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Familie, Natur & Mythologie

Katherine Priddy

Köln, Stereo Wonderland
18.10.2024

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Katherine Priddy
"Das ist aber schon sehr rot hier", murmelte die englische Songwriterin Katherine Priddy als sie feststellte, dass es im Kölner Stereo Wonderland nur ein paar dunkelrote Leuchten gibt, um die winzige Bühne zumindest ein wenig dem Halbdunkel zu entreißen. Dass die Neo-Folkerin aus Birmingham auf ihrer ersten Headliner Tour in unseren Breiten ausgerechnet in jenem Kölner Kneipenclub gebucht worden waren, in dem systembedingt immer alle rot sehen, hatte allerdings einen einfachen Grund: Alle anderen Clubs in der näheren Umgebung waren nämlich an diesem Tag bereits anderweitig belegt.
In ihrer britischen Heimat zählt Katherine Priddy zu den heißen Eisen in Sachen zeitgemäßer Folkpop-Mucke auf traditioneller Basis - spätestens seit Richard Thompson ihre Debüt-EP "Wolf" von 2018 mit seinem Lob adelte. 2021 veröffentlichte Katherine ihre Debüt-LP "The Eternal Rocks Beneath" und im Februar dieses Jahres folgte ihr ambitioniertes Zweitlingswerk "The Pendulum Swing", auf dem sie ihre Songwriter-Kunst auf ein neues Level hievte. Als Unterstützung hatte sich Katherine ihren Kollegen George Boomsma mitgebracht, der ihren Vortrag auf der elektrischen Gitarre begleitete und gelegentlich auch als Duettpartner und Harmonie-Sänger auftrat.

Aber worum geht es eigentlich? Nun: Katherine Priddy gehört nicht zur Liga der jungen Wilden, sondern schlägt sich mit ihrem zeitlos/organischen Ansatz auf die Seite der Traditionalisten. Das ist schon daran zu erkennen, dass sie statt etwa zeitgenössische KollegInnen zu referenzieren, lieber Bert Jansch oder Leonard Cohen covert, mit gleichgesinnten Neo-Folkies wie David Delarre, John Smith (und George Boomsma) kollaborierte, bei Jools Holland aufspielt, Oldschool Folk-Acts wie The Chieftains, Loudon Wainwright III oder Vashti Bunyan supportet oder sich mit Peggy Seeger (der Halbschwester von Pete Seeger) austauscht. So etwas kann natürlich nicht ohne Folgen bleiben. Katherine Priddy überzeugt als Songwriterin, indem sie im klassischen Folkformat einen Weg gefunden hat, durch unscheinbare, kleine Details - wie etwa dem subtilen Einsatz von Akkordwechseln mit Halbtönen oder dem Hinzufügen kleiner Codas, mittels derer sie die Kernaussage ihrer Songs noch mal zusammenfasst - eine durchaus spürbare Identität mit echter Wiedererkennungs-Qualität entwickelte. Tatsächlich bieten ihre Songs in Kombination mit den humorvollen poetischen Lyrics auf diese Weise einen mythischen Mehrwert, den das banale Alltagsleben eben nicht bietet.

Das alles ist auch bei der Live-Präsentation spürbar. Ergänzt um kleine Anekdoten, mit denen sie die Hintergründe ihrer Songs erläutert, legt Katherine auch bei der Performance größten Wert auf Details und Zwischentöne, die stets im Sinne des Songs ausgelegt werden. Während sie bei ihren Studio-Produktionen allerdings keine Berührungsängste mit modernen Produktionsmethoden und transparenten orchestralen Elementen hat, bleibt es auf der Bühne dann spartanisch - was den Blick (bzw. das Gehör) automatisch auf Katherines Lyrics lenkt. Und da gibt es so einige interessante Ansätze: Grundsätzlich schreibt Katherine dabei in Songs wie "Boat On A River" oder "First House On The Lake" über sich und/oder ihre Familie bzw. die sich daraus ergebenden Beziehungsgeflechte wie in "Come And Go" oder "Father Of Two". Des Weiteren tendiert sie aber auch zu blumigen Metaphern und Motiven aus der Mythologie. So referenziert sie auf ihrer ersten LP "The Eternal Rocks Beneath" sowohl "Icarus" wie auch "Eurydice" (aus Orpheus und Eurydike). Außerdem interessiert sich Katherine für die Natur, insbesondere auch Flüsse und Seen und die Jahreszeiten.
Bei der Show in Köln präsentierten Katherine und George alle oben genannten Songs und die meisten anderen Tracks des "Pendulum"-Albums sowie natürlich auch ihren Signature-Song "Wolf" (der ja Richard Thompson so gut gefällt). Aufgrund dessen, dass in dieser Situation auf die üppigen Arrangements der LP-Produktionen (auch über Einspielungen) verzichtet wurde, blieben natürlich nur noch die erzählten Geschichten, das bemerkenswert zurückhaltenden (freilich dennoch virtuose) Gitarrenspiel und natürlich der perfekt aufeinander abgestimmte Gesang übrig. Mehr brauchte es aber auch nicht, um die Fans zu begeistern. Diese waren teilweise von weit entfernt angereist und hingen Katherine dementsprechend aufmerksam an den Lippen. Auch als diese erstaunlich beredt ihre Philosophie erklärte, Details zu den Familien-Songs ins rechte Licht rückte, darauf hinwies, dass sie kaum geradlinige Liebeslieder im Angebot habe (aber verschwieg, dass ihre anderen Songs auch nicht geradlinig sind), die Hintergründe zu den "Mythologie-Songs" erläuterte, Werbung für ihr Merch machte und darauf hinwies, dass sie keine richtigen Zugaben spielen könne, weil es im Stereo Wonderland keinen Backstage-Raum gibt, in den man sich hätte zurückziehen können.

Obwohl sich Katherine sicherlich nicht dagegen wehren wird, wenn man sie als Folk-Künstlerin bezeichnet und sie auch ganz auf Pop-Elemente oder Show-Einlagen verzichtete, hatte diese Show dennoch doch so gar nichts vom angestaubten Geist kuratorisch angelegter Puristen-Veranstaltungen - weil Katherine eben eine junge Frau ist, die mit beiden Beinen im hier und jetzt steht, obwohl sie sich für ein konventionelles Musik-Genre entschieden hat. Das war dann halt schlicht mal eine Show zum Zuhören - und nicht zum abhotten. Was aber sowieso nicht möglich gewesen wäre, da Katherine keine echten Up-Tempo-Songs im Angebot hat.

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Surfempfehlung:
www.katherinepriddy.co.uk
katherinepriddy.bandcamp.com
www.instagram.com/katherinepriddy
www.facebook.com/KatherinePriddy
www.youtube.com/@KatherinePriddyOfficial/video
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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