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Konzert-Bericht
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Viva la Diva
Jorane
Köln, Stadtgarten 09.11.2004
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Das war doch mal was anderes! Bereits der Bühnenaufbau ließ erahnen, dass dieses kein Rock-Konzert der üblichen Sorte werden würde: Das Schlagzeug schmiegte sich unauffällig an den rechten Bühnenrand, in der Mitte befand sich ein kleines Podest mit Stuhl und Cello, auf der linken Seite gab es eine große Freifläche für den Gitarristen und im Bühnenhintergrund lagen noch einige Streichinstrumente bereit. Es gab weder Monitore noch Verstärker, noch einen Bass. Dafür allerdings überall strategisch plazierte Leuchtbirnen. Das sah also schon mal spannend aus. Im Programm des Clubs war das Konzert als "Weltmusik"-Event angekündigt worden, was die Sache indes nur unvollständig traf. Allerdings: So ziemlich alles hätte die Sache unvollständig getroffen, denn das, was die Franko-Kanadierin dann im Folgenden bot, hat man in dieser Form bestenfalls vielleicht mal in Ansätzen gesehen.
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Jorane - mit wirrer Dreadlockfrisur und gekleidet in ein schwarzes Kostüm mit japanischer Ästhetik - beherrschte von Anfang an die Szenerie. Was auch daran lag, dass anfangs nur sie auf der Bühne war - effektvoll, aber ziemlich schummrig von unten und oben illuminiert. Das Konzert begann dann ganz unscheinbar und sachte mit einem jener eigenartigen, esoterischen Stücke, die sie quasi in einer Art eigenen, wortlosen Sprache vorträgt. Sie erklärte das später so, dass sie die Stimme dabei als eigenes Instrument betrachte. Es folgte das kammermusikalische "Stay" vom aktuellen Album "The You And The Now" - zu dem ihre beiden Streicher auf die Bühne kamen - und anschließend ging es mit der ganzen Band weiter. Dramaturgisch war das alles sehr effektiv inszeniert. Was ja auch nicht verwunderlich ist: Wenn es denn ein dramatisches Instrument gibt, dann ist das ja schließlich das Cello. Ihre Stücke decken ja - was Melodieführung und Vortrag betrifft - in etwa jene spinnerte Halbwelt ab, in der sich auch Kate Bush, Tori Amos oder ähnlich Damen wohlfühlen. Das unterstrich Jorane denn auch immer gerne mit Gesten, die immer eine Nummer zu groß waren, um natürlich und selbstverständlich 'rüberzukommen, was dazu führte, dass sie dann doch ziemlich affektiert wirkte. Allerdings versteht sich die Interpretin Jorane zum Teil wohl auch als Schauspielerin, die ihre Stücke quasi auch auf diese Art interpretiert. Das erklärt unter anderem auch ihre Connections zur Film- und Theaterwelt (auf ihrem Podest lag ein kleines Fantasietier aus der Cirque Du Soleil Welt, in der Jorane auch gerade tätig war). Verglich man die Live-Versionen mit den Studiokonserven, so entwickelten Erstere ein erfreulich kunterbuntes Eigenleben. Wo Jorane auf der CD zum Beispiel kunstvoll gedoppelte Vocals schachtelte, wurde dieser Effekt im Live-Vortrag mit einem faszinierenden Space-Echo emuliert. (Oder aber das Publikum wurde als Chor bemüht) Zwar wirkte das Cello hier dominanter als auf der Scheibe, was aber durchaus Sinn macht. Denn zum einen ging es ja eben darum (um das Cello) und zum anderen handhabte Jorane ihr Instrument auf eine Weise, die alles andere als langweilig war. So verwendete sie das Ding teilweise schlicht als Kontrabass. Oder es wurde gezupft wie eine Harfe, zärtlich gestreichelt oder angerissen wie eine Gitarre. Überhaupt war es schon beeindruckend, wie die Band zuweilen ordentlich Druck machte, um den Begriff "losrocken" zu vermeiden - zumindest bei dynamischen Nummern wie dem epischen "Blue Planet" und natürlich auch der zum Abschluss gespielten Donna Summer Nummer "I Feel Love". "Ich hoffe, ihr mögt Disco?", kündigte Jorane das Stück an.
Andere Sachen, wie der französisch gesungene Track "Pour Ton Sourire" gerieten dahingegen zu vergleichsweise lockeren Singalongs, während die besagten, eher ätherischen, nonverbalen Gesangstracks immer auch für die notwendigen "weltmusikalischen Momente" sorgten. Schade nur, dass sie ihren Musikanten kaum Freiräume gab, sich zu entwickeln. Lediglich Gitarrist Yann Bochud durfte ein paar - relativ kontrollierte - Momente ausleben. Weitere Höhepunkte der Show waren "Dina", der Titeltrack des Films "I Am Dina" mit Gérard Depardieu, der demnächst bei uns anläuft, wie Jorane noch mal ausdrücklich festhielt, ein paar Stücke, bei denen Jorane zunächst zur akustischen, dann zur elektrischen Gitarre griff sowie der Zugabenteil, mit einem weiteren wortlosen, aber sehr songorientierten Track - "Pour Gabrielle" vom Album "16 mm". Ganz zum Schluss trug sie dann noch a cappella ein haitianisches Wiegenlied vor. Gaesteliste.de-Korrespondent Mathias Frank entdeckte Jorane ja bereits 2003 im Vorprogramm von Apocalyptica und empfand sie damals "als ruhig und gemütlich". Mit ihrer Band präsentierte sich Jorane jedoch alles andere als ruhig und gemütlich (obwohl es solche Passagen natürlich auch gab). Vielmehr zeigte sich hier eine energiegeladene Künstlerin mit einem originellen Konzept und einem künstlerischen Anspruch, bei dem Emotionalität und Virtuosität sich doch zumindest sinnvoll ergänzten. Auch wenn, wie angedeutet, die Bühnenfigur Jorane dann doch ein wenig zu artifiziell angelegt schien. Aber hey: Klappern gehört zum Handwerk.
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Surfempfehlung:
www.jorane.com
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Text: -Ullrich Maurer- Foto: -Ullrich Maurer-
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