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Wissen, was sich gehört

Green Day
The Donnas

Bochum, Zeche
01.10.2004
Green Day
Green Day in der Bochumer Zeche. Solch eine eher intime Show wollte sich natürlich niemand entgehen lassen, zumal es der einzige Gig in Deutschland war, und so waren die knapp 700 Tickets in Windeseile vergriffen. So drängelten sich Nachwuchs- und Mode-Punks, Popper und Rocker und Teile der Toten Hosen in die Zeche, um die alten Hits sowie die neuen Songs vom Konzept-Album (sic!) "American Idiot" live zu erleben und einfach mal wieder gepflegt zu moshen.
Zur Einstimmung legten The Donnas einen gelungenen Auftritt hin, der zwar nicht übermäßig hinreißend war (jetzt rein musikalisch betrachtet; optisch ist das natürlich eine ganz andere Angelegenheit), dennoch mit vielen neuen Songs vom kommenden Album "Gold Medal" (wird in Deutschland erst Anfang 2005 veröffentlicht) den Mangel beseitigte, den Kollege Ullrich Maurer noch vor einem Jahr beim Gig in Düsseldorf ausmachte: Live hörte sich das damals doch recht ähnlich an, die neuen Songs sorgten aber diesmal für mehr Abwechslung, weil es eben nicht mehr pausenlos drauflosgerockt wird, sondern die Schlagzahl auch mal runtergeschraubt wird. Die Single "Fall Behind Me" oder auch "It Takes One To Know One" zeigten in etwa, wo es hingehen wird mit den Donnas: Zwar immer noch sehr 70s Rock mit AC/DC- und Ramones-Anleihen, doch mit mehr Abwechslung. Natürlich sorgten "Hits" wie "Who Invited You" und "Take It Off" für den größten Jubel. (Übrigens legten die Donnas einen Tag später im Rahmen der Visions-Party im Dortmunder FZW zwar spielzeitmäßig nicht zu - eine knappe dreiviertel Stunde standen sie auf der Bühne -, legten aber dafür mehr Spielfreude an den Tag.)

Nach einer recht kurzen Umbaupause kündigte dann das pompöse "Also sprach Zarathustra" von Richard Strauß den Hauptgang an: Green Day. Da standen sie also, die drei Herren und machten direkt auf ganz dicke Hose. Aber warum auch nicht, und es war von Anfang an klar, dass vor allem Billie Joe Armstrong die tobenden 700 Leute vor seiner Nase fest im Griff hatte. Los ging es direkt mit "American Idiot" inklusive "Ich mach's vor - ihr macht es nach"-Gejole, die neuen Stücke "Jesus Of Suburbia", "Holiday", "Are We The Waiting" und "St. Jimmy" sorgten für weitere Stimmung, Drummer Tre zog wie immer seine Grimassen und tobte sich hinter seinem Kit aus, Bassist Mike Dirnt langte gekonnt cool in die Saiten. Unterstützt werden die drei übrigens zeitweise von zusätzlichen Musikern an Gitarre, Perkussion, Keyboard und 2-Mann-Bläser-Sektion. "Longview", "Basket Case", das Operation Ivy-Cover "Knowledge", "King For A Day" (inkl. "Shout") leiteten über zum The Clash-Cover "I Fought The Law", bevor es mit "Minority" zum großen Finale mit dem Queens-Cover "We Are The Champions" ging. Wie gesagt: Dicke Hose. (Zwischenzeitlich holte sich Billy Joe jemanden aus dem Publikum auf die Bühne, damit dieser Fan für einen halben Song lang den Gitarren-Part übernahm ("Man braucht bloß drei Akkorde!"), diese Aufgabe bestens löste und mit einem standesgemäßen Stagedive verabschiedet wurde.) Nach einen angeblichen Stromausfall kam Billy Joe mit einer Akustik-Gitarre bewaffnet zurück auf die Bühne, um "When I Come Around" anzustimmen, nach kurzer Zeit aber stand die komplette Band wieder auf der Bühne und rockte den Song zu Ende. Im Zugabenteil wurde dann noch "Johnny B. Goode" gecovert, eine Gitarre verschenkt und Teile des Drumkits zerstört. Die Jungs wissen eben, was sich gehört.


Green Day
NACHGHAKT BEI: GREEN DAY

Kurz vor dem Bochumer Konzert konnte Gaesteliste.de mit Bassist Mike Dirnt über das neue Album "American Idiot" sprechen.

GL.de: Wie fühlt man sich als ein Drittel von Green Day im Jahre 2004?

Mike: Es ist so, als hätte jemand unsere Batterien ausgetauscht. Seit "Dookie" haben wir uns zu Beginn einer neuen Albumphase nie mehr so sehr als Bandeinheit verstanden. Das liegt vermutlich daran, dass wir für dieses Album anderthalb Jahre lang jeden Tag ins Studio gegangenen sind. Das Ganze hatte Workshop-Charakter. Es gab nur eine Regel: Wenn du nichts hast, nimm IRGENDETWAS auf!

GL.de: Auf diese Weise entstanden 20 weitere Songs. Werden die nun zurückgelegt für das obligatorische 4-CD Boxset?

Mike: Nein, denn die Mastertapes für diese Songs wurden gestohlen. Eines Morgens kamen wir ins Studio, und die Aufnahmen waren einfach weg. Wir müssen erst noch checken, was sonst noch fehlt, was gar nicht so einfach ist, wenn du ein ganzes Studio voll gestopft mit allem möglichen Kram hast. Wir können von Glück sagen, dass die Aufnahmen nicht vor der Veröffentlichung unseres neuen Albums im Netz aufgetaucht sind.

GL.de: "American Idiot" ist eine klassische Konzept-Platte. Wie bloß kommt eine Band wie Green Day dazu, sich an so etwas heranzuwagen?

Mike: Billy Joe schrieb "American Idiot", und das zeichnete den Weg vor. Eines Tages kam ich ins Studio, und der Einzige, der noch da war, kam gerade zur Tür heraus und rief mir nur zu: "Schreib einen 30-Sekunden-Song". Also schrieb ich diese kurze Vaudeville-Nummer, die unglaublich pompös war. Ich habe versucht, den Song so groß wie möglich zu machen. Als die anderen den Song hörten, waren sie hellauf begeistert, und Billy hängte eines seiner Lieder daran. Dann war Tre an der Reihe, einen Teil hinzuzufügen. Dieses Spielchen dauerte ungefähr eine Woche, und plötzlich bekam das Ganze einen ziemlich ernsten Anstrich. Der größte Teil unserer Bemühungen ist nun auch auf der Platte. Es ist der Neuneinhalb-Minuten-Song "Homecoming" zum Schluss des Albums. Dieser Song war genauso energiegeladen wie alles von "Dookie" und ebenso kreativ wie vieles auf "Nimrod". Er schien all das widerzuspiegeln, was wir bisher gemacht hatten – und dabei kam alles ganz natürlich zustande und machte auch noch einen Heidenspaß! Da wussten wir, dass wir eine neue Herausforderung gefunden hatten und genau so weitermachen mussten!

GL.de: Das Konzept hört nicht bei der Musik auf, sondern es schließt auch das Artwork mit ein...

Mike: Ja, das Albumcover ist eng mit den textlichen Inhalten verbunden: Die Hand, die die herzförmige Handgranate hält, symbolisiert 'rage and love', was wiederum der Beginn der ersten Mini-Rockoper des Albums ist: "I'm the son of rage and love / The Jesus of suburbia". Dieses Thema zieht sich durch die ganze Platte.

GL.de: Hättet ihr eine solche Platte gerne schon vor zehn Jahren gemacht, oder hättet ihr es gar nicht gewollt?

Mike: Ich glaube nicht, dass wir damals dazu in der Lage gewesen wären. Ich denke, ohne all die Platten dazwischen hätten wir uns nie getraut, mit solchen Songstrukturen wie auf dem neuen Album zu arbeiten. Außerdem spielt die Geschichte, die auf der Platte erzählt wird, in der heutigen Zeit.

GL.de: Ihr seid allerdings nicht die erste Band, die sich politisch äußert. So etwas ist ja immer auch riskant.

Mike: Natürlich gibt es eine Reihe Bands, die ihren Unmut äußern, aber das ist zumindest in den USA dennoch ein relativ neues Phänomen. Es hat sehr lange gedauert, all die Nachrichten zu absorbieren, gerade in Amerika, wo dir so viele Fehlinformationen eingetrichtert werden.

GL.de: Dennoch ist "American Idiot" keine Anti-Bush-Platte?

Mike: Nein. Es gibt keine politische Agenda, die wir verfolgen. Wir wollen niemandem vorschreiben, was richtig oder falsch ist. Wir sagen lieber: Es ist okay, verwirrt zu sein, lasst uns darüber diskutieren. Wir waren viel unterwegs und wissen, wie es sich anfühlt, wenn die ganze Welt die Amerikaner als 'bad tourists' betrachtet. Wir haben uns nie durch die Politiker unseres Landes repräsentiert gefühlt, wir waren einfach als Repräsentanten von Green Day unterwegs. Wenn sich aber ein Politiker wie George Bush als Sheriff aufführt, der die ganze Welt unter seine Kontrolle bringen will, fällt das auch auf die Menschen seines Landes zurück. Rock N Roll sollte gefährlich sein und rebellieren, um zu zeigen: Wir haben nicht alle Bush gewählt, nicht alle Amerikaner denken wie er.

GL.de: Wie wird denn der normalsterbliche Green Day Fan wohl auf die LP reagieren?

Mike: Ich bin davon überzeugt, dass die Fans die Platten lieben werden, weil sie so energiegeladen ist und einfach über dich hereinbricht.

GL.de: Ist die Energie also der rote Faden, der sich durch alle Green Day-Alben zieht?

Mike: Ja, das stimmt wohl, denn genau das macht die Kombination von Billy, Mike und Tre aus. Sobald einer fehlt, wäre es nicht das Gleiche. Man sagt, ein Dreieck ist "the strongest shape", und wir sind nun einmal zu dritt und stellen uns auf der Bühne auch in einem Dreieck auf (lacht)! Wenn mich jemand fragt, ob Green Day eine Demokratie ist, dann sage ich: "Ja, mit einem gewählten Führer!"

GL.de: Jetzt geht es erst einmal wieder auf Tour...

Mike: Wir haben uns gedacht, dass es zur Veröffentlichung einige Shows in kleinen Sälen geben sollte, die für uns selbst noch viel spannender sind als die eigentliche Tour, weil die Leute noch nicht wissen, was sie erwartet. Das wird entweder ein völliges Desaster oder unfassbar gut! Das Ganze läuft unter dem Motto: "Green Day performs American Idiot". Wir spielen also zuerst das Album in Gänze - immerhin ist es eine Geschichte mit einem Anfang und einem Ende - und danach noch so viele Hits, wie wir wollen. Vielleicht wird ja ein Bruce-Springsteen-mäßiges Sechs-Stunden-Set daraus (lacht)!

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Konzert: -David Bluhm-
Interview: -Simon Mahler-
Fotos: -Pressefreigabe-


 
 

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