GL: Ihr spielt nun erstmals in Europa, zunächst einmal als Support. Ist das mehr eine Pflichtveranstaltung oder auch eine Herausforderung, der ihr euch gerne stellt?
Darragh: "Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung, aber seitdem wir unseren zweiten Gitarristen dabei haben, sind wir, glaube ich, eine ziemlich starke Liveband geworden. Das hilft uns sehr, das Publikum auf unsere Seite zu ziehen. Für uns bedeutet in einer Band zu sein, auch vorwärts zu kommen. Und da zählen Konzerte in 'neuen' Ländern genauso dazu, wie Anhänger dazu zu gewinnen."
GL: Spielt es für euch eine Rolle, wo ihr erfolgreich seid? Würde es euch - rein theoretisch - egal sein, wenn euch zu Hause in Irland niemand kennt, ihr dafür aber in Deutschland in die Charts kommt?
Darragh: "Unser Hauptanliegen ist es zur Zeit, in Europa Fuß zu fassen und danach langsam an die Staaten zu denken, wo wir bisher noch gar nichts gemacht haben. Das ist uns so wichtig, weil es in England fast unmöglich ist, ein Bein auf den Boden zu kriegen. Die Regel dort lautet: Wenn du auf Radio 1 gespielt wirst, bist zu fein raus, wenn nicht, kannst du einpacken. Von dieser Regel gibt es keine Ausnahmen, und es ist einfach so, dass es in England unzählige Bands gibt, die alle eher im Radio gespielt werden als eine Band aus Irland. Deshalb wollen wir es lieber in Ländern versuchen, in denen nicht eine einzige Radiostation deine gesamte Zukunft entscheidet. Was Irland angeht: Die Platte ist von 0 auf 15 in die Charts eingestiegen - zu Hause läuft es also ganz gut für uns. Mit ein bisschen Glück bekommen wir sogar eine Goldene Schallplatte dafür, das ist ziemlich aufregend!
GL: In Deutschland auf Tour gehen zu können ist also eine ziemlich große Sache für euch?
Darragh: "Ja, weil es der erste Schritt für uns weg von England ist. Um ganz ehrlich zu sein: Von den Tourneen in England habe ich die Nase voll! Wir haben das jetzt zehnmal gemacht, und ohne die Hilfe des Radios bleibst du halt bei einem bestimmten Level stecken. Und wenn sich 500 Bands um die jeweils acht neuen Plätze auf der Playlist prügeln, sind die Chancen auf Änderung nun mal ziemlich gering, wenn du nicht gerade The Strokes oder The Hives heißt! Wir wollen jetzt lieber versuchen, 10 000 Platten in Deutschland zu verkaufen, 10 000 in Österreich und 10 000 in Belgien, als uns auf England zu konzentrieren und dann irgendwann als Modeerscheinung abgetan zu werden. Auf diesem Weg sind wir weniger betroffen, wenn der diesjährige Hype in England nächstes Jahr uncool wird."
GL: Obwohl eure Musik immer noch sehr energiegeladen ist, habt ihr im Vergleich zu eurer früheren Band Kerbdog [Darraghs und Cormacs erste Band im Teeniealter] trotzdem ziemlich auf die Bremse getreten. War das eine direkte Reaktion auf die alte Band?
Darragh: "Ja! Besonders die erste Platte war eine Reaktion auf Kerbdog, die ja unglaublich heavy gewesen waren. Alles basierte auf Riffs, es war fast schon wie bei Helmet. Als wir dann Wilt gründeten, war von vorne herein klar, dass wir uns auf die Songs und die Melodien konzentrieren würden und nicht wieder nur ein Riff nach dem anderen runterreißen würden. Genau das haben wir dann beim ersten Album gemacht. Dieses Mal hatten wir das Gefühl, dass wir das ein wenig hinter uns lassen konnten, und deshalb haben wir wieder mehr auf die Gitarren gesetzt. Die nächste Platte wird womöglich noch härter."
GL: Eure neue Platte hat 25 000 Pfund gekostet. Ist dieser - verhältnismäßige - Sparkurs noch auf das Trauma zurückzuführen, das eure Erfahrungen mit Kerbdog ausgelöst hat, die ja mit ihrem zweiten Album 1 Million Pfund Plattenfirmagelder in den Sand gesetzt haben?
Darragh: "Na ja, wir haben uns damals einen ziemlichen Spaß aus der Sache gemacht. Wir haben die Platte in Los Angeles eingespielt und all unsere Freunde mitgenommen, das war schon ziemlich dumm von uns. Es war letztendlich nur ein großes Besäufnis, bei dem wir die härteste Musik gespielt haben. Selbst die Stücke, die womöglich radiotauglich gewesen wären, haben wir unter so viel Krach begraben, dass wir uns die Chance, ins Radio zu kommen, auch noch genommen haben. Wir hatten die totale Anti-Haltung."
GL: Ihr sagt, Vergleiche mit Bands wie Sugar oder R.E.M. seht ihr eher als Kompliment denn als Vorwurf. Gibt es denn auch Kategorisierungen, die euch wirklich nerven?
Darragh: "Wir haben das neue Album vor ein paar Monaten an die Presse verschickt, und einige wollten uns unbedingt einer Szene zuordnen und schrieben: 'Jetzt springen sie auf den Emo-Zug auf'. Wir haben uns nur gefragt: 'Was zur Hölle ist dieses Emo-Ding eigentlich?' Wir wussten anfangs gar nicht, was damit gemeint war - abgesehen davon, dass die Platte ungefähr ein Jahr vorher geschrieben wurde. Einer bestimmten Szene zugeordnet zu werden - das geht uns auf die Nerven. Dass uns Journalisten mit anderen Bands vergleichen, ist nur zu verständlich. Es ist ja auch wirklich schwierig, Musik mit Worten zu beschreiben."
GL: Gibt es zum Schluss noch etwas, das du unbedingt loswerden möchtest?
Darragh: "Ja! Ich würde mir wünschen, dass sich die Leute unser Album nicht nur einmal, sondern zweimal anhören, bevor sie sich ihre Meinung bilden. Wir haben selbst festgestellt, dass einige der Songs etwas Zeit brauchen!"