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Konzert-Bericht
 
Volles Pfund aus deutschen Landen

Helloween
Rage/ Mob Rules

Köln, Live Music Hall
27.11.2003

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Helloween
Bis in die Mitte der achtziger Jahre geht die wechselhafte Geschichte der befreundeten Metalbands Rage und Helloween zurück, und wenn sich die beiden auch noch gemeinsam ankündigen, weiß der Kenner, dass er hier nur aufs Angenehmste belärmt werden kann. So geschehen in der Live Music Hall, in die das Doppelpack dann auch ein zahlreiches Publikum durchs übel verregnete Köln lockte und vor vollem Haus vom Leder zog.
Zunächst gab es aber eine kleine Holprigkeit in der Vorankündigung zu bewältigen: Eigentlich wussten nur Insider, dass die norddeutschen Melodicrocker Mob Rules um Vocalistikus Klaus Dirks mit von der Partie waren, und als die Lichter dann auch noch mehr als 30 Minuten früher als angekündigt ausgingen, war die Halle bestenfalls halb gefüllt; schade eigentlich, denn die Darbietung des u.a. auch Wacken-erprobten Sextetts ist durchaus hörbar. Der aktuelle Bezug zu den beiden Headlinern ist u.a. der, dass beide Bands zur Aufnahme des (gerade noch) aktuellen Albums "Hollowed Be Thy Name" (Gaesteliste.de berichtete) Abgesandte zur tatkräftigen Mithilfe ins Studio schickten. Beim Auftritt half Mickey von Metalium für den verhinderten Drummer aus. Mob Rules boten relativ simple, klare Kompositionen in gutem Sound. Neben "Hollowed Be Thy Name", "Speed Of Life" und "Salvation Game" gab es passend zum Außenklima noch "In The Land Of Wind And Rain" sowie den "Rain Song". Das Publikum war erfolgreich in dem Versuch, mangelnden Andrang durch gute Stimmung auszugleichen; trotzdem musste - wohl aus Zeitgründen - auf eine Zugabe verzichtet werden.

In der ca. halbstündigen Umbaupause füllte sich die Halle zusehends, und von etlichen Stimmen im Publikum war zu hören, dass man ja eigentlich wegen Rage gekommen war. Mastermind Peavy Wagner (an Bass und Vocals, mit Bartzopf, aber ohne Deckelbehaarung) gründete die Band, die sich seitdem als einer der Meilensteine deutschen Metals durch die Geschichte rockt, bereits 1983. Seit Mitte der 90er ist die Besetzung international: Die dünneren Saiten werden vom Weißrussen Victor Smolski fachmännisch gefoltert, und Mike Terrana aus den USA verprügelt mit beachtlichem Körpereinsatz sein Drumset. Zuletzt hat das Trio beim diesjährigen Wacken Open Air bewiesen, dass es auch ein großes Publikum spielerisch bedienen kann. Von Beginn an stellten Rage ihr aktuelles Konzeptalbum "Soundchaser" (klar: Gaesteliste.de berichtete) würdig vor: "War Of Worlds", "Great Old Ones" und der Titeltrack begeistern immer wieder aufs Neue. Wagners rauer, aber melodischer Gesang und Smolskis sauberer, kraftvoller Gitarrenstil ergänzen sich hervorragend. Aber auch zahlreiche ältere Songs wie "Sent By The Devil", "Firestorm" oder "Down" reißen die Halle mit. Zwischendurch darf Smolski, der von der Bratgitarre bis zu äußerst melodischen Parts so ziemlich alles beherrscht, in einem ausgedehnten Solo irre schnell und wendig, mit überraschenden spielerischen Effekten zeigen, was man technisch mit so einer Klampfe machen kann. Ebenso Terrana: Bei seinem sphärischen(!) und vielschichtigen Drumsolo mit artistisch rotierenden Drumsticks bringt er sein Podest samt Drumset bedrohlich ins Wanken. Der balladeske Anfang von "Set This World On Fire" lässt kurz Platz für zahlreiche Feuerzeuge, Mitklatschen und -singen, aber dann regiert wieder die Power. Wagner agiert hammerhart und humorvoll, gibt alles und schwitzt trotz fehlender Matte wie aus Eimern. Nach "Don't Fear The Winter" ging es dann langsam gen Ende, aber die Chöre in der Halle forderten energisch den Publikumsliebling "Higher Than The Sky", der sich in der Tat wie wenige zum Mitsingen eignet; dem leisteten Rage natürlich noch Folge. Eine sehr sympatische Band mit ausgezeichneten Livequalitäten; erste Sahne, meine Herren!

Die ersten Spuren der Kürbisköpfe von Helloween geistern von Hamburg ausgehend bereits seit 1979 durch die Welt. Seit 1984 nennen sich die Jungs Helloween und begründeten in dieser Zeit die Ära des deutschen melodischen Speedmetal, die schnell zahlreiche Nachahmer fand. Während etlicher Umbesetzungen prägten u.a. so bekannte Namen wie Kai Hansen (heute Mastermind von Gamma Ray) oder Michael Kiske den Stil mit einigen unvergesslichen Alben und pflanzten die Band auf eine internationale Erfolgswelle, die bis heute unvermindert anhält. Allerdings ist die musikalische Entwicklung der letzten Scheiben bis zum aktuellen Album "Rabbit Don't Come Easy" (selbstverständlich reviewte Gaesteliste.de auch hier) unter Fans der ersten Stunde heftig umstritten. Aber schon die ersten, stürmischen Töne straften alle Kritiker Lügen: Auch die aktuelle Besetzung - vom ursprünglichen Line-Up sind nur noch Markus Großkopf am Bass und Michael Weikath als einer der Gitarristen am Ball - versteht es, den Fans alte Gassenhauer wie "Starlight" oder "Murderer" (das hatte damals noch Kai Hansen gekreischt) mit unverbrauchter Energie um die Gehörlappen zu klatschen. Es folgte das 16 Minuten Epos "Keeper Of The Seventh Key", eins der bemerkenswertesten Stücke der Bandgeschichte; das Publikum zeigt sich überrascht und begeistert und wird von dem durchweg sicher agierenden Frontman Andi Deris mit anzüglichen Bemerkungen über die "Tourmesslatte" belohnt, die sich gerade auf dem aufsteigenden Ast befand. Aus der Keepers-Zeit folgten "Futureworld", das wunderschöne "Eagle Fly Free" und "Dr. Stein"; dann verließen Helloween die ganz alten Zeiten und hangelten sich quer durch die ganze Bandgeschichte. Die Band vermittelt durchweg souveräne Instrumentenbeherrschung, jede Menge Spiel- und Zankfreude ("Ey du, pussy don't come easy...") und einen engen Kontakt zum Publikum. Natürlich durften auch die üblichen Links-Rechts-Mitsingspiele für die Fans nicht fehlen, wobei sich Deris auf einen schmalen Grat zwischen Anheizen und Anbiedern begab, ohne aber wirklich abzurutschen. Schließlich sorgte ja auch die Tourmesslatte für fortgesetzte Motivation. Helloween verstehen es, auch das neuere Songmaterial auf der Bühne so mitreißend zu präsentieren wie die Klassiker. Die Hörerschaft war begeistert und zwang die Kürbisse mit "Happy happy halloween"-Chören für mehrere Zugaben zurück auf die Bühne, die dann in Form eines ausgedehnten Drumsolos und "Sun 4 The World" bereitwillig gewährt wurde. Zum Schluss gab es noch mal Reminiszenzen an ganz alte Zeiten: Der Speedmetal-Reißer "How Many Tears", beginnend mit einer Kammermusik-Parodie und sehr schön gekrischen von Andi Deris. Respekt, Respekt; Deutschlands wohl erfolgreichster Metal-Export ist weit von Tendenzen in Richtung Vorruhestand entfernt!

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Surfempfehlung:
www.helloween.org
www.rage-on.de
www.mobrules.de
Text: -Stephan Kunze-
Foto: -Stephan Kunze-


 
 

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