Ihrem Publikum nur Gedichte vorzulesen, dass war der Dichterin Anne Clark schon in den 80er Jahren zu langweilig. Sie unterlegte ihre Texte mit elektronischer Musik - nicht um einen großen Hit zu landen, vielmehr um ihr Publikum zu unterhalten. Ihren ersten Auftritt hatte die Londonerin als Vorprogramm von einer damals noch unbekannten Band: Depeche Mode. Immer waren es die Texte, die Anne Clark wichtiger waren, als die Musik. Funktionieren konnten ihre Arrangements indes immer nur gemeinsam. Ihr Konzept ging auf: "Sleeper In Metropolis" und "Our Darkness" sind Synthie-Pop-Hymnen, die seit den 80er Jahren aus kaum einer Discothek wegzudenken sind. Während Clark nach ihren Erfolgen als Queen der elektronischen Musik gefeiert wurde, ist sie heute wieder an ihren Wurzeln angelangt. Die Texte, zum größten Teil vertonte Übersetzungen von Rilke-Versen, dominieren das Konzert in Krefeld. Was nicht heißt, dass die Musik zu kurz kommt. Gitarrist Jeff Aug, Pianist und Sänger Murat Parlak, Percussionist Niko Lai und Cellist Jann-Michael Engel scheinen das lyrische Anliegen Anne Clarks verstanden zu haben. Sie interpretieren die vertonten Gedichte mit einer Intensität, als wären sie ihre eigenen Kompositionen. Mit ihren klassischen Instrumenten verleihen sie den Gedichten einen modernen Anstrich, während hoch oben, über der Instrumentation Clarks klare und bittersüße Stimme schwebt, die in Kombination mit der Musik dem Publikum immer wieder wohlige Schauer über den Rücken jagt. Das intensive Zuhören wird durch die Schwere der Texte wichtiger als das Tanzen. Trotzdem gibt es zwischendurch zur Auflockerung immer wieder einen der alten Hits, die trotz klassischer Instrumente, sehr nah am elektronischen Original liegen. Ein gelungener Abend, der nach zwei Zugaben trotzdem viel zu abrupt in eine Aftershow-Party mündete.
Eine kleine Anekdote nebenbei: Anne Clark kommt gerne nach Krefeld. Das behauptete sie zumindest vor dem Publikum. Die Station in Krefeld freut Pianisten Murat Parlak jedoch noch mehr als seine "Chefin". Nur in Krefeld darf er nämlich auf der Tour auf einem echten Flügel spielen. "Das ist ja der gleiche, wie letztes Mal", freute er sich. Und als er wieder einmal zu betteln begann, den Flügel mitnehmen zu dürfen, schnitt ihm Konzert-Organisator Jürgen Mengat das Wort ab: "Nein, auch in diesem Jahr darfst du den Flügel nicht mitnehmen!" Hätte ja sein können, dass Jürgen seine Meinung geändert hat...