"Wir stehen heute überhaupt erst zum zweiten Mal als Duo auf der Bühne. Wir sind also noch in der Lernphase. Aber Bobby hat eine so großartige Präsenz, dass uns eigentlich nicht viel passieren kann", erzählt uns Gitarrist Mike Grimes vor der Show, und lachend fügt er an: "Jedenfalls will ich das schwer hoffen!" Sein lang anhaltendes Lachen unterstreicht, dass er sich in der Tat keine Sorgen macht. Warum auch? Bobby Bare Jr. mag vielleicht erst Anfang 30 sein, trotzdem war er im Vorschulalter für einen Grammy (!) nominiert - für ein Duett mit Papa Bare, der Nashville-Legende. Und wenn Familie Bare früher am Wochenende bei Bekannten zum Essen eingeladen war, ging's nicht zu Tante Gitti und Onkel Heinz, sondern zu Jerry Reed, Shel Silverstein oder Johnny Cash!
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In solch einem Umfeld aufzuwachsen inspiriert natürlich, und deshalb hat Junior, wie Bobby von seinen Freunden genannt wird, wenn er außer Hörweite ist, nach zwei Südstaaten-Rock meets Grunge-Alben der Band Bare Jr. nun mit einem vielköpfigen Ensemble, dem u.a. diverse Mitglieder von Lambchop angehören, eine Platte voller melancholischer, countryesker Songs aufgenommen, die "Young Criminals Starvation League" heißt und überall verdientermaßen in den höchsten Tönen gelobt wird. In München präsentierte Bare - bewaffnet mit einer 12-saitigen Akustikgitarre, Mundharmonika und einem mit den Füßen bedienten Tamburin, die Songs des neuen Albums nun erstmals in Deutschland. Für den Part des Gitarristen und Harmonie-Sängers hatte Bobby ursprünglich John Jackson verpflichten wollen, einen der besten Saitenvirtuosen in Nashville, der früher jahrelang Leadgitarrist bei Bob Dylan und Lucinda Williams war. "Er war auch richtig scharf darauf mitzukommen", erzählt uns Bobby amüsiert, "denn er ist inzwischen vor allem Vater und Hausmann, da seine Frau als Anwältin mehr Geld verdient als er als Musiker. Er hätte alles gegeben, um aus dem Haus herauszukommen. Aber seine Frau hätte ihn eh nicht gehen lassen, wenn sie gehört hätte, dass wir auf dieser Tour kein Geld verdienen. John ist vielleicht der bessere Gitarrist, aber mit Mike macht's dafür mehr Spaß". Und den hatten nicht nur die zwei auf der Bühne, sondern auch das handverlesene Publikum im Substanz. Die dürften wohl größtenteils zum alten Club-2-Stammpublikum gehört haben und Bobby Bare höchstens dem Namen nach gekannt haben. Trotzdem gelang es den zwei Amerikanern spielend, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Mit großartigen Stücken wie "Flat Chested Girl From Maynardville" zum Beispiel oder dem wahrhaft grandiosen "The Ending" ("Der einzige Song von Bobby Jr., der mich zum Weinen bringt", merkte Mike passenderweise an). Und auch wenn in München die zehnköpfige Backingband fehlte, die dem Song mit einer Horn Section noch das i-Tüpfelchen aufgesetzt hätte - auch so war das Stück in der Tat zum Heulen schön. Überhaupt war es auch in der Zweierbesetzung ein ungemein musikalisches Konzert. Denn trotz aller witzigen Anekdoten und der mehrfach geäußerten Liebe zum deutschen Bier merkte man in jeder Sekunde, dass die zwei vor allem Musik über alles lieben. Und als müsse er das dennoch unterstreichen, kündigte Bobby einen Song mit den Worten an: "Ich bin 1986 von Nashville bis nach Ohio gefahren, um The Smiths zu sehen". Was folgte, war die erste von einigen ausnahmslos gelungenen Coverversionen: "What Difference Does It Make" - im Country-Style! Der heimliche Hit der Show war natürlich "Dig Down", mit großartigen Textzeilen wie "Black Francis you were the last motherfucker out grabbing all the good stuff and leaving no doubt that if rock and roll dies it's not my fault", und einem netten "Sympathy For The Devil"-Rip-Off zum Mitsingen. Für die letzte Nummer stellten sich Bobby und Mike, der übrigens nicht nur Musiker ist, sondern auch Betreiber eines der coolsten Etablissements in ganz Nashville, der Slowbar, und der auch noch den Plattenladen "Grimey's" besitzt, ohne Mikros mitten ins Publikum, nur, damit Bobby anschließend gut die Hälfte des Publikums noch zum Abschied umarmen konnte! Doch auch wenn der emotionale Höhepunkt damit erreicht schien und die beiden schon 75 Minuten und damit länger als eigentlich geplant auf der Bühne gestanden hatten - Schluss war damit noch nicht. Für die Zugaben gab es noch einige richtige Schmankerl. Da spielten die zwei doch tatsächlich auf Wunsch eines einzelnen Herren aus dem Publikum einen nie aufgenommen Bare-Jr.-Song namens "Mike Tyson" (halb Hommage, halb Parodie), und obwohl sie sich mit dem Hinweis, den Song seit vier Jahren kein einziges Mal mehr gespielt zu haben, zunächst ziemlich zierten, machten sie ihren Job dennoch äußerst gut.
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