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Konzert-Bericht
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Kleine Bühne, großes Kino
To Athena
Roosmarijn
Köln, Die Wohngemeinschaft 05.12.2024
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So vollgestellt wie an diesem Abend hat man die Bühne des Theaters in der Wohngemeinschaft selten gesehen - und dabei waren To Athena aus Luzern zum Auftakt ihrer ersten Headliner-Tour in Deutschland noch nicht einmal in voller neunköpfiger Besetzung, sondern nur als Quartett angereist, um ihr bereits im Herbst 2023 veröffentlichtes Album "The Movie" nun endlich auch hierzulande vorzustellen. Auf eigenes Bühnenlicht und eine außergewöhnliche Support-Künstlerin wollten Tiffany Limacher & Co. aber verständlicherweise trotzdem nicht verzichten...
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Eingeleitet wurde der Abend von der Niederländerin Roosmarijn Tuenter, die Mitte November 2024 ihr erstes Album "Wide Open Space" veröffentlicht hat, ihr Set aber zunächst mit einem Lied von ihrer Debüt-EP "Inside Out" eröffnete; anschließend folgten dann drei Songs der aktuellen LP. Lauscht man Roosmarijns komplexen Kompositionen in den Studioversionen und blickt man auf die Liste der Mitwirkenden in den Album-Credits, ergibt sich die Frage, wie diese Songs live eine angemessene Umsetzung erhalten sollen, wenn die Künstlerin plötzlich ganz alleine auf der Bühne steht. Die Lösung lag wie so oft im geschickten Einsatz gleich mehrerer Loop-Stations: Mit ihrer Unterstützung sorgte Roosmarijn nur mit Stimme, Viola und Ukulele dafür, dass man die üppigen Arrangements der LP - etwa jene des vertrackten Openers "Outside" - keineswegs zu vermissen brauchte. Vor dem vierten und letzten Song "Dear Deer" wirkte Roosmarijn selbst etwas überrascht ob des schnell herannahenden Endes ihres Sets, ließ es sich aber trotzdem nicht nehmen, noch zu erwähnen, dass dieses Lied von einer Begegnung und einem kurzen Blickkontakt mit einem Reh bei einem morgendlichen Waldspaziergang inspiriert wurde. Danach war Roosmarijns Auftritt leider schon vorbei, doch er dürfte lang genug gewesen sein, um bei den Anwesenden bleibenden Eindruck hinterlassen zu haben.
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Dass nun ein bisschen Equipment von der Bühne verschwinden konnte, sorgte platztechnisch jedoch für keinerlei Entlastung, schließlich rückte der Hauptact des Abends kurze Zeit später mit gleich vier Personen an: Sängerin und Songschreiberin Tiffany Limacher (die mit ihrem Spitznamen "To" und ihrem zweiten Vornamen "Athena" zugleich für den Namen des Projektes verantwortlich zeichnet), David Inauen (Keys), Polina Niederhauser (Cello) und Linus Gmünder (Drums). Als wären die Songs von To Athena musikalisch nicht schon abwechslungsreich und detailverliebt genug, schreibt Tiffany die Texte mal auf Englisch, mal auf Schweizerdeutsch, was die Künstlerin dazu veranlasste, dem Publikum zwischen fast allen Songs ausführliche Track-by-Track-Kommentare an die Hand zu geben, um es mit dieser mitunter sehr leicht und dann doch wieder sehr schwer verständlichen Sprache nicht allein zu lassen. Als zweiten Song nach dem Opener "Wrong" gab es direkt "Es Näscht" zu hören, ein Lied, das dafür wirbt, dass man sich Hilfe holen, den Vögeln im eigenen Kopf ein behagliches Nest bauen sollte, wenn sie nur noch schreien, anstatt lieblich zu singen. In "Weri Be" ("Wer ich bin") stellt Tiffany sich die spannende Frage, ob sie nur Musik macht, um Anerkennung zu bekommen, wie das wohl in ihrer Kindheit der Fall gewesen war, oder weil sie liebt, was sie tut. Glücklicherweise scheint Letzteres der Fall zu sein - was man ihr während des Auftritts auch in nahezu jeder Sekunde anmerken konnte. Auch wenn Tiffany in ihren Ansagen ohnehin Hochdeutsch sprach, wirkte es zunächst sehr ungewohnt, sie in "Garten", einem während der Pandemie in Kollaboration mit Marlena Käthe entstandenen Song, auch mal gänzlich "dialektfrei" singen zu hören.
Beim rührenden "Angscht" nutzte David statt seines Keyboards das "stationäre" Piano des Veranstaltungsortes. Tiffany verzichtete auf ihr Mikro und sang den Song ohne jegliche Verstärkung am Bühnenrand unmittelbar vor der ersten Sitzreihe. Irritierend und zugleich sehr sympathisch war, dass die Band diesen intimsten Moment des Sets direkt im Anschluss ironisch zu brechen wusste, indem sie eine Art "Werbeblock" für das liebevoll designte Bandmerch folgen ließ. Tiffany zog die erhältlichen Artikel aus einem Jutebeutel und regte mit einem Hinweis auf das nahende Weihnachtsfest an, auf die sinnlose Rennerei durch die Geschäfte zu verzichten und sich stattdessen bereits vor Ort mit schönen Geschenken einzudecken; diesem Aufruf folgte das Publikum nach Konzertende bereitwillig. Zuvor waren jedoch erst noch seine Sangeskünste gefordert, denn in "Fäschtmol" ("Festmahl") sollte das von Tiffany in Gruppen eingeteilte Publikum die Zeile "elei för mech" ("allein für mich") in gleich drei verschiedenen Stimmlagen singen - eine Bitte, mit der man in Köln nie Gefahr läuft, ignoriert zu werden. Das reguläre Set endete, wie es begonnen hatte: mit einem Song vom Debütalbum, diesmal dem Titeltrack "Aquatic Ballet". Nachdem die Band hierbei noch einmal alle Register gezogen hatte, spielte sie ihre Quasi-Zugabe "Zwiifel" lediglich mit Gitarrenbegleitung, verbeugte sich noch einige Male freudestrahlend und verließ dann die Bühne.
Während es im Titelsong des aktuellen Albums "The Movie" darum geht, dass man das Leben in Zeiten wie diesen mitunter als schlechten Film empfindet, bei dem man jedoch leider nicht so einfach aus dem Kinosaal hinausrennen kann, hatten die Gäste in der ausverkauften Wohngemeinschaft an diesem Abend alles richtig gemacht - und freuen sich vermutlich schon auf das nächste Jahr, in dem To Athena Deutschland mit Full-Band-Shows einen weiteren Besuch abstatten werden. Hierfür sollte dann jedoch nicht nur auf, sondern auch vor der Bühne deutlich mehr Platz eingeplant werden...
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Text: -Achim Fischelmanns- Foto: -Ullrich Maurer-
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