Retro ist in und chic. Aber nur, weil jemand die gute alte Zeit mag, heißt das ja längst nicht immer, dass sich das auch musikalisch niederschlägt. Es sei denn, es gibt ein dermaßen perfekt inszeniertes Werk wie dieses hier, bei dem wirklich alles - vom ersten Ton bis zum letzten hochtoupierten Haar der Protagonistin stimmt. Die Kanadierin Jill Barber hat in ihrer Heimat bereits einen gewissen Status für die von ihr gepflegte Art, eigene Torch-Songs zwischen Swing, Jazz, Blues, Country und Pop im klassischen 50s Setting zu inszenieren, erworben. Auf dieser Scheibe (wie auch auf ihrer letzten) griff ihr etwa Landsmann und Kollege Ron Sexsmith als Co-Autor unter die Arme - und auch der Mann kennt sich ja aus damit, die Vergangenheit irgendwie in die Jetztzeit zu retten.

Das, was Jills Songs so charmant macht, ist der Umstand, dass sie ihre Songs zwar durchaus als Referenz an die großen des Genres verstanden haben möchte (mit vollem Programm inklusive Bläsern, Streichern und Chören), diese allerdings mit dem Wissen, was seit den 50s passiert ist, den technischen Möglichkeiten von heute und einer sympathischen ironischen Distanz inszeniert. Dass sie nebenbei auch eine begnadete Songwriterin und einfühlsame Performerin ist und all die o.a. Qualitäten auch auf optischer Ebene umsetzt, macht diese Scheibe zu einem kurzweiligen, rundum gelungenen - ja geradezu süchtig machenden - Vergnügen. Es gibt hier wirklich nichts, was in irgendeiner Weise zu kritisieren wäre.