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Konzert-Bericht
 
Zwölf von Zehn

Mina Richman
Jenny Thiele

Köln, Bumann & Sohn
01.04.2025

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Mina Richman
Ausdrücklich nicht als April-Scherz ausgelegt war der aktuelle Tourauftakt von Mina Richman und ihrer Band im ausverkauften Bumann & Sohn. Gerade erst hatte die emsige Bielefelderin ihre aktuelle EP "Past 25" aufgelegt, da ging es auch schon wieder auf eine Konzertreise. Dass dann Köln als Startpunkt für dieses Projekt ausgesucht worden war, hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Mina hier mit ihre treuesten Fans hat - und diese ließen sie dann auch nicht im Stich und verwandelten den eigentlich eher für Indie-Rock-Acts ausgelegten Underground-Club in eine einzige Richman-Party-Zone, so dass die Show dann einen gewissen Heimspiel-Charakter bekam.
Als Support war die Kölner Musikerin Jenny Thiele kurzfristig für die ursprünglich vorgesehene, aber erkrankte Hamburger Musikerin Lioba eingesprungen. Jenny hat ja nach ihrem Ausstieg aus der Kölner Erfolgscombo Fortuna Ehrenfeld mehr Zeit, sich auf ihr Duo-Projekt Anna Otta - und vor allen Dingen auf ihre Solo-Karriere zu konzentrieren. Demzufolge bestand ihr Set aus einigen Tracks wie z.B. "Juicy Killing Muscle" oder "Loonie" von ihrem letzten Albums "Killing Time" - aber auch aus einigen neuen Songs ihres kommenden Werkes "Platz". Während Jenny die älteren - übrigens harmonisch und melodisch hervorragend herausgearbeiteten Tracks - ganz klassisch auf der Gitarre vortrug, überraschten die neuen Tracks wie das bereits als Single veröffentlichte "Dancer In Blue" oder das poetische "Frieden" mit neuen und elektronischen Arrangements, die dann auch das kommende Werk "Platz" prägen werden, welches zudem auf Deutsch sein wird. Zu diesem Zweck setzte sich Jenny dann eine coole Disco-Brille auf und animierte die Fans mit einer entsprechenden Choreografie. Hierbei erfreute dann die Tatsache, dass - entgegen der üblichen Traditionen der Ehrenfelder Musik-Clubs - die Beleuchtung nicht gedimmt wurde, sodass man sogar sehen konnte, was auf der Bühne abging. Jennys Show war dann ein schöne musikalische Visitenkarte für all jene, die ihre Musik noch nicht kannten - und eine gute Werbung für ihre bereits gebuchte Band-Show am 29.09.2025 an gleicher Stelle.
"Past 25" - die aktuelle EP von Mina Richman - ist das bislang persönlichste musikalische Statement der Bielefelder Songwriterin. Gerade deswegen freute sich Mina ganz besonders über den Zuspruch der Fans, die letztlich dafür gesorgt hatten, dass schon das erste Konzert zur aktuellen Tour ausverkauft war. Die Songs der EP hatte Mina zwar bereits auf ihrer letzten Tour in einem noch rudimentären Akustik-Setting vorgestellt; wie sich aber schon bei den Studioaufnahmen - und erst recht jetzt im Live-Setting - herausstellte, hatten Mina und ihre Musiker aber ganze Arbeit geleistet, das Material dann im inzwischen gewohnten Soul-/Blues-/Indie-Pop Format arrangementstechnisch aufzubohren. So präsentierten sie dann das neue - wie auch das alte - Material mit einer Begeisterung und einer Verve, die einfach keinen Widerspruch duldete. Von der ersten Sekunde bis zum letzten Ton des Abends hatten Mina und ihre Jungs das Publikum jedenfalls in der Hand und überzeugten mit einer enorm druckvollen (aber nicht lauten) und lebendigen Performance. Mina ist es heutzutage wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich bei dem Projekt Mina Richman nicht um eine Solo-Künstlerin mit Begleitmusikern, sondern um eine Band handele - denn abgesehen davon, dass Mina natürlich für die Lyrics verantwortlich zeichnet, entsteht die musikalische Ausarbeitung dann in Zusammenarbeit mit den Musikern. Oft geht das dann aus von Jam-Sessions von Gitarrist Freddy, Bassist Alexander und Drummer Leon. Das macht sich dann bei den Live-Shows dadurch bemerkbar, dass die Musiker und Mina Richman als Performerin, sich intuitiv blind aufeinander verlassen können - wobei allen Beteiligten die Möglichkeit gegeben wird, eigene - auch improvisatorische - Akzente zu setzen. Schon alleine deswegen wird eine Mina Richman-Show musikalisch eigentlich niemals langweilig - denn alle Beteiligten haben ja ein persönliches Anliegen bei der Interpretation des Materials.

Das Programm des Abends bot dann den zu ewarteten Mix aus Songs der neuen EP, jenen der Debüt-LP "Grown Up" und einigen Bonbons wie z.B. dem Song mit Arbeitstitel "Home" (laut Mina das erste richtige Liebes-Lied, das sie geschrieben habe - und vielleicht deswegen bislang noch nicht eingespielt hat), dem Titelsong "Jaywalker" von Minas erster EP und nicht zuletzt der Coverversion "YMCA" der Village People - einer Auftragsarbeit für die Rockpalast-Aufzeichnung, die Mina & Co. einige Wochen zuvor eingespielt hatte.

Los ging es mit dem Song "A.D.H.A." - einem Titel über Minas A.D.H.S.-Diagnose, die sie erst vor kurzem erhalten habe - die aber auf erlösende Weise endlich mal ihr quirliges Wesen erklärt habe. Mina räumte auch ein, in letzter Zeit viel Therapie gemacht zu haben - was dann auch dazu geführt habe, dass sie sich auf konstruktive Weise mit ihrer eigenen Psyche arrangieren konnte, was dann etwa zu Songs wie den Titeltrack der EP geführt habe. Hier resümiert sie darüber, dass sie heutzutage wieder mit Zuversicht auch in die fernere Zukunft schauen könne, was ihr früher nicht so einfach möglich gewesen sei. Dieser Song - wie auch das nachfolgende "Home" - kamen dabei übrigens als Blues-Tracks im Mittelteil der geschickt strukturierten Show daher. Der solo auf der Ukulele vorgetragene Signature Track, "Baba Said", den Mina anlässlich der Ermordung vom Jina Mahsa Amini geschrieben hatte, bildete wieder ein Mal den emotionalen Höhepunkt der Show. Mina erklärte erneut, dass sie dieses Stück spielen würde, bis das iranische Regime zum Fall gebracht würde - wobei sie einräumte, dass sie sich vorgestellt habe, dass das vielleicht schneller gehen könnte. Es sei aber nicht alles schlecht und da sie in Köln sei, freue sie sich darüber, die vor kurzem aus der unrechtmäßigen Haft entlassene iranisch/deutsche Dissidentin Nahid Taghavi und deren Tochter bei der Show im Bumann als Gäste begrüßen zu dürfen.

Auch aus anderen älteren Tracks wie z.B. "Grow Up" kitzelt Mina immer wieder neue Anekdötchen heraus - und erzählte davon, wie sie an der Hand ihrer Tante die in dem Song besungene Orangenbaum-Allee überquert habe und deren Macht bewundert habe, die Autos mit einer einfachen Handbewegung zum Anhalten bewegen zu können (weil es keine Zebrastreifen gegeben habe). Beim eingangs gespielten "Referee" hingegen bedankte sie sich für die Toleranz ihrer Eltern, denen sie in dem Song ja geklagt hatte, dass sie sich öfter als Schiedsrichterin in Familienangelegenheiten betätigen musste. Hatte Mina früher ihre bis dahin stärksten Stücke - wie z.B. den Jahrhundertsong "Nearly To The End" oder den mitreißenden "Song Of Consent" - oft an den Anfang der Show gespielt, so kann sie es sich heute leisten, diese ans Ende derselben zu stellen - und dann den Abend musikalisch sogar mit einer weiteren Blues-Nummer wie "Take Me" zu beendenden. Gleich danach ging es dann aber noch am Merch-Stand weiter, wo Mina den Fans noch fast eine Stunde zur Verfügung stand.

Fazit: Das war dann ein Tour-Auftakt nach Maß. Mina Richman - die Band - präsentierte ein ungemein tightes, kurzweiliges Set, bei dem nun wirklich keine Wünsche übrig blieben. "Ihr seid ein tolles Publikum", bedankte sich Mina während der Show bei den Fans und fügte dann noch ein erklärendes "ihr seid Zwölf von Zehn!" hinzu. Das wäre dann auch eine gute Maßeinheit, mit der sich diese Show bewerten ließe. Wenn das so weiter geht (was ja durchaus zu erwarten ist), dann könnte sich die Gute für die nächste Konzertreise ja schon mal nach größeren Spielstätten umschauen. Die Bodenhaftung wird sie dabei ja sicherlich nicht verlieren.

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Surfempfehlung:
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www.youtube.com/watch?v=8I4LX5HW-rg
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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