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Konzert-Bericht
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Eine große Verneigung vor 30 Jahren Rock'n'Roll
Cellophane Suckers
The Bordells
Wiesbaden, Kulturpalast 13.03.2004
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"Wo man singt, da lass dich ruhig nieder - böse Menschen haben keine Lieder", dichtete einst der Schriftsteller Johann Gottfried Seume (1763 bis 1810). Dies hätte auch die Devise des Konzert-Abends am letzten Samstag im Wiesbadener Kulturpalast sein können, den die beiden Punk'n'Roll-Bands Cellophane Suckers und The Bordells bestritten. Der Kulturpalast in der hessischen Landeshauptstadt ist schon ein recht lauschiger Musikclub. Er verfügt nicht nur über eine gemütliche Kneipe und einen kleinen dunklen Konzertraum, sondern auch über eine geräumige Terrasse im Außenbereich, auf der man bei den entsprechenden Temperaturen im Frühjahr und Sommer einen prächtigen Blick über die Altstadt von Wiesbaden genießen kann. Für ausgelassene Party-Abende ist dieses Amüsiergehege also äußerst geeignet.
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Eine ausgelassene Party kam auch bei den Bordells in Schwung, die im Vorprogramm das Rock-Konzert souverän eröffneten. Die Bordells waren klar im Heimvorteil und zogen das Publikum schnell auf ihre Seite. In ihrem eng gesteckten Rahmen polterte die Wiesbadener Band mit deftigem Rock'n'Roll, Punk, Blues und Soul drauf los, stets mit rotzigem Charme und hemdsärmeliger Attitüde. In ihrer Heimat sind die Bordells seit der Gründung 2001 längst zu Gassenhauern avanciert, die Konzerte des Quintetts sind berüchtigt und oft ausverkauft, ihre selbst produzierte CD "Selected Fine Rock'n'Roll Music" verkauften sie in einem halben Jahr über 200 Mal. Im Kulturpalast entledigten sich die fünf Herren ihrer Hemden und spielten mit nackten Oberkörpern weiter, zwischendrin hauten die Bordells dem Publikum ein AC/DC-Cover um die Lauschlappen. Wer von den Bordells nicht genug bekommen haben sollte, konnte die Truppe wenige Tage später noch einmal im Wiesbadener Schlachthof erleben, wo sie am Mittwoch den Support für Gluecifer machten.
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High-Speed-Garage-Punk'n'Roll made in Germany! So umschreiben die Cellophane Suckers aus Köln ihre Musik in Eigendefinition. Ihre Lieder wirken wie Kanonenschläge. Um Ideen für ihre Songs zu sammeln, bedienen sich die Suckers an 30-jähriger Rock-Geschichte, doch Haupteinflüsse sind vor allem die Rolling Stones, New Bomb Turks, Stooges oder Saints. Dem jungen deutschen Fernsehvolk dürften die Cellophane Suckers mittlerweile bekannt sein, hatten die sechs Kölner doch vor kurzem einen Auftritt in Stefan Raabs Sendung "TV Total". Seit 1993 reisen sie wie fahrende Minnesänger im Mittelalter quer durch die Lande dieser Nation und beschallen die Clubs, die Geschichte der Cellophane Suckers riecht nach durchschwitzten Nächten, nicht nach Designer-Parfüm. Kennen gelernt haben sich die Suckers vor über einem Jahrzehnt an einer Aral-Tankstelle - hätte jemand etwas anderes erwartet? Etwas besonderes in dem schmutzigen Schweinerock des Sextetts stellt Keyboarder Stefan Mohr dar, der mit seinen beiden E-Orgeln den vielen Songs einen leichten 60s-Touch einhaucht. Tastenmann Stefan Mohr ist noch nicht lange in der Combo dabei und unterstreicht den Ehrgeiz der Cellophane Suckers, die ihren Sound in den nächsten Jahren weiterentwickeln und vielschichtiger gestalten wollen. Die Suckers spielten schon mit Turbonegro, Zeke, New Bomb Turks, Grouvie Ghoulies, Electric Frankenstein, Beatsteaks, Flaming Sideburns und den Hives. Ein Höhepunkt war aber die Deutschland-Tour mit den Hellacopters. Auch in Wiesbaden setzten die Kölner das Erwartbare über Gebühr gut um. Ins Auge stach der gockelhafte Sänger Sven Wixner, der sich bei einem Song vor dem Schlagzeug hinkniete, einen Schluck Bier aus der Flasche nahm, den Kopf in den Nacken warf und den Gerstensaft zum Rhythmus der Musik wie eine Fontäne aus dem Mund schießen ließ. Für manche Leute besitzt Rockmusik eben immer noch eine Vorbildfunktion für einen alternativen Lebensentwurf.
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Surfempfehlung:
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Text: -Christian Hoffmann- Fotos: -Christian Hoffmann-
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