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Konzert-Bericht
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Der Köln-Seattle-Austin-Express
South San Gabriel
The Long Winters/ Locas In Love
Köln, Blue Shell 25.08.2003
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Drei Bands, dreimal handgemachte Musik, das Ganze zum Showcase-Schnupperpreis von gerade einmal vier Euro. Den Anfang machten Locas In Love, die sich allerdings nur bedingt als die Band präsentierten, über die wir uns an dieser Stelle schon den Mund fusselig geredet und die Tastatur heiß geschrieben haben. Die meisten der neuen Songs, die an diesem Abend 50% des Programms ausmachten, kamen jedenfalls ziemlich trashig, wenngleich trotzdem sehr dynamisch daher. Aber beim ersten Konzert nach einer längeren Sommerpause (und einem Unfall, bei dem der vielgeliebte Bandbus in die ewigen Jagdgründe einging) muss das auch mal erlaubt sein. Und außerdem gab es auch eine Menge zu entdecken: Denn wenn dieser Auftritt ein Ausblick auf das für Frühjahr 2004 angekündigte Album sein sollte, dann wird das "a new phase Locas In Love record" werden. So gab es einen tollen neuen Popsong von Niklas namens "Laura", Björns musikalisches Testament, ein Stück namens "In My Life", das mit zu seinen besten bisher gehört, und die witzige Hommage an den vergessenen fünften Mann der besten Punkband aller Zeiten, "Ricky Ramone"! Locas In Love = Ramones op Kölsch!
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Dass The Long Winters - zu Hause im Dunstkreis von Nada Surf, Apples In Stereo und Death Cab For Cutie - den gewohnt powervollen und mit vielen witzigen Anekdoten gespickten Auftritt der Locas würden toppen können, war eher fraglich, schließlich war die Band aus Seattle nur zu zweit angereist. Aber schon bevor die zwei - nur bewaffnet mit einer Gitarre, einem winzigen Casio-Keyboard und zwei großartigen Stimmen - den ersten Song spielten, erklärte Mastermind John Roderick, dass die Duobesetzung kein Nachteil sei: Sie seien zwar sonst eine vierköpfige Rockband, aber die Daheimgebliebenen seien lediglich "band", die zwei in Köln anwesenden dagegen seinen für "rock" zuständig! Und das stellten sie dann mit unbändiger Spielfreude und großartigen Songs, denen keinesfalls die oft aufwändigen Arrangements des in Kürze erscheinenden Albums "When I Pretend To Fall" fehlten. Los ging es allerdings mit "Carparts", dem besten Stück des nie in Deutschland erschienenen Debüts "The Worst You Can Do Is Harm", das gleich zu Beginn die Frage aufwarf: Was tun die in Seattle eigentlich ins Wasser, dass es dort neben den Posies jetzt schon das zweite Vokal-Duo gibt, das mit scheinbar schlafwandlerischer Sicherheit harmoniert? Ebenso gelungen wie die Songs waren allerdings auch die Ansagen zwischendurch. Anstatt sich zum Beispiel vom Publikum enttäuschen zu lassen, das zwar jede Menge Applaus spendete, allerdings nicht gewillt war, zur Bühne vorzukommen, verwies John nur grinsend darauf, dass sie bereits in Idaho, Iowa und Nebraska gespielt hätten und das ruhige Kölner Publikum im Vergleich mit den Zuschauern dort wie ein hibbeliger Haufen wirken würde. Und auch die Gastgeberstadt bekam ihr Fett weg: "Wir mögen Köln, denn wir sind große Fans der 50er-Jahre-Architektur...!" Ein toller Song folgte dem nächsten, mal textlich straight, mal sehr bedeutungsschwanger (im Long-Winters-Lager ist es beispielsweise durchaus üblich, zwischenmenschliche Beziehungen mit Metaphern wie Autounfällen ("Mimi") oder Patienten im Koma ("It'll Be A Breeze") zu verklausulieren, wie John erklärend ausführte. Mit "New Girl" bewiesen John und sein Sidekick Sean Nelson dann eindrucksvoll, dass man einen im Studio in achtköpfiger Besetzung eingespielten Powerpop-Song durchaus auch ohne großen Energieverlust zu zweit zelebrieren kann - wenn man nur will. Die gute Laune der zwei groß gewachsenen Amerikaner machte sogar vor Scherzen über die befreundeten Headliner von SSG nicht Halt, die grinsend als biertrinkende, eidechsenessende, in der Gegend herumballernde Texaner tituliert wurden. Doch weil die Long Winters nicht nur austeilen können, meinten sie, dass ihnen als Bewohnern von Seattle natürlich auch das Image der Software-Milliardäre und Heroin-Junkies anhinge. Und um Letzteres zu beweisen, spielten die beiden - so unglaublich das auf dem Papier auch klingen mag - als Zugabe noch den "Seattle Themesong": Soundgardens "Outshined" (!), um sich zu guter Letzt mit dem schlicht und ergreifend perfekten Popsong "Stupid" zu verabschieden. Das Kölner Publikum im heimeligen Blue Shell hatten sie da längst auf ihrer Seite. Und das Allerschönste: Für November ist eine von Gaesteliste.de präsentierte Deutschlandtournee der kompletten Band geplant!
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Auch South San Gabriel traten danach zu zweit an, konnten aber weder in puncto Spielfreude und Power noch als Entertainer mit ihren Vorgängern konkurrieren. Und das, obwohl auch ihre Songs über jeden Zweifel erhaben sind. Eigentlich ist Gitarrist und Sänger Will Johnson musikalisch ja bei Centro-matic zu Hause, aber für dieses Side-Projekt lässt der Amerikaner den Sound seiner oft doch recht ungestüm rockenden Hauptband ein gutes Stück hinter sich und widmet sich kontemplativen Slowrock-Perlen. South San Gabriel sehen sich ohne Frage als Seelenverwandte von Dakota Suite oder Savoy Grand, haben aber auch ihre kleinen, versteckten Eigenheiten. Dass sie bei aller Liebe zu leisen, handgemachten Tönen auch zaghaft mit Keyboards (gespielt von Geiger Scott Danborn) hantieren, überrascht beispielsweise zunächst, gefällt aber dennoch. Dass die zwei in die doch streckenweise äußerst spartanisch-melancholische Darbietung einige Centro-matic-Stücke einstreuten, tat dem Auftritt merklich gut. Allerdings wurde das Publikum um Geheimhaltung gebeten. Die anderen beiden Musiker sähen es nicht so gerne, wenn bei South-San-Gabriel-Auftritten Songs der anderen Band gespielt würden, wie Will grinsend anmerkte. Wir können uns derweil schon mal freuen, denn auch Centro-matic werden noch vor Jahresende wieder in Deutschland auftreten!
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Surfempfehlung:
www.centro-matic.com
www.thelongwinters.com www.locasinlove.de.vu
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Text: -Carsten Wohlfeld- Foto: -Ullrich Maurer-
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