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Countdown to sophistication

Rickie Lee Jones

Köln, Alter Wartesaal
09.12.2003

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Rickie Lee Jones
Dass Rickie Lee Jones um einen besonders persönlichen Kontakt zum Publikum bemüht war, konnte man ihr nun wirklich nicht vorwerfen. Inmitten ihres kleinen, aber feinen Orchesters spielte sie - relativ weit vom Bühnenrand entfernt - statt dessen eher ziemlich egozentrisch vor sich hin und haderte dabei mit der Technik und ihren Musikanten. Nun: Als Diva darf man so was. Nicht umsonst ist die kleine Frau mit der großen Stimme mittlerweile so etwas wie eine lebende Legende. Und nicht dass das Publikum besonderer Fürsorglichkeit bedurft hätte: Dieses bestand zum größten Teil aus gestandenen Leuten in der Mitte ihrer Pracht (die überproportional damit beschäftigt schienen, während der Show ihre Kleidung zu sortieren, Rucksäcke zu packen oder sich sonstwie personalorganisatorisch zu betätigen). Sei's drum: Rickie war vor allen Dingen ihren Mitstreitern eine strenge Mutter an diesem Abend, die zwar durchaus musikalisch brillierte, dieses aber auch ohne wenn und aber von allen anderen verlangte: Jeder noch so kleine tatsächliche oder gedachte Lapsus wurde mit schneidendem Sarkasmus von ihr kommentiert - sei es nun, dass sie sich im Monitor nicht hören konnte, sei es, dass ihr das Tempo missfiel oder sei es, dass die Soli nicht so und dort kamen, wo sie sich diese im Moment gerade gewünscht hätte.
"Look up from your instrument if you want to play with me", skandierte sie z.B. in einem Stück, um den Bassisten zur Rechenschaft zu ziehen. Letztlich war dies aber nur marginales Beiwerk. Man war ja schließlich nicht gekommen, um Rickie Lee Jones' didaktische Methoden zu kritisieren, sondern - erstmals in Köln - ihren Songs zu lauschen. Und hier überraschte Rickie mit der Songauswahl: Obwohl des Öfteren nach "Chuck E." gerufen wurde, spielte sie lieber die Songs des neuen Albums "The Evening Of My Best Day", als etwa dem Publikum die Juke-Box zu sein. Und als dann ein Stück für einen alten Freund gespielt wurde, war das stattdessen Lowell Georges "Long Distance Love". Ansonsten gab es - zumindest anfangs - zunächst einmal die neuen Sachen. "Lap Dog" - der vielleicht puristischste Blues des Abends kam gleich als erstes Stück, gefolgt von dem keltisch beeinflussten "A Tree On Allenford" und dann gab's auch schon bald ihre Verbeugung vor Steely Dans "Countdown To Extasy" und natürlich "Ugly Man", das - so Rickie - zwar auf viele Männer passen könnte, aber ausdrücklich für George Bush geschrieben sei. Das war dann stilistisch alles sehr vielfältig - aber angesichts der hervorragend besetzten, achtköpfigen Band kein Problem. Überhaupt Steely Dan: Das, was die Rickie Lee Jones Band bot, wenn sie denn gelassen wurde, hatte schon etwas von der spielerischen Leichtigkeit, mit der Fagen & Becker in den 70s Jazz und Rock und Pop zusammenführten. Das reichte vom tierischen Groove über psychedelischen Folk bis zum knallenden Blues. Nur rocken konnten die Herren nicht so richtig - wozu sie aber auch nicht wirklich genötigt wurden. Mit mindestens zwei Gitarren, zuweilen zwei Bässen, diversen Bläsern, Keyboards, Vibraphon, Geige, Mandoline, Mundharmonika und Bongos war die Combo ja auch nicht schlecht ausgestattet. Und all dieses Brimborium wurde dazu benutzt, möglichst behutsam alle möglichen Schattierungen aus Rickies Songskizzen herauszuschälen.
Dabei ging es vergleichsweise impulsiv und locker zu - was vor allen Dingen an den momentanen Eingebungen der Meisterin lag. Den Musikern blieb nichts anderes übrig, als Rickie an den Lippen zu hängen und darauf zu hoffen, ihre Gemütsschwankungen richtig zu interpretieren. Zur Mitte des Konzertes hin begab sich Rickie dann an's Piano: "Ich werde einen Cocktail trinken, wenn ich diese Piano-Songs fertig habe", meinte sie schmunzelnd. Dabei war das, was folgte keineswegs Bar-Jazz sondern für viele der eigentlich wichtige Teil des Abends. Mittels epischer Klassiker vom Formate "Pirates" oder "Magazine" führte Rickie dann nämlich einen höchst intensiven Seelen-Striptease auf, der wohl niemanden so richtig unberührt ließ - wenngleich das Tempo praktisch vollständig zum Erliegen kam. Die Vibes kamen hier woanders her. Doch auch auf der Gitarre überzeugte Rickie gelegentlich mit ruhigen Tönen: "Cycles" von "It's Like This" geriet (schon alleine deshalb, weil es offensichtlich vorher nicht geprobt worden war) zu einem simplen Folk-Song - der aber gerade deshalb seine Wirkung nicht verfehlte. Natürlich wurde das Tempo dann zum Schluss noch einmal angezogen, bis es dann bei "Flying Cowboys" fast ein wenig zu laut wurde. Das war aber eher die Ausnahme: Soundmäßig lief das Ganze auf einem sehr angenehmen Jazz-Club-Level ab. (Das erklärte vielleicht auch den Szenenapplaus nach jedem halbwegs vernünftigem Solo). Zum Schluss überraschte Rickie dann noch mit der unplanmäßigen Zugabe des eher ätherischen "Ghostyhead" - was dann einen eher besinnlichen Abschluss darstellte. Fazit: Trotz langer Pause hat Rickie Lee Jones sicher nichts von ihrer kreativen Energie eingebüßt - wenngleich sie beim Live-Vortrag dann zuweilen doch ein wenig zu selbstverliebt agierte. Aber wie gesagt: Diven dürfen so etwas.

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Surfempfehlung:
www.rickieleejones.com
Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-

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