Den Headliner trennten von dieser Provinzkapelle allerdings Welten. Pretty Girls Make Graves aus Seattle haben einige gute und ein paar ganz brilliante Songs. Die sind intelligent, knarzig, grooven und wirken dabei nicht sonderlich amerikanisch, wenn sie auch an solch glorreiche (Post-)Punk Gruppen wie Television erinnern. Darüber hinaus versprühte das quirlige Energiebündel Andrea Zollo, als sie auf der Bühne rumhüpfte und ihre nassen Haare umherfliegen ließ, nicht nur Schweißperlen, sondern auch ordentlich Charisma. Dass es dann doch so schweißtreibend wurde, lag nicht nur am Knaack Klub, sondern daran, dass der Bär steppte. Irgendwann, vielleicht war es beim grandiosen "Speakers Push The Air", als Bassist Derek Fudesco der Schweiß ins Gesicht lief und Andrea Zollo in die Knie ging, da gewann man einen kleinen Eindruck davon, wie es 1979 gewesen sein könnte. Rein optisch fühlte man sich jedoch eher an das Seattle vor 15 Jahren - bzw. dessen Mythos - erinnert, als es dort noch Bands gab, denen außer der Musik alles egal war und die auch so spielten. Während das aktuelle Album und Matador Records-Debüt "The New Romance" im Vordergrund stand, bot die Band auch einen kleinen Vorgeschmack auf neues Material, das, wie Andrea Zollo beim Small-Talk mit Gaesteliste.de ankündigte, nach der Tour aufgenommen werden solle. (Der Umstand, dass Gitarrist Nathan Thelen vor einiger Zeit die Band verlassen hatte und somit Keyboarder / Gitarrist J Clark den Job übernehmen musste, kam den allgemeinen Live-Sound auch zugute - so ging die Sangesleistung von Andrea Zollo nicht so sehr im Gitarren-Sound unter - die sparsam eingesetzten Keyboard-Einsätze wurden abwechselnd von Andrea, J und Drummer Nick Dewitt übernommen.)
Und während ungefähr zeitgleich Velvet Revolver nicht allzu weit entfernt dem Publikum nach 55 Minuten den Stinkefinger zeigten, gaben Pretty Girls Make Graves unvorbereitete Zugaben für die tanzende Meute, gaben hinterher Autogramme und quatschten mit Leuten, die sich von Schweißgeruch nicht verjagen ließen.