Für gute Stimmung sorgten dann auch Skating Polly. Hier haben wir wieder mal den Fall von im richtigen Leben eigentlich sehr sympathischen, zurückhaltenden, freundlichen jungen Menschen, die auf der Bühne aber zu wilden Tieren und Rockmonstern werden. Die Sache ist dabei die: Peyton ist 1995 geboren worden und Kelly 2000. Das erste gemeinsame Konzert spielten die Mädels aber bereits 2009 und das erste Skating Polly Album "Taking Over The World" kam 2010 (damals noch ohne Bruder Kurtis) auf den Markt. Das bedeutet faktisch, dass die Band heute - Mitte/Ende ihrer 20er (Kurtis ist auch nicht älter) - bereits ein halbes Rock’n'Roll-Leben hinter sich haben. Das erklärt dann auch, dass die Band immer noch mit der ungebremsten Begeisterung einer frisch aus dem Ei geschlüpften Newcomerband aufspielt, gleichwohl sie ja eigentlich versierte Veteranen sind. Worum geht es dabei? Die aktuelle Scheibe ist ein gutes Beispiel für den Ansatz des Trios: Nach dem Motto "Geht nicht, gibt’s nicht" werden da alle möglichen stilistischen Verrenkungen in einem erdig/satten Rock-Setting miteinander in Einklang gebracht, so dass am Ende ein unberechenbares musikalisches Abenteuer dabei herauskommt. Skating Polly nennen diesen Ansatz übrigens "Ugly Pop" - jedenfalls steht das sowohl auf der Gitarre wie dem "Basitar" genannten Instrument mit lediglich drei Saiten, das angeblich von den Presidents Of The United States (der Band - nicht den Politikern) erfunden und von Skating Polly adaptiert wurde.
Da das Angebot auf der Rock-Seite zwischen Riot Grrrl-, Glam-, Grunge-, Indie-Rock, Schrammelpop, Punk & Postpunk so breit aufgefächert ist - und dann auch noch mit klassischem Gitarren- und Folkpop, Psychedelia und neuerdings auch Kook-Pop-Elementen aufgewertet wird, ist eine Skating Polly-Show eine ziemlich unberechenbare Angelegenheit - auch deswegen, weil die Musiker untereinander ständig die Instrumente wechseln. Erstmals hatten Skating Polly auf dieser Tour ein Piano mitgenommen - und konnten so beispielsweise dann auch Stücke wie die doch sehr überraschend eingängige Piano-Ballade "Someone Like A Friend" authentisch auf der Bühne reproduzieren - wobei Kelly den Gesangspart übernahm und Peyton Bass spielte. Stücke wie diese oder auch die von Peyton als Zugabe solo vorgetragene Ballade "Charlie's Brother" wirkten dabei wie Inseln im Rock-Orkan, der ansonsten dann von der Bühne tobte. (Damit wären wir auch wieder beim Insel-Thema.) Gegen Ende der Show kletterte dann Drummer Kurtis hinter seinem Kit hervor und betätigte sich bei dem Track "They're Cheap I'm Free" als avantgardistischer Noisemaster an der Gitarre - eine weitere Facette im stilistischen Angebot.
Bevor es an das Material der "Chaos Country Line" ging, stimmten Skating Polly das Publikum mit dem Track "Hail Mary" ein, den sie ursprünglich zusammen mit Louise Post & Nina Gordon von Veruca Salt eingespielt hatten, die ja die Musik-Stile, in denen sich Skating Polly heutzutage austoben, in den 90ern wesentlich geprägt hatten. Skating Polly wissen schon, wem sie ihr musikalisches Erbe zu verdanken haben. Bereits auf ihrem Vorgänger-Album "The Make It All Show" spielten sie den Track "Queen For A Day" mit Exene Cervenka als Gast ein. Den Tracks gab's dann zwar nicht in Köln - dafür aber das dann doch ziemlich überdrehte "Camelot" vom gleichen Werk. Besondere Highlights im klassischen Sinne gab es dabei eigentlich nicht, da Skating Polly eigentlich jeden Track mit einer Intensität spielten, als sei es ihr letzter.
Für Liebhaber dieser Art von ungezügelter Indie-Rock-Mucke wurde diese Show dabei zu einem Trip durch die ganze Bandbreite der Szene. Logischerweise geben sich Skating Polly aber nicht damit ab, irgendwelche Vorbilder zu emulieren oder - Gott behüte - gar an die Jetztzeit anzuschließen. Stattdessen leben Peyton, Kelly und Kurtis den klassischen Rock'n'Roll hemmungslos auf der Bühne aus. Muss die Musik dabei größer sein, als das Alltagsleben? Definitiv. Muss man dafür ein bisschen verrückt sein? Vermutlich. Muss man sich dabei anbiedern, abgrenzen oder an Regeln halten? Nö. Skating Polly gehen da ganz konsequent ihren eigenen Weg, haben offensichtlich keine Mühe, das Publikum mitzunehmen - auch auf die Insel. Die Bad Bitch-Attitüde, die da von der Bühne strömt, gehört dann halt einfach zum Act - das wissen die Fans sehr genau (wäre ja auch ansonsten langweilig). That's Entertainment.