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Konzert-Bericht
 
Traumzeit

Roller Derby
Annie Bloch

Köln, Yard Club
11.04.2025

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Roller Derby
Zunächst sah es so aus, als könnte die Show im Kölner Yard Club, mit der die Hamburger Band Roller Derby ihre Debüt-LP "When The Night Comes" vorstellen wollte, eine Veranstaltung für einsame Herzen werden - denn noch eine halbe Stunde nachdem die Türen geöffnet worden waren, verliefen sich nur wenige Musikfreunde im Club. Das hatte aber einen Grund: Zu Beginn des Einlasses überraschte eine nicht enden wollende Schlange jugendlicher Fans, die sich wartend vor dem Eingang tummelten, über den man für gewöhnlich in den Yard Club findet. Wie sich dann herausstellte, standen diese Fans aber nicht für Roller Derby an, sondern für den YouTube-Überflieger Fox Stevenson, der in der größeren Halle Die Kantine aufspielen sollte. Um in den Yard Club zu gelangen, musste man sich durch zunächst durch die Schlange schlängeln und einen gut getarnten Hintereingang suchen - und das dauerte dann halt.
Sei es drum: Als kurz nach 20 Uhr die Kölner Lokalmatadorin Annie Bloch die Bühne erklomm, war der Yard Club dann doch recht ordentlich gefüllt. Annie Bloch nutzte die Möglichkeit, mit ihrem Solo-Set unter anderem die Stücke ihrer neuen LP "I Depend" vorzustellen. Die Sache ist dabei nur die: Die LP spielte Annie mit einem unter anderem aus Streichern und Bläsern bestehenden, zehnköpfigen Ensemble ein - und meinte dann, dass es sich für sie komisch anfühle, die Songs jetzt solo - nur mit der elektrischen Gitarre - vorzutragen. Freilich: Für die Zuschauer gab es so die Möglichkeit, die Stücke auf eine Weise zu erleben, die näher an den Ursprüngen des Materials dran war und quasi den Kern der Songs offenlegten. Nun ist das so, dass Annie Bloch musikalisch ja sowieso auf vielen Hochzeiten tanzt - sei es auf den Spuren ihrer Vorbilder aus der Singer/Songwriter-Szene (Adrienne Lenker nennt sie z.B. als Inspirationsquelle), zusammen mit Muireann Ní Sheoighe Eachthighearn als Annie & Mo, als Organistin oder als klassische Musikerin und Komponistin. Ein Solo-Vortrag wie im Yard Club - auf der dann die fragile jazzige Eleganz mehr im Zentrum stand als etwa die komplexen Klangwelten ihres Albums "I Depend" oder die poppigeren Arrangements ihrer ersten LP "Floors" - ist da nur eine der vielen Facetten, die Annie Bloch zu bieten hat. Im Yard Cloud gefiel ihre ruhige und zurückhaltende Art, die ohne große Gesten und Entertainer-Highlights auskommt, dafür aber die Stücke für sich sprechen lässt und den Blick auf die introspektiven Lyrics lenkt. Ihre Ansagen beschränkten sich dabei auf das Notwendige. So hatte sich Annie vorgenommen, sich auf der Bühne als Wohnungssuchende vorzustellen und sich als gute Mieterin zu empfehlen. Des Weiteren wies sie noch darauf hin, dass sie im Juni in der Kölner Orangerie ein Release-Konzert mit der gesamten Ensemble-Besetzung spielen werde. Dem Publikum schien das alles zu gefallen, denn die Aufmerksamkeit reichte bis in den Bar-Bereich, in dem ansonsten an dieser Stelle auch schon mal gerne geplappert wird.
Dass es Philine Meyer und Manuel Romero Soria a.k.a. Roller Derby ernst meinen mit dem Thema "Dreampop", machte das Hamburger Duo nicht nur dadurch deutlich, dass auf dem Debüt Album "When The Night Comes" das komplette Genre Song für Song mustergerecht musikalische durchdekliniert wird und - sich alle Songs auch irgendwie mit nachtschattigen Traumthemen beschäftigen. Auf den Konzerten der laufenden Europa-Tour wird auch regelmäßig Roy Orbisons "In Dreams" als Intro gespielt, bevor die Musiker auf die Bühne klettern und das Set beginnt dann auch noch mit dem Song "Dreams" vom aktuellen Album. Das soll aber keine Kritik sein - sondern eher schon ein Lob für die Konsequenz, mit der Roller Derby das Thema durchziehen; denn wer sich noch an die seligen Zeiten der ersten Dreampop-Welle Mitte der 90er Jahre erinnern kann, in der Bands wie Lush oder Ride das Ganze ins Leben riefen, der bekam mit der Musik von Roller Derby - und natürlich auch in der Show im Kölner Yard Club - ein einziges, erleuchtendes "Aha"-Erlebnis serviert. Und für die jüngeren Fans war das Ganze dann schlicht und ergreifend neu und aufregend. Das erklärte dann auch das Generationsmäßig gut durchsetzte Publikum.

Bevor Roller Derby ihre Debüt-LP "When The Night Comes" in Angriff nahmen, hatten sie schon zehn Singles veröffentlicht (von denen natürlich auch in Köln einige auf der Setlist standen) - die allerdings auf der LP dann gar nicht zu finden sind. Die Idee, für die LP ein komplett neues Song-Set zu schreiben, erwies sich als genau richtig, denn so fanden Roller Derby - mehr noch als mit den recht unterschiedlich austarierten Singles - zu ihrem kohärenten Bandsound aus Effekt-Gitarren, Keyboards und basslastiger Rhythmus-Gruppe, der sich auch in Köln förderlich bemerkbar machte. Variation ist dabei schon alleine deswegen gegeben, weil Roller Derby geschickt so ziemlich alle Subkategorien des Dreampop-Settings - Shoegaze, Psychedelia, New Wave-, Jangle- und E-Pop - ziemlich gleichberechtigt in ihr Konzept integriert haben.

Unterstützt von Bassistin Izzy Ment und Drummer Jannis Kleiß (der auch auf der LP mitgespielt hatte) nutzten Roller Derby dieses Sounddesign, um auch die älteren Tracks wie "Always On My Mind", "Starry-Eyed", "Only You", die frühe Single "Flying High" und "Can't See You" darin einzupassen. Nicht immer mit Erfolg - denn beispielsweise bei dem im Zugabenblock gegebenen "Always On My Mind" gab es Abstimmungsprobleme (was aber auch an Monitor-Problemen gelegen haben könnte).

Ihre Rollen in der Live-Präsentation haben Roller Derby durch die lange Vorlaufzeit natürlich längst gefunden. Philine Meyer überzeugt als sympathisch schüchterne Frontfrau, die sich nun wirklich nicht in den Vordergrund drängen möchte und sich deswegen dankbar an ihr Keyboard klammert, ohne mit Star-Gehabe irgendwelcher Art zu flirten. Gerade das aber macht die Sache dann so authentisch und menschlich - denn mit solchen nahbaren MusikerInnen können sich schließlich die meisten Fans identifizieren. Gitarrist Manuel Romero Soria ist da aus einem anderen Holz geschnitzt und begeistert als cooler Überflieger, der sich seiner Einflüsse nicht schämt und das Set wortlos mit seinen effektgeladenen Gitarrensounds bereichert. Wer hier The Cure, The Sundays oder auch schon mal The Chameleons oder The Cocteau Twins heraushören möchte, der liegt subjektiv sicher auch nicht daneben. Freilich haben Roller Derby dank des Soundmix mit Philine's Keyboards durchaus ihr eigenes Gesicht. So soll es ja auch sein. Ach ja: Izzy (die auch gesanglich agierte) und Jannis tragen dafür sorge, dass Roller Derby auf der Bühne tatsächlich auch als tighte Band wahrgenommen werden.

"Wir haben vor kurzem unsere Debüt-LP veröffentlicht und werden daraus heute auch einige Stücke spielen", begrüßte Philine das Publikum und ergänzte: "...nämlich alle". Dass dann insgesamt 15 Tracks bei einer Spielzeit von gerade mal einer Stunde auf der Setlist standen, führte zum einzigen echten Kritikpunkt an der ansonsten immens gelungenen und kurzweiligen Show - nämlich dem, dass alles Songs zwar effektiv aber ohne wirkliche Live-Elemente wie z.B. Improvisationen oder Extended-Versions ein wenig unerbittlich und knapp auf den Punkt gebracht wurden.

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Surfempfehlung:
www.rollerderbyband.com
www.instagram.com/rollerderbyband
www.facebook.com/rollerderbyband
www.youtube.com/watch?v=RZeyYk_sdrY
anniebloch.com
www.instagram.com/annie.bloch
www.facebook.com/annieblochmusic
www.youtube.com/watch?v=IsLA2rsxUjg
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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