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Flying High

W:O:A 2003, 2. Teil

Wacken, Festivalgelände auf der Wiese
01.08.2003

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W:O:A 2003
Ein neuer Festivaltag beginnt mit herrlichen Hitzegraden, die aber selbst Saunafetischisten aus einem Zelt treiben - soweit der Alkoholpegel von gestern so etwas wie Temperaturempfindung überhaupt schon wieder zulässt. Die belgischen Journalistenkollegen von nebenan sitzen bereits bei ihrem Frühstückstässchen Whiskey, wie man überhaupt auf dem sich jetzt füllendenn Pressezeltplatz ab heute allerliebster Szenen ansichtig wird. Da gibt es etwa die Oberwichtigs, die es - unausgesetzt auf ihre weniger wichtigen Opfer einlallend - praktisch das ganze Festival über kaum jemals schaffen, sich vom Jack Daniels-Stand zu lösen. Oder die fröhlichen Feiertypen, die allerdings ab ca. mittags auf allen Vieren zwischen Bühnen, Bierausschank und Zeltplatz unterwegs sind. Naturgemäß seltener im Bild die preußische "Dienst ist Dienst"-Variante, die jeden der knapp 70 Gigs in Wort und Bild festzuhalten gewillt erscheint. Uns selbst da so irgendwo mehr in der Mitte einordnend, bewegen wir uns jetzt dennoch zum ersten musikalischen Extra des Tages...
W:O:A 2003
...und das ist das bekannte Morricone-Morgenliedchen "Spiel mir das Lied vom Tod", mit dem die deutsche Thrash-Hoffnung Dew-Scented um Aufmerksamkeit werben. Sie trommeln für ihr zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erschienenes Album ") Impact", das eine kräftige Death Metal-Schlagseite erahnen lässt. Vielen aber ist das von diesem Norddeutschen Quartett hier Gebotene zu dieser unchristlichen Zeit schlicht noch zu wild und dreht sich entweder noch mal aufs andere Ohr, geht an der gigantischen Wackener Fressmeile frühstücken oder schlendert auch rüber zu The Quill, die auf der Party Stage auf ihr im September anstehendes Album "Hooray! It's a Death Trip" einstimmen. Mit Songs wie dem von einem Led Zep-Riff getriebenen "Spinning Around" gelang das Sänger Magnus Ekvall auch recht ordentlich. Das schwedische Quartett überzeugt immer dann am meisten, wenn es seinen Melodic Metal mit Blues- und Stoner-Feeling würzt.

Aus ganz anderem Material sind Extreme Noise Terror geschnitzt, die ihr musikalisches Feinkonzept schon im Namen tragen. Mit gleich zwei Sängern wird der sich nur langsam füllende Bereich vor der True Metal Stage Grindcore-technisch aufgemischt, was uns aber u.a. wegen des Sounds, bei dem sich deren Gebelle kaum von den Instrumenten unterscheiden lässt, nicht wirklich davon abhalten kann, jetzt das Frühstückchen unserer Belgenkollegen nachzuholen. Als Tafelmusik dazu erklingt u.a. Seventh One. Die schwedisch / norwegische Truppe scheint, soweit das aus der Distanz des Paulanergartens erkennbar ist, eine besonders "heldenhafte" Variante von Powermetal am Start zu haben. Sollen sie...

Zeitgleich brechen sich auf der Black Metal-Stage die skandinavischen Kollegen von The Crown ein bis zwei Zacken aus derselben, um zu zeigen, dass sie hier auch hingehören. Ihre knüppelige Death Metal-Spielart kommt denn auch ausgesprochen gut an, dieweil ex-At The Gates Sänger Johan Lindstrand sein The Crown-T-Shirt spazierenträgt und seinen Heckenbart schwingt - zu prächtigen Nummern wie "World Below" oder "Face Of Destruction".

In der besonders wohltemperierten Treibhausatmosphäre der Wet Stage ist unterdes die Death Metal-Combo Obscenity zu bestaunen. Die Oldenburger platzen schier vor Spielfreude. Folgende, derb groovende Obszönitäten werden gegeben: "Disgrace Over You", "Blessed By Nature", "Human Barbecue", "Perversion Mankind", "My Dark One", "The Arrival", "Cold Blooded Murder", "Bleed 4 Me", "Alien Hand Syndrome", "Utter Disgust" (Danke an Uwe vom Radio Gehacktes für die Original Setlist).

Zeit für eine der mit besonderer Spannung erwarteteten Reunions des Festivals: Speziell fürs W:O:A haben sich Mitglieder der NWOBHM-Formation Tygers Of Pantang mit Überbleibseln der 80er Legende Diamond Head zu einem Zwitter zusammengefunden, der nun - zumindest in Wacken - unter Diamond Heads großem Namen auftritt. Bald schon zeigt sich, dass allein Brian Tatler an der Gitarre für díe Schuhgröße eben nicht reicht und der peinliche, kaum jemals die Töne erwischende Weißkittel Jess Cox am Mikro bei Gänsehauterregern wie oder "Am I Evil" überhaupt nicht über die Abwesenheit von Head-Sänger Sean Harris hinwegtrösten kann. DAS ist nicht die Band, die damals Metallica beeinflusst hat, wie durch Stücke wie "Helpless" oder "It's Electric" (mit "So You Wanna Be A Rock'n Roll Star" als Coda) traurig bestätigt wird.

Der spezielle Death Metal-Cocktail von Dismember schlägt jetzt selbst unseren Heavy-as-can-be Stephan in die Flucht. Die Schweden werden zwar von zahlreichen anderen Musikern als zentraler Einfluss bezeichnet, können uns aber trotz Kultsongs wie "Dismembered" live 2003 unter anderem wegen des Breisounds weniger überzeugen. Dies verschafft überdies hochwillkommene Zeit für ein Päuschen, das beispielsweise für den Besuch des Metal Markets genutzt wird, bei dem die Nieten- und Dornenfraktion sich endlich auch einmal mit todbringenden Badelatschen ausstatten kann. Auch der Waschstraße für Menschen beim Prince Of Denmark-Areal wird nun - auf vorsichtige Distanz - Beachtung geschenkt.

Doch zurück zu den Bühnen und mitten ins Dark Age: Das sympathische Quintett belegt mit Kompositionen wie "Know Me Strong" oder "Insomnia" (ihrem allerersten Stück, das gerade wiederaufgenommen wurde), dass sie heute zur ersten Garde im Beritt Melodic Death Metal gehören. Einsprengsel von Epic Black Metal verraten Lieder wie "Suicide Crowd" (auch Beinahme der Band). Zugaben werden gefordert und das Metallica-Cover "For Whom The Bell Tolls" geliefert - klasse!

Oratory locken uns in die ausnahmsweise mal nicht wurstgleich vollgestopfte Wet Stage - offensichtlich kommt der stark von Sängerin Ana Lara geprägte Power Metal der Portugiesen hier nicht so gut an. Da trösten die Portugalfahnen, die ihre Landsmänner mitgebracht und entfaltet haben.

Sentenced müssen derweil erleben, dass ihnen mitten im pompösen Intro der Saft bzw. der Ton wegbleibt. Danach wird es aber doch noch ein ordentlicher Gig der Finnen um Sänger Ville Laihiala, deren Gothic Rock mit Stücken wie "Cross My Heart And Hope To Die" stimmungsmäßig jedoch wenig zu diesem goldenen Sommernachmittag passen will.

Kontrastprogramm der krassesten Sorte bietet hier Lotto King Karl, dem Co-Gaestelisten.de-Schmierfink Mathias Frank nachsagt, er vermöge im Hamburger Raum ansehnliche Hallen zu füllen. Unbenommen, aber was der Glücksspielmonarch sich hier zusammenträllert, tut schlicht im Kopf weh ("Mein Leben war ein schlechter Witz, doch jetzt bin ich wieder im Ballbesitz"). Das hätten Pur und Brings auch nicht elender hinbekommen. Bis auf die paar Unentwegten, die immer losgrölen, wenn Fußballanspielungen im Text vorkommen, finden die Jungs denn auch relativ viele unbewegte bis ungläubige Gesichter vor der Party Stage vor. Was sie aber nicht davon abhält, eine volle Stunde lang ihren Schenkelklatschpop abzusondern. Okay, tastes differ.

Nach der Ziehung der Lottozähne ist es erstmal Zeit für eine längere Pause, danach für etwas Musik. Gamma Ray lockt uns wieder vor die True Metal Stage. Nach einem Helloween-Intro(!) stellt "Gardens Of A Sinner" und eine Ansage von Frontzwerg Kai Hansen klar, dass ein der "Skeletons In The Closet"-Tour entsprechendes Konzept und nicht etwa die typischen Gamma Ray-Hits und garkeinesfalls "Rebellion in Dreamland", wie Hansen hinzufügt, zu erwarten ist. Nach den folgerichtigen Verdächtigen wie "New World Order" oder "One With The World" schwenkt einer der begeisterndsten Einzelauftritte des W:O:A 2003 dann mit "The Silence" doch noch plötzlich auf die Klassiker-Schiene ein - und sieht bei diesem Stück den ursprünglichen Ray-Sänger (mit Primal Fear vor Ort) Ralf Scheepers auf der Bühne! Diese kleine, aber extrem feine Reunion war allein schon die Anfahrt wert.

W:O:A 2003
Bevor mit Twisted Sister die Headliner des zweiten Festivaltages ran dürfen, demonstrieren die Schweden von In Flames wieder einmal ihr stark unterentwickeltes Selbstvertrauen: "The festival begins and ends here" entdeckt Sänger Anders Fridén dem verblüfften Publikum und bedankt sich noch gleich, die Flames zum Headliner renommierend, "für die vielen Vorgruppen"... Dass die Jungs aber nicht nur Großschnauzen, sondern auch mit "Clayman", "Episode 666", "Moonshield" sowie auch Material vom aktuellen "Reroute To Remain" wie "Cloud Connected" ein paar der stärksten Songs des Melodic Death überhaupt im Repertoire haben, wird im Folgenden ebenso vorgeführt wie eine Pyro-Show, bei der man sich mühelos nasse Haare trocknen kann. Zusammen mit dem glasklaren Sound (geht doch!) kommt einer der stärksten Auftritte des Festivals heraus, bei dem der Luftraum durch Crowdsurfer belebter ist, als der Flughafen Köln / Bonn zur Ferienzeit.

Doch nun ist es so weit, Twisted Sister haben den Beweis anzutreten, dass sie ihren Headliner-Status verdienen. Ob es ihnen gelungen ist, bleibt Ansichtssache: Musikalisch versetzen Schlicht-Songs wie "Destroyer" oder "I Wanna Rock" ja nun wahrlich keine Berge, aber fraglos ist Obertunte Dee Snider eine Entertainment-Ausnahmebegabung im Rockzirkus. Als Gummibälle ins Publikum hopsen, kommt Essener Rockpalast-Stimmung seel'gen Angedenkens auf, als "The Prize" von "Stay Hungry" angestimmt wird, tastet der eine oder andere vorsorglich nach den Tempotüchern, als Dee zu "We're Not Gonna Take It" schließlich in den Fotograben springt, ist kein Halten mehr. Für die einen die vielleicht peinlichste Band der Welt, für andere das glamouröse Hardrockevangelium.

Lordi ist das Projekt eines finnischen Kostümschneiders, Maskenbildners und glühenden Kiss-Fans, der hier - und recht erfolgreich muss man sagen - seine Zwangsvorstellungen auslebt. In Wacken erlebt die lustig geschminkte Monsterschar nun ihr erstes Open Air und ganz sicher das größte Publikum ihrer Karriere. Stücke wie "Get Heavy" oder die Single "Would You Love A Monsterman" schließen sich denn auch bruchlos an die zuvor gehörten Twisted Sister an. Wahres Vergnügen will aber trotz der Masken und des liebevoll gemachten Bühnenbildes schon deswegen nicht aufkommen, weil ausgerechnet bei diesem Act die einzigen heftigen Rempeleien aufkamen, die zumindest unsereiner beim ganzen Festival beobachtet hat.

Der den Liederabend beschließende Auftritt von Subway To Sally steht wenig überraschender Weise im Zeichen des vom neuen Album "Engelskrieger" eingeleiteten Schwenks vom Bardentum hin zu (noch) mehr moderner Härte. Dies dokumentiert sich etwa durch Songs wie "Falscher Heiland". Doch auch Zeitlos-Unverzichtbares wie "Die Schlacht" bringen Eric Fisch, Frau Schmitt, Bodenski und Konsorten zu Gehör - recht so. An Feuereffekten wird so wenig gespart, dass zwischenzeitlich das Wackenlogo, der brennende Stierkopf, fast verdunkelt scheint. Mehrfach werden Zusagen verlangt und auch gewährt, zuletzt noch "Abendland", als viele Zuschauer die Hoffnung schon aufgegeben und sich Richtung Schlafsack orientiert haben.

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Surfempfehlung:
www.wacken-open-air.com
www.dew-scented.de
www.welcome.to/thequill
www.get.to/ent
www.seventhone.net
www.thecrownonline.com
www.gamma-ray.com
www.twistedsister.com
www.lordi.org
www.subwaytosally.de
Text: -Klaus Reckert-
Fotos: -Gaesteliste.de Metal-Detektoren (Kunze, Reckert)-


 
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