Gaesteliste.de Internet-Musikmagazin
Banner, 468 x 60, ohne Claim



SUCHE:

 
 
Gaesteliste.de Facebook Gaesteliste.de Instagram RSS-Feeds
Konzert-Archiv

Stichwort:



 
Konzert-Bericht
 
Ugly Pop für die Insel

Skating Polly
Frieda Böbbis

Köln, Blue Shell
10.10.2024

zur Foto-Galerie
Skating Polly
Um gleich mal mit der Tür ins Haus zu fallen: Könnte man Konzerte mit auf die sprichwörtliche einsame Insel nehmen (wie das mit Tonträgern ginge), dann gehörte diese Show von Skating Polly im Kölner Blue Shell auf jeden Fall dazu. Das einfach deswegen, weil das aus Peyton Bighorse, Kelly & Kurtis Mayo bestehende Familientrio aus Oklahoma City in etwas mehr als einer Stunde so ziemlich alle Facetten zeitlosen, authentischen Indie-Rocks (und noch so einiges mehr) abdeckte, die sich überhaupt denken ließen. Und das freiwillig - denn eigentlich hatten Skating Polly die Veröffentlichung ihres aktuellen, 2023 erschienen Doppel-Albums "Chaos County Line" bereits mit einer Tour durch unsere Lande abgefeiert - schauten dann aber auf eigenen Wunsch im Rahmen ihrer aktuellen UK- und Europa-Tour auch noch mal bei uns vorbei. Es war wohl noch nicht alles gesagt.
Als Support konnte dann kurzfristig die Kölner Lokalmatadorin Frieda Böbbis mit ihrem Partner Aaron verpflichtet werden. So kurzfristig sogar, dass Frieda gleich von der Uni zum Soundcheck im Blue Shell kam - und sich somit gar nicht auf die Show vorbereiten konnte. Schon seit einiger Zeit tingeln Frieda und Aaron über die Bühnen der Domstadt und gefallen dabei mit einem Mix aus bemerkenswert effektiv komponierten eigenen Indie-Pop-Tracks und ausgesuchten Coverversionen. Veröffentlicht hat das Paar zwar immer noch nichts - das soll sich aber in Kürze dann ändern, wobei gegebenenfalls noch ein Bandprojekt daraus werden könnte. Bei der Show im Blue Shell überzeugte Frieda erneut mit ihrer eher schüchternen Bühnenpräsenz im Sinne des Songs anstatt sich als Entertainerin zu probieren. Dass dabei nicht jeder Ton dort saß, wo er angepeilt worden war und ausgerechnet die Coverversion von Crowded Houses "At Your Feet" (einem der Lieblingsstücke von Frieda) abstimmungstechnisch gegen die Wand gefahren wurde, störte eigentlich gar nicht, da das Gesamtkonzept einfach stimmig war. Außerdem hatte das Paar genügend eigene Fans mitgebracht, die für gute Stimmung sorgten.
Für gute Stimmung sorgten dann auch Skating Polly. Hier haben wir wieder mal den Fall von im richtigen Leben eigentlich sehr sympathischen, zurückhaltenden, freundlichen jungen Menschen, die auf der Bühne aber zu wilden Tieren und Rockmonstern werden. Die Sache ist dabei die: Peyton ist 1995 geboren worden und Kelly 2000. Das erste gemeinsame Konzert spielten die Mädels aber bereits 2009 und das erste Skating Polly Album "Taking Over The World" kam 2010 (damals noch ohne Bruder Kurtis) auf den Markt. Das bedeutet faktisch, dass die Band heute - Mitte/Ende ihrer 20er (Kurtis ist auch nicht älter) - bereits ein halbes Rock’n'Roll-Leben hinter sich haben. Das erklärt dann auch, dass die Band immer noch mit der ungebremsten Begeisterung einer frisch aus dem Ei geschlüpften Newcomerband aufspielt, gleichwohl sie ja eigentlich versierte Veteranen sind. Worum geht es dabei? Die aktuelle Scheibe ist ein gutes Beispiel für den Ansatz des Trios: Nach dem Motto "Geht nicht, gibt’s nicht" werden da alle möglichen stilistischen Verrenkungen in einem erdig/satten Rock-Setting miteinander in Einklang gebracht, so dass am Ende ein unberechenbares musikalisches Abenteuer dabei herauskommt. Skating Polly nennen diesen Ansatz übrigens "Ugly Pop" - jedenfalls steht das sowohl auf der Gitarre wie dem "Basitar" genannten Instrument mit lediglich drei Saiten, das angeblich von den Presidents Of The United States (der Band - nicht den Politikern) erfunden und von Skating Polly adaptiert wurde.

Da das Angebot auf der Rock-Seite zwischen Riot Grrrl-, Glam-, Grunge-, Indie-Rock, Schrammelpop, Punk & Postpunk so breit aufgefächert ist - und dann auch noch mit klassischem Gitarren- und Folkpop, Psychedelia und neuerdings auch Kook-Pop-Elementen aufgewertet wird, ist eine Skating Polly-Show eine ziemlich unberechenbare Angelegenheit - auch deswegen, weil die Musiker untereinander ständig die Instrumente wechseln. Erstmals hatten Skating Polly auf dieser Tour ein Piano mitgenommen - und konnten so beispielsweise dann auch Stücke wie die doch sehr überraschend eingängige Piano-Ballade "Someone Like A Friend" authentisch auf der Bühne reproduzieren - wobei Kelly den Gesangspart übernahm und Peyton Bass spielte. Stücke wie diese oder auch die von Peyton als Zugabe solo vorgetragene Ballade "Charlie's Brother" wirkten dabei wie Inseln im Rock-Orkan, der ansonsten dann von der Bühne tobte. (Damit wären wir auch wieder beim Insel-Thema.) Gegen Ende der Show kletterte dann Drummer Kurtis hinter seinem Kit hervor und betätigte sich bei dem Track "They're Cheap I'm Free" als avantgardistischer Noisemaster an der Gitarre - eine weitere Facette im stilistischen Angebot.

Bevor es an das Material der "Chaos Country Line" ging, stimmten Skating Polly das Publikum mit dem Track "Hail Mary" ein, den sie ursprünglich zusammen mit Louise Post & Nina Gordon von Veruca Salt eingespielt hatten, die ja die Musik-Stile, in denen sich Skating Polly heutzutage austoben, in den 90ern wesentlich geprägt hatten. Skating Polly wissen schon, wem sie ihr musikalisches Erbe zu verdanken haben. Bereits auf ihrem Vorgänger-Album "The Make It All Show" spielten sie den Track "Queen For A Day" mit Exene Cervenka als Gast ein. Den Tracks gab's dann zwar nicht in Köln - dafür aber das dann doch ziemlich überdrehte "Camelot" vom gleichen Werk. Besondere Highlights im klassischen Sinne gab es dabei eigentlich nicht, da Skating Polly eigentlich jeden Track mit einer Intensität spielten, als sei es ihr letzter.

Für Liebhaber dieser Art von ungezügelter Indie-Rock-Mucke wurde diese Show dabei zu einem Trip durch die ganze Bandbreite der Szene. Logischerweise geben sich Skating Polly aber nicht damit ab, irgendwelche Vorbilder zu emulieren oder - Gott behüte - gar an die Jetztzeit anzuschließen. Stattdessen leben Peyton, Kelly und Kurtis den klassischen Rock'n'Roll hemmungslos auf der Bühne aus. Muss die Musik dabei größer sein, als das Alltagsleben? Definitiv. Muss man dafür ein bisschen verrückt sein? Vermutlich. Muss man sich dabei anbiedern, abgrenzen oder an Regeln halten? Nö. Skating Polly gehen da ganz konsequent ihren eigenen Weg, haben offensichtlich keine Mühe, das Publikum mitzunehmen - auch auf die Insel. Die Bad Bitch-Attitüde, die da von der Bühne strömt, gehört dann halt einfach zum Act - das wissen die Fans sehr genau (wäre ja auch ansonsten langweilig). That's Entertainment.

zur Foto-Galerie
Surfempfehlung:
skatingpolly.com
skatingpollyofficial.bandcamp.com
www.instagram.com/skatingpolly
www.youtube.com/@SkatingPolly/videos
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
 

Copyright © 1999 - 2025 Gaesteliste.de

 powered by
Expeedo Ecommerce Dienstleister

Expeedo Ecommerce Dienstleister