go Puttin' Wishes In My Head" auf hymnischem Rock-Terrain landet oder ganz am Ende mit "Gracious Day" bei der Solo-Zugabe für einen sanft atmosphärischen Ausklang sorgt.
Surfempfehlung:
torresmusicofficial.com
www.facebook.com/TORRESMUSICOFFICIAL
twitter.com/torreslovesyou
www.instagram.com/torreslovesyou
www.instagram.com/tyleeandthegang
Text: -Carsten Wohlfeld-
Foto: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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