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Konzert-Bericht
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"Meine Plattensammlung ist mir wichtiger als Deutschland"
Olli Schulz & Der Hund Marie
Dortmund, FZW 04.09.2004
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Damit erst gar keine Missverständnisse aufkommen: Wir mögen Olli Schulz und seine Songs! Das haben wir hier ja nun auch wirklich oft genug erwähnt. Trotzdem - sein Auftritt im Rahmen der nach Dortmund zurückgekehrten Visions-Party war an diesem lauen Samstagabend nicht gerade eine Sternstunde. Für all diejenigen, die das Konzert mit dem richtigen Alkoholpegel als Aftershowparty zum Wir sind Helden-Konzert in Wattenscheid betrachteten - wo Astra Kid als Vorgruppe einfach toll waren und die Helden, nicht zuletzt ob eines streckenweise etwas schlappen Publikums, bisweilen so lustlos wirkten, wie man das beim vorletzten Konzert einer Endlostournee sein darf, aber nicht muss -, war's eine nette Abendunterhaltung. Diejenigen, die vor allem wegen Ollis schönem "Brichst du mir das Herz, dann brech ich dir die Beine"-Album nach Dortmund gekommen waren, kamen vermutlich nur bedingt auf ihre Kosten.
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Nun gut: Dass Olli bei seinen Konzerten mehr redet als Songs spielt, ist bekannt, aber das funktioniert natürlich nur, wenn die Stories letzten Endes wirklich besser sind als die Lieder - und das waren sie an diesem Abend einfach nicht. Mal abgesehen davon, dass sich Olli (dessen Partner Max Schröder nur durch seine kurzen Mundharmonikaeinlagen auffiel, während sein Stromgitarrenspiel zumindest in den hinteren Reihen weitestgehend unhörbar blieb) im erstaunlich gut gefüllten FZW ein paar Mal zu oft über den Monitorsound beschwerte, waren Geschichten über geplatzte Badeshorts (ein offenbar traumatisches Kindheitserlebnis des Protagonisten) leider ebenso fehl am Platze wie der Kollegen-Rundum-Diss. In anderthalb Sätzen machte der Hamburger jedenfalls The Prodigy und Soulwax wegen ihrer Musik und Mia und Virginia Jetzt! wegen ihrer Gesinnung nieder und blieb danach die Erklärung schuldig, warum es nur ihm erlaubt ist, seine Songs auf Compilations, die der Deutschtümelei verdächtig sind, zu veröffentlichen, den genannten Kollegen aber nicht. Die "Wovon soll ich leben?"-Wildcard zieht dabei jedenfalls nicht. Oder glaubt Olli wirklich, alle außer ihm seien auf diesen lukrativen Samplern der Überzeugung wegen mit von der Partie? Ein Gutes hatte dieses leidige Thema dennoch. Ollis abschließendes Statement dazu ("Meine Plattensammlung ist mir wichtiger als Deutschland") hatte wirklich Headlineformat. Ebenso wie die Songs seines Albums. Schade nur, dass großartige Nummern wie "Der Moment" (mit einem kurzen Abstecher zu "Personal Jesus"), "Unten mit dem King" oder "Song ohne Grund" bei all dem Klamauk etwas unterzugehen schienen.
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Vom "Comedy-Segment" der Show blieb dagegen leider nur sehr wenig hängen: Die zur Bankräuber-Hymne umfunktionierte Eagle Eye Cherry-Nummer "Safe Tonight" (sic!) zum Beispiel, der Groupie-Song "Backstage Baby" von Ollis Alter Ego Bibi McBenson oder die Einleitung des Mitmachteils des Konzertes (ein Zuschauer durfte "Wonderwall" von Oasis intonieren) im Sendung mit der Maus-Stil. Doch selbst diese Glanzlichter konnten eine junge Dame neben uns nicht davon abhalten, kurz vor Schluss zu sagen: "Der ist ja wie Otto!" Das war vermutlich nicht als Kompliment gemeint, und deshalb sollte Olli vielleicht den Titel seiner zweiten LP noch einmal überdenken. Wie die heißen soll? "Wenn ich du wäre, wäre ich lieber ich!"
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Text: -Simon Mahler- Foto: -Pressefreigabe-
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