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12.10.2004
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SVEN REGENER
Herr Lehmann ist wieder da!

Sven Regener In einer Art Prequel zu seinem Erfolgsroman "Herr Lehmann" schildert Element Of Crime-Vorsitzender Sven Regener nun die Abenteuer seines Helden, Frank Lehmann, in dessen Jugendzeit. Hier verarbeitete Regener seine eigenen Erfahrungen bei der Bundeswehr, der - wie er sagt - schlimmsten Zeit seines Lebens. Im Vergleich zu dem eher handlichen literarischen Debüt ist "Neue Vahr Süd" so etwas wie eine Bibel geworden. Auf fast 600 Seiten entwirft Regener ein detailreiches, beredtes, absurdes Welten-Theater, in dem Herr Lehmann sympathisch hilflos herumstolpert und zum Spielball der Dinge und Umstände wird, egal, wie sehr er sich auch bemüht, alles unter Kontrolle zu bekommen. "Neue Vahr Süd" ist dabei der Ortsteil Bremens, in dem der Roman stattfindet. Letztlich ist dieser facettenreiche Herr Lehmann, der meist mittels aberwitzig spiralförmiger Dialoge kommuniziert, in denen ständig Teilsätze wiederholt werden, nur um irgendwie weiterzukommen, sogar noch eine Spur sympathischer als seine durchgereifte Spätversion. Und lustiger ist "Neue Vahr Süd" auch - meist auf Kosten der absurden Zustände bei der Bundeswehr, oft aber auch durch die lebendige Romanpopulation, die aus Lehemanns disfunktionalem Freundeskreis und seiner bieder-banalen Verwandschaft besteht, mit der er sich intuitiv herumschlagen muss. Obwohl der Roman in den frühen 80ern spielt, ist Herr Lehmann doch ein Held unserer Tage: Ein Spielball der Elemente, leicht zynisch, zwar gewillt aber letztlich unfähig, sein Geschick in die eigene Hand zu nehmen. Erst auf den letzten Seiten kann er sich zu einer Entscheidung durchringen, die dann auch gleich zum nächsten Teil dieses als Trilogie angelegten Werkes führen wird. Sven Regener hat sich mit diesem Buch als Schriftsteller durchaus beeindruckend freigeschwommen und letztlich alle Schwächen ausgemerzt, die sein Debüt noch auszeichneten (zum Beispiel das etwas blasse Seelenleben des Helden, das hier durch die Interaktion mit anderen deutlich an Kontur gewinnt). Und der junge Herr Lehmann nimmt sich auch viel Zeit, seine Umwelt zu beobachten und dieses dann zu kommentieren. So bekommt man zugleich noch ein beredtes Stück Zeitkolorit geboten - zumindest bezogen auf Herrn Lehmanns subjektive Makro-Ebene. Musik freilich, spielt hier keine Rolle - die ist Herrn Lehmann nämlich schlicht und ergreifend egal. Das hatte Sven ja auch bereits in den Interviews zur letzten EOC-Scheibe angedeutet. Da müssen wir dann wohl auf seine Autobiographie warten. Oder auf die nächste Element Of Crime-CD. Wann kommt die eigentlich? "Neue Vahr Süd" ist im Eichborn Verlag erschienen.

Sven Regener auf Lese-Tour:
18.01.05 Bochum Langendreer
20.01.05 Köln Live Music Hall

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