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Lotterie oder Knast

Ben Weaver

Köln, Underground
11.11.2004

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Ben Weaver
Pünktlich zum Auftakt der Karnevals-Session spielte Ben Weaver, der wortkarge, knarzige Songwriter aus Minnesota, dem Herzen der USA, im Rahmen der von Gaesteliste.de präsentierten Tour, auch in Köln auf. Mit Karneval und Frohsinn hatte Herr Weaver aber nicht viel im Sinn. "Verdammt, seid ihr weit weg", meinte er eingangs zum Publikum, das es sich an der Peripherie des Underground auf den dort vorhandenen Sitzgelegenheiten gemütlich gemacht hatte. Nicht übrigens, dass Ben das Publikum etwa gesehen hätte: Während des ganzen Konzertes über sang er konzentriert, mit beeindruckend durchsetzungsfähiger Stimme - aber auch mit geschlossenen Augen.
Ben Weaver ist in etwa so etwas wie das musikalische Äquivalent - sagen wir mal - eines Zweiges, der von seinem Baum abgefallen ist, in unglaublicher Eile durch sämtliche Bäche, Flüsse und Wasserfälle getragen wurde - aber immer mit der sicheren Gewissheit vor Augen, das Meer nie zu erreichen, sondern vorher etwa in einem Sägewerk zu Spanplatten verarbeitet zu werden. So ähnlich klingen seine Songtitel jedenfalls: "Cold House", "Starvation Day", "Handed Down", "Voice In The Wilderness", "Blood" oder "Small" - so heißen seine Stücke, die - wenn es hochkommt - gerade mal von einer "40 Watt Bulb" erleuchtet werden. Da ist dann Schluss mit lustig! Ben redet nicht gerne über sich, sondern lässt lieber seine Songs erzählen. Und die handeln dann von dem Roadkills, die das Leben auf der Überholspur dann so gelegentlich hinterlässt. Ben ist dabei so etwas wie ein klassischer Protest-Sänger, der ein großes Herz für das Leid des kleinen Mannes hat und der - nach eigener Aussage - das System mit seinen eigenen Mitteln schlagen will. Pikanterweise sah dabei übrigens sein ausgezeichneter, proletarischer, holländischer Slide-Gitarrist aus, wie man sich einen Zeitgenossen Woody Guthries vorzustellen hat: Mit 30er Jahre Kurzhaarfrisur, Lederjacke, und Schlaghose. Übrigens kam Ben bei seinem Konzert ganz ohne Bassisten aus. Neben dem erwähnten Gitarristen gab's noch einen Drummer und bei einem Track (dem tragisch-schönen "In The Arms Of Your Love") griff der Meister zum Banjo - das war's. Ansonsten überzeugte das Trio durch immens gut getimtes Zusammenspiel und einen rauhen, knackigen Sound, der dem desolaten Grundton der Songs natürlich immens entgegenkam. Trotzdem wurde das alles nicht wirklich langweilig, denn obwohl Ben Weaver Gift für jede Form von Entertainment ist und sich alle Mühe gab, bloß nicht zu lächeln oder irgendeine Form von Anteilnahme zu zeigen, trugen allein die Songs und seine Stimme den ganzen Abend. Und zugegebenerweise war das Set auch recht geschickt aufgebaut: Im Mittelteil gab es eine Strecke, die Ben solo bestritt und wo u.a. auch der Banjo-Song plaziert war. Daneben überraschte er dann bei dem zentralen Track seiner aktuellen CD "Stories Under Nails", der Story von John Martin, dem Mann, der "... eines Morgens aufwacht und feststellt, dass er an einem Tag wie jedem anderen entweder im Knast landen oder in der Lotterie gewonnen haben könnte..." durch einen Vortrag im Stile eines Appalachen Rap.

Abschließend widmete Ben die Zugabe "Unsatisfied" noch seinem großen Vorbild Jeffrey Lee Pierce - "auch wenn Jeffrey sich wahrscheinlich im Grabe umdreht". Selbstredend war es aber gar nicht so schlimm. Ben Weaver hat ja in Deutschland bislang offiziell nur eine Scheibe veröffentlicht, aber er scheint über ein unerschöpfliches Songmaterial zu verfügen. Die meisten der Stücke, die er in Köln spielte, tauchen weder auf "Stories Under Nails" auf, noch - soweit man das beurteilen kann, wenn man sie nicht kennt - auf seinen anderen Scheiben. Ben Weaver präsentierte sich hier als Songwriter von altem Schrot und Korn. Als jemand also, der zwar mit geschlossenen Augen singen mag, der aber durchaus mit offenen Augen durch die Welt wandert und das, was er sieht, mit seinen Songs kommentiert. Und das ist offensichtlich ein Prozess, der erst dann enden wird, wenn Ben dort angekommen ist, wo viele seiner Protagonisten bereits sind: Am Ende.

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Text: -Ullrich Maurer-
Foto: -Ullrich Maurer-


 
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