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Konzert-Bericht
 
"I am a Punkrocker from Barking, Essex!"

Billy Bragg

Hamburg, NDR-Sendesaal "Rolf Liebermann Studio"
06.06.2000
Billy Bragg
"Billy Bragg talks and sings Woody Guthrie" stand auf den Plakaten, die dieses spezielle Konzert von Billy Bragg in der Hansestadt ankündigten. Und die Show war in vielerlei Hinsicht "special". Zum einen war sie einer von weltweit nur vier sogenannten "Talking Woody"-Abenden. Zum anderen tritt Bragg für gewöhnlich nicht mehr solo auf. Entweder hat er seine Band The Blokes im Gepäck oder spielt zusammen mit den Seelenverwandten Wilco die zusammen neu vertonten Woody Guthrie-Stücke. An diesem Abend aber saß der inzwischen auch schon 40jährige Brite alleine vor etwa 200 Fans und wollte nicht nur die besten Songs der beiden "Mermaid Avenue"-Alben zum Besten geben, sondern auch gleich noch Geschichten aus Woodys und seinem eigenen ereignisreichen Leben erzählen.
Billy Bragg
Dazu war erst einmal ein Test erforderlich. Würde das Hamburger Publikum überhaupt mit seinem breiten britischen Akzent zurechtkommen? "In solchen Fällen", erzählte Billy, bevor er nur eine Note gespielt hatte, "gehe ich vor der Show in die Herrentoilette und stelle einfach ein paar Behauptungen in den Raum und schaue, ob irgendeine Antwort kommt. Heute habe ich gesagt, dass die Gruppe A bei der Fußball EM von Portugal gewonnen werden wird! (*) " Das Gelächter des Publikums war Beweis genug, wir konnten ihn verstehen, und so kam es, dass Bragg weit mehr als die Hälfte der Show mit Plaudern zubrachte und nur verhältnismäßig wenige Songs spielte. Die, die er dann herauskramte, waren allerdings zielsicher die Highlights der zwei "Woody"-Platten. "My Flying Saucer", "The Unwelcome Guest" oder "Ingid Bergman", wobei er bei letzterem glaubhaft Parallelen zwischen Woody Guthries Texten in den 40ern und Iggy Pops 70s Message aufzeigen konnte. Bei Woody explodierte nämlich beim Gedanken an Miss Bergman auch nicht nur der Vulkan, auf dem sie stand, ähnlich wie in Iggys "Sixteen". Neben politischen Parolen - Billys bestimmt zehnminütiges Intro zu "Eisler On The Go" wurde fast zu einem neuen kommunistischen/sozialistischen Manifest - gab es aber auch immer wieder witzige Kommentare zum Thema Fußball oder witzige Geschichten zu seinen abwesenden Mitstreitern von Wilco. Als Billy doch für einen Song allen Ernstes Slide-Guitar spielte, meinte er entschuldigend, dass sich das für einen Punkrocker wie ihn nun eigentlich wirklich nicht gehöre und eher der Job für eine Band wie Wilco sei. ABER: "Habt ihr dagegen schon mal Wilco Clash-Coverversionen spielen hören? Das klingt echt scheisse!"
Auch wenn das auf dem Papier schwer zu vermitteln ist, die Einlagen des Entertainers Bragg waren streckenweise besser als die abgespeckten Versionen der Songs, auch wenn er diese Theorie mit dem letzten Stück "Way Over Yonder In A Minor Key" widerlegte und man weder Wilco noch Natalie Merchant bei dieser herzergreifenden Version vermisste. Im Herbst will Billy wiederkommen. Eventuell mit Wilco, auf jeden Fall aber mit seinen Blokes. Ich kann's nur empfehlen!

(*) Für die weniger fußballbegeisterten: In dieser Gruppe spielten sowohl England als auch Deutschland.

Text: -Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-


 
 

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