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01.10.2021
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JOHN SOUTHWORTH
Im Kino mit John Southworth

John Southworth Bislang schien es, dass der britisch/kanadische Songwriter John Southworth sich lediglich nicht so richtig entscheiden konnte, welche Art von Musik er denn nun eigentlich machen wollte. Auf seinen bisherigen Veröffentlichungen pendelte er jedenfalls munter zwischen eher traditionellem, Folk-orientierten Liedgut, Americana-Sounds, klassischem und modernem Gitarrenpop hin und her und wagte mit dem zur Hälfte auf der kanadischen und zur Hälfte auf der amerikanischen Seite der Niagara Fälle entstandenen Konzept-Doppel-Album "Niagara" von 2014 bereits schon mal ein Experiment, das den Rahmen einer normalen Songwriter-Veröffentlichung sprengte.

Mit seinem neuen Projekt "Rialto" setzt der Sohn des vor einigen Zeit verstorbenen Buzzcocks-Frontmann Pete Shelley allerdings noch mal gehörig eins drauf und präsentiert mit dem Genre- und Plattform-sprengenden Projekt "Rialto" nun ein monumentales, multimediales Werk, das aus einem Musikalbum, einer achtteiligen Podcast-Reihe, einem Buch sowie einer noch in Arbeit befindlichen Theaterproduktion (und vermutlich dann auch einem Video-Treatment) besteht. Wenn man weiß, dass Southworth außer als Musiker auch als Autor, Filmemacher und Schauspieler/Performer arbeitet, ist dieses Werk dann vielleicht nicht mehr so überraschend - aber immer noch immens beeindruckend.

Die surreale Geschichte um den "Einzelgänger und schlaflosen Taxifahrer Klaus, der sich nach einer Reihe von beunruhigenden Ereignissen in einer seltsamen Situation wiederfindet" (nämlich eine Filmrolle zur Premiere in dem namensgebenden Filmhaus Rialto abzugeben und dabei mehrere Traumwelten zu durchwandern), entsprang dabei einem Traum Southworths - was nicht besonders verwunderlich erscheint. Verwunderlich ist eher der Umstand, dass sich Southworth auf der musikalischen Seite vollkommen von seiner bisherigen Arbeitsweise löste und seine neuen Songs von Gastsänger(Innen) - darunter Tamara Lindemann (Weather Station), Devon Sproule, Veda Hill, Thom Gill oder Meg Remy (US Girls) - sowohl auf der Scheibe wie auch bei den Podcastst interpretieren lässt - und dabei ein vollkommenes musikalisches Neuland betritt. Denn die Musik wurde nicht von ihm selbst produziert, sondern von dem Venuti String Quartet mit kammermusikalischen, semi-klassischen Arrangements mit Vaudeville- und teils experimentellen und sogar atonalen Klangelementen von Andrew Downing umgesetzt. Nach Referenzen müsste man lange suchen und würde dann vermutlich nicht mal fündig - was für die immense Vision Southworths - nicht nur auf der musikalischen Ebene - spricht.

Das ist also alles ziemlich überwältigend und einzigartig - zeigt aber auch, dass es sich nach wie vor lohnt, über den eigenen kreativen Tellerrand hinauszublicken und dabei in Beriche vorzudringen, die jenseits der ausgetretenen Pfade liegen.
 

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