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Konzert-Bericht
 
Generationenübergreifend

Philine Sonny
Lucy Clearwater

Köln, Luxor
04.05.2024

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Philine Sonny
Für ihre ihre aktuelle Headliner-Tour zur Veröffentlichung ihrer zweiten EP "Invader" konnte sich Philine Sonny einen lang gehegten Traum erfüllen und endlich mal mit ihrer Band in jenem Kölner Club - dem Luxor - aufspielen, in dem sie gerne all ihre Lieblingsbands gesehen hätte, als sie 15 war und das noch nicht durfte. Inzwischen wartete dann die nächste Generation "junger Frauen mit psychischen Problemen" (wie Philine selbst das formuliert) ihrerseits darauf, Philine selbst bei ihrem Luxor-Debüt zu sehen. Dass Philine in Köln auf eine eingefleischte Fangemeinde zählen durfte, war schon vorher klar, denn - wie sie sagte - kämen in Köln sowieso immer die meisten und nettesten Leute zu ihren Konzerten. So auch dieses Mal, denn schon lange vor Beginn des frühen Einlasses um 18:30 Uhr, hatte sich eine lange Schlange meist jüngerer Damen gebildet, die geduldig auf ihre Heldin wartete.
Das heißt: Ganz so einfach ist die Sache dann doch nicht. Denn wie Philine sich im Luxor noch mal durch Ausleuchten des Auditoriums bestätigen ließ, besteht ihr Publikum inzwischen aus "jungen Mädchen und alten Männern". Dass sie noch nicht wisse, was sie davon halten solle, adressierte Philine dieses Problem, und kündigte dann an, mal eine Untersuchung starten zu wollen, um herauszufinden, woran das liege. Dabei ist die Antwort auf diese Frage eigentlich recht einfach: Die jungen Mädchen im Publikum sehen Philine Sonny als Leitfigur zum "relaten" an - und haben so etwas, was Philine heute musikalisch macht - coolen englischsprachigen Indie-Rock nämlich - vorher halt noch nicht gesehen (zumindest hierzulande und in dieser Qualität). Die "alten Männer" im Publikum sind hingegen mit dieser Art von Musik ja aufgewachsen und freuen sich, dass sich diese Musik, die sie meist ja nur von amerikanischen Acts in Erinnerung haben, nun in einer neuen Generation präsentiert und damit gewissermaßen die Tradition fortgeschrieben wird.

Bevor es mit der Headliner-Show losging, durfte Philines Freundin, die aus L.A. stammende amerikanische Songwriterin Lucy Clearwater ein Support-Set spielen. Die Sache ist dabei die: Vermutlich aufgrund ihrer Herkunft hat sich Lucy Clearwater dazu entschieden, mit ihren Songs das Laurel-Canyon-Flair aufleben zu lassen, das sich seit den 60er Jahren und bis heute als Inspirationsquelle insbesondere für junge Frauen mit Gitarre einer großen Beliebtheit erfreut. Freilich hat die Sache einen interessanten Twist, denn während der Pandemie machte Lucy ihren Aufenthalt in Deutschland zu einem "Quarantäne-Hobby" und nutze ihre zufällig entwickelte Affinität zur deutschen Sprache dazu, auch einige Songs auf Deutsch zu schreiben, von denen sie dann auch einen - zwar mit charmantem Akzent, aber korrekt ausgesprochenen "ch" und Umlauten - auch vortrug. Lucy Clearwater hat eine schöne Stimme, kann auch gut singen und hat auch eine charmante, natürliche Bühnenpräsenz. Freilich macht sie das auf der kompositorischen Seite noch nicht zu einer zweiten Joni Mitchell (die ja sozusagen die Laurel Canyon-Legende dereinst begründete). Das bedeutete dann unter dem Strich, dass ihre Songs ein wenig Überraschungen, klar erkennbare strukturelle Ideen und ausformulierte, tragende Melodien vermissen lassen und somit alle irgendwie ähnlich klingen. Dass sie dabei zudem mit einer Billig-Gitarre mit offensichtlich überfordertem Pick-Up einen spröden, regelrecht unangenehmen Gitarren-Sound erzeugte, half dann auch nicht wirklich weiter. Nun ja: Zumindest den jungen Mädchen im Publikum war das relativ egal und die feierten Lucys Auftritt dann auch entsprechend. Und darauf kam es dann auch an, denn die "alten Männer" im Publikum wurden ja nicht nach ihrer Meinung gefragt.
Bereits als Philine an ihrer zweiten EP "Invader" arbeitete, stellte sich eine Problematik dar, die so leicht gar nicht in den Griff zu bekommen ist: Philine verfügt nämlich über einen gewaltigen Fundus an unveröffentlichten Songs, die sie aufgrund dessen, dass sie ihre Musik selbst produziert - und dabei auch ein eigenes Sound-Design ausarbeitet - gar nicht so einfach (und schnell) fertig stellen und einspielen kann. Zumindest hat sie aber nun begonnen, an neuem Material weiterzuarbeiten, um dann im Herbst endlich mal einen kompletten Longplayer ins Auge zu fassen. Für die Live-Shows bedeutete das schon seit jeher, dass sich zwischen den auf den beiden EPs versammelten Songs dann auch immer wieder Testläufe für neues Material finden, die dann später gegebenenfalls auch mal auf Konserve landen. Das war z.B. bei bei den Tracks "Drugs" und "In Denial" von der "Invader"-EP früher schon der Fall und auch bei dieser Show fanden sich mehrere Songs im Programm, deren finaler Konkretisierung die Fans noch harren dürften. Einer davon - den Philine in einem Solo-Teil in der Mitte der Show spielte - hat sie wohl mit Shelter Boy und Brockhoff zusammen geschrieben. Namen für diese neuen Stücke wurden nicht angesagt.

Insgesamt haben sich Philine und ihre Jungs für die Live-Shows einen coolen, lockeren Stil angeeignet, der druckvoller und spontaner wirkt, als das, was Philine im Studio veranstaltet - sich aber dennoch stark von konventionellen Rock-Sounds absetzt - vielleicht auch durch die Betonung der rhythmischen Aspekte der Arrangements. Gitarrenhelden-Szenarien sucht man im Angebot der Philine-Sonny-Band jedenfalls vergeblich (also falls mal überhaupt danach suchen möchte.) Neben den Songs der EPs und den noch nicht veröffentlichten Songs gab es dann noch das Tokyo Hotel-Cover "Durch den Monsun", das dann bitte alle mitsingen mussten, weil den Song ja nun wirklich jeder kenne. Mitgesungen wurde dann auch noch bei anderen Tracks (wie "In Denial" und "Lovely" am Ende der Show) und von den Fans auf Papierherzen gekritzelte Botschaften an Philine gab es dann auch noch.

Nachdem die Band die ersten Tracks noch kommentarlos gespielt hatte, geriet Philine Sonny dann aber doch noch ins fabulieren. Dabei erzählte sie - insbesondere auch während ihres Solo-Parts - von ihrem komplizierten Beziehungsleben und berichtete von einem vermasselten Paar-Urlaub und insbesondere von ihrem ersten echten Date und dessen Folgen; wobei sie sich bemüht zeigte, nicht zu "oversharen" - was sie dann allerdings nicht so recht unter Kontrolle hatte. Den unangestrengten Plauderton, mit dem sich Philine in gewohnt souveräner Art dem Publikum zuwendet, hat sie inzwischen dermaßen verinnerlicht, dass sie es sich leisten kann, jeden Abend dieselben Geschichten mit denselben Worten zu erzählen (was in Zeiten von TikTok ja nicht verheimlicht werden kann) und dabei dennoch als die legere Identifikationsfigur glaubwürdig bleibt und im Publikum als "eine von uns" durchgeht. Das soll gar keine Kritik sein, denn authentisch ist das dann ja immer noch.

Fazit: Mit der Entscheidung, ihr Handwerk durch "learning by doing" anzugehen und dabei alle Aspekte ihres Tuns in kreativer Hinsicht selbst unter Kontrolle zu behalten, ist es Philine Sonny gelungen, zum einen ihre Eigenständigkeit bewahren - und sich zugleich kontinuierlich weiter entwickeln zu können. Und das hat unter anderem damit zu tun, dass sie Studio-Produktionen und Live-Shows wie die im Luxor zwar einerseits auseinander zu halten weiß, aber andererseits das Eine durch das Andere zu befruchten versteht. Und das, bevor überhaupt ihre Laufbahn als Recording-Artist so richtig Fahrt aufgenommen hat. Way to go!

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Surfempfehlung:
www.instagram.com/philinesonny
www.youtube.com/@philinesonny/videos
www.instagram.com/lucyclearwater
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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