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Konzert-Bericht
 
Mädchenpogo

Astra Kid
Locas In Love/ Slowtide

Essen, Grend
07.02.2004

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Astra Kid
Als wir vor der Bühne die Herren von Astra Kid zum Blind Date abholen wollten, trauten wir unseren Augen kaum: Vor dem Saal des Grend ging es zu wie in einem Mädcheninternat: Vermutlich nicht unbedingt das Publikum, das Astra Kid bei ihren Konzerten erwarten, aber es gibt wahrlich Schlimmeres als Dutzende Girlies, die die Bühne belagern - und ein Größendurchschnitt von schätzungsweise 1,65 Meter ließ auch einen guten Blick aus den hinteren Reihen zu. Tags zuvor in Emden durften Astra Kid nur so viele Leute begrüßen, dass es gerade einmal für eine Fußballmannschaft gereicht hätte. In Essen dagegen gab's nach der Show Sekt statt Selters für die größte Zuschauerzahl der Tournee bisher. Aber schließlich hatten die vier in Essen auch (fast) ein Heimspiel, und im Grend standen sie auch bereits zum vierten Mal auf der Bühne. Zuvor jedoch gab es noch zwei Supportacts.
Kevin Werdelmann alias Slowtide ist aufmerksamen Lesern dieser Seiten auch kein Unbekannter mehr. Im Grend spielte er nach einem Gastspiel mit Band letzten Sommer dieses Mal alleine, nur mit einer Akustikgitarre als Begleiter, und schlug sich dabei tapfer. Denn obwohl seine typisch britischen Popsongs alles andere als schlecht sind (und er sogar mit "Fake Plastic Trees" eine Radiohead-Coverversion zum Besten gab) - mehr als artigen Applaus konnte er dem Publikum für die Tatsache, als einer der wenigen in unseren Breiten auch weiter die Britpop-Fahne hochzuhalten, an diesem Abend nicht abringen.

Ein ähnliches Kompatibilitäts-Problem hatten anschließend auch Locas In Love, die die Situation allerdings wesentlich souveräner meisterten. Bei ihrem letzten Konzert vor den nun endlich startenden Aufnahmen zu ihrem ersten Album präsentierte sich das Kölner Quartett - nicht nur ob des neu angeschafften Equipments - professioneller als je zuvor und probierte ohne Rücksicht auf Verluste auch alle möglichen Gags aus dem Kinoknüller "School Of Rock" am zunächst etwas verwirrten, dann aber doch amüsierten Astra-Kid-Publikum aus. Mit dem ungewöhnlichen Surf-Instrumental "Lemmy Caution", dem bei jedem Auftritt besser werdenden "In My Life" (an diesem Abend dem verstorbenen Rocco Clein gewidmet) und dem "Hit" (O-Ton Björn Sonnenberg) "Die Apokalypse erreicht Mühlacker" machten die äußerst gut gelaunten Locas auf der Bühne eigentlich auch alles richtig. Die vier verabschiedeten sich mit ihrer neuesten, derzeit noch unbetitelten Krachorgie (unser Titelvorschlag: "Die Apokalypse erreicht Essen"), die nahtlos in das von Drummer Kurt Kreikenbom gesungene Velvet-Underground-Cover "All Tomorrow's Parties" überging und bei der sich Björn einmal mehr so ekstatisch am Boden wälzte, dass er dem Gitarristen Jan Niklas Jansen gleich mehrfach das Kabel aus den Effektgeräten riss... Das war in der Tat die große Schule des Rock!

Dann war es Zeit für die eigentlichen Helden des Abends - Astra Kid. Sie sind seit geraumer Zeit unterwegs, laut Sänger Pele haben sich auch schon die ersten Ermüdungserscheinungen eingestellt, doch davon war im Grend nicht besonders viel zu sehen. Gut gelaunt ging es direkt in die Vollen, es wurden vor allem die Songs aus dem aktuellen Album "Müde, ratlos, ungekämmt" dargeboten, aber auch ältere Stücke wie "Konfuse Situation eines verwirrten Tages" befanden sich im Set. Dargeboten ist eigentlich untertrieben, denn es machte einfach Spaß, der bestens aufeinander eingespielten Band zuzusehen - und sich auch dazu zu bewegen, was vor allem der weibliche Teil des Publikums beherzte, und prompt von Pele leicht schmunzelnd gelobt wurde: "Mädchenpogo ist klasse! Ihr seid viel freundlicher als die Jungs!" Woraufhin es sich der männliche Teil des Publikums natürlich nicht nehmen ließ und richtig Gas gegeben hat. Nettes Schmankerl auch noch gegen Ende des Konzerts: Beim Song "Rockmusik" wurden Rhythmuskäfer Honkilie und Astra-Naut Conner auf die Bühne gebeten, um beim Kanon tatkräftig mitzumischen - hinzu gesellten sich noch auf Peles Einladung fünf Mädels aus der ersten Reihe, die dann (durch Astra-Nautin Sahnie) doch sechs waren. Klasse Unterhaltung, klasse Musik, klasse Band. Mehr davon!


Astra Kid
BLIND DATE MIT: ASTRA KID

Vor dem Konzert baten wir Sänger Pele und Bassist Andre in's Essener Gaesteliste.de-Quartier, um die beiden auf ihr musikalisches Wissen zu testen: Das Blind Date!







* Nova International "One Decision" ("Nova International", BMG, 2003)

Pele: "Ganz klar: Nova! Das sind sehr nette Jungs, mit denen man auch klasse feiern kann!"

GL: Nun verkaufen die ja komischerweise nicht besonders viele Platten, manche sagen, es liegt vielleicht daran, dass sie englische Texte haben - ist das eine Erfahrung für euch als eine Band, die das anders angeht und bei der die musikalischen Vorbilder vielleicht gar nicht mal so weit entfernt sind, die ihr bestätigen könnt?

Pele: "Ich glaube nicht mal, dass das an den Texten liegt, und ich denke sogar, dass Nova mehr Platten als wir verkaufen...und die sind halt so eher in der Schweiz und Österreich wesentlich bekannter als in Deutschland."

GL: Hegt ihr auch Ambitionen, dort erfolgreicher zu werden, oder wollt ihr erstmal Superstars in Deutschland werden?

[Allgemeines Gelächter]

Pele: "Superstar werden ist ja auch eigentlich nicht so das Ziel - es wäre einfach schön, davon über die Runden kommen zu können..."

* Franz Ferdinand "Take Me Out" ("Franz Ferdinand", Domino, 2004)

Pele: "Ich würde jetzt auf Jet tippen, aber das ist es nicht, oder?!?"

Andre: "Franz Ferdinand natürlich!"

GL: Mehr als nur Hype?

Andre: "Meine Freundin kommt aus München, und sie war damals mit dem Gitarristen Nick McCarthy in einer Stufe, er hatte ja früher in München gelebt, und ich habe die Band auch schon live gesehen...ich finde schon, dass sie auch in Deutschland durch den Hype bekannt geworden sind...ganz klare Geschichte. Es ist irgendwie nichts neues..."

Pele: "Es klingt halt wirklich wie eine Symbiose aus Jet und den Strokes. Gut, die machen das zwar jetzt auch schon etwas länger und werden da sicher nicht unbedingt abgekupfert haben...es ist zwar ganz schön, aber das bewegt mich momentan nicht besonders, weil es davon so viel gibt."

GL: Das heißt dann für euch, dass ihr lieber den etwas langsameren Aufstieg bevorzugt und nicht nach dem Bohlen'schen Modell vorgeht, einmal groß abräumen und dann weg vom Fenster?!?

Pele: "Auch gerne genommen sind da Fool's Garden...ohje...nein, so wollen wir es auf keinen Fall! Damals, als wir angefangen haben und uns bei unserem jetzigen Verlag [Wintrup] vorgestellt haben, da wurde uns die Frage gestellt, wie wir es denn gerne hätten. Hätten wir damals gesagt, dass wir sofort bekannt werden wollten, dann hätten die ganz anders gearbeitet, wahrscheinlich wäre es dann auch so gelaufen, dass wir uns Stücke hätten schreiben lassen. Aber das wollten wir nicht, denn wir wollten uns weiterentwickeln, und wenn man das alles zu früh pusht, dann besteht die Gefahr, dass danach nichts mehr kommt. Deswegen finde ich den 'normalen' Weg schon besser, denn man sollte einfach viele Konzerte gespielt haben, bevor man auf so einer großen Bühne steht."

Andre: "Dann hat man auch so ein positiveres Gefühl - wir kommen halt aus dem Ruhrgebiet: Erst die Arbeit, dann das Vergnügen!"

* Wir sind Helden "Denkmal" ("Die Reklamation", Reklamation Records/Labels, 2003)

Pele (nach ungefähr einer Milisekunde): "Wir sind Helden! Die netteste Band der Welt!"

Andre: "Und sie haben es verdient!"

GL: Ihr seid ja neulich mit den Helden als Support auf Tour gewesen - haben sich diese Auftritte im Nachhinein positiv oder negativ für euch ausgewirkt?

Pele: "Das hat sehr viel gebracht! Wenn wir jetzt irgendwo spielen, sind da immer mal wieder ein paar Helden-Shirt-TrägerInnen im Publikum. Wir hatten damals auch immer mehr darauf hin gearbeitet, so Sprüche zu bringen wie 'Wir wollen die beste Vorband der Welt werden!', und die Helden-Fans fahren auch zu jedem Konzert hinterher. In Essen wurden wir dann auch mit einem riesen Applaus empfangen, womit wir halt überhaupt nicht gerechnet hätten - das waren halt Leute, die uns schon auf den anderen Konzerten gesehen haben, die wir mit denen gespielt hatten, oder auch mal so. Es kam dann auch schon mal vor, dass Leute auf dem Konzert mit einem Plakat ankamen: 'Beste Vorband der Welt' oder auch 'Helden-Vorband' Seitdem haben wir auch zwei Fanclubs."

* Sportfreunde Stiller "1. Wahl" ("Burli", Motor Music, 2004)

Andre: "Wohlstandskinder?"

GL: Negativ. Ist zwar noch unveröffentlicht, aber die Band ist sehr bekannt.

Pele: "Angelika Express ist es auch nicht, oder?"

GL: Nein...die Band ist aus München...

Pele: "Deutschsprachige Band aus München...[ungläubig] Es sind nicht die Sportfreunde, oder?"

GL: Treffer!

Pele: "Unglaublich! Das sind echt die Sportfreunde? Darauf wäre ich nie gekommen...sehr schräg..."

* Alice In Chains "Would?" ("Dirt", Epic, 1991)

Andre: "Das kenne ich...das ist schon was älter...Alice In Chains! Genau wegen solcher Bands mache ich Musik!"

Pele: "Auf jeden Fall eine großartige Band. Ich habe mir letztens mal wieder die 'Core' von den Stone Temple Pilots angehört, und ich muss zugeben, dass es mir mittlerweile schon fast zu hart ist. Ich weiß nicht, ob ich so soft geworden bin?!? Wenn man sich jetzt mal sowas anguckt, was man selber mal umsetzen möchte, klingt das teilweise schon sehr - wie unser damaliger Produzent Hannes Jaeckl sagte - nach Hosenkneifer-Rock. Aber das sind halt Bands, die dürfen das, weil das zu der Zeit uns auch sehr musikalisch geprägt hat."

* Sons Of Jim Wayne "Angry Man" ("Sweet Madonna", Warehouse, 2003)

Pele: "Sind das Waltroper? Ja? Jim Wayne Swingtett? Oder die Sons Of Jim Wayne?"

Andre: "Schade, dass es Whoa! nicht mehr gibt!"

Pele: "Ja, stimmt, Whoa! war auch ein Grund für uns, eine Band zu gründen! Wir sind immer zu den Konzerten gegangen und haben immer sehr erfürchtig aufgeschaut...ich habe leider das wohl lustigste Konzert verpasst, in einem Waltroper Cafe - alle waren wohl sehr lustig drauf, und wollten gerade das nächste Stück anfangen, bis sich dann herausstellte, dass alle am falschen Instrument saßen!"

* Van Halen "Hot For Teacher" ("1984", Warner Bros., 1984)

Pele (während des langen Drum-Intros): "Ist das jetzt Heavy Metal?"

Andre (als die Gitarre einsetzt): "Das kenne ich doch...Daft Punk haben das doch gesamplet...es liegt mir auf der Zunge..."

GL: Amerikanische Band mit einem holländischen Namen.

Pele: "Van Halen? Hm, das hätte ich auch wissen müssen, denn ich habe einen Gitarren-Schüler, der will immer Metal und so spielen, deswegen kenne ich mich da auch ein bisschen aus. Aber an dieser Stelle habe ich jetzt total versagt! Sorry!"

Andre: "Das wäre was für Marc, unseren Schlagzeuger, gewesen! Der kennt sich damit aus!"

Pele: "Ich hatte ja jetzt fast mit Blind Guardian gerechnet - das war nämlich unser beider erstes Konzert...damals haben wir Blind Guardian, Manowar und sowas gehört. Um Gottes Willen! Ich war damals 13, du warst 14, und in dem Alter hättest du mir eigentlich schon sagen müssen, dass wir da nicht hingehen sollten!"

Andre: "Ich glaube, ich würde mir immer noch ein Blind Guardian Konzert ansehen - einfach so zum Spaß! Aber zum Glück schauen wir uns heutzutage ja die besseren Konzerte an..."



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Surfempfehlung:
www.astrakid.de
www.locasinlove.de.vu
www.slowtide.com
www.astra-nauten.de
www.astrakids.de
Text: -David Bluhm & Carsten Wohlfeld-
Fotos: -Carsten Wohlfeld-

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