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22.07.2016
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Michael Kiwanuka - Love & Hate

Platte der Woche

KW 29/2016


Michael Kiwanuka - Love & Hate
Polydor/Universal
Format: CD

Vor vier Jahren empfahl sich Michael Kiwanuka mit seinem famosen Erstling "Home Again" für Großes, jetzt löst er das damals gegebene Versprechen mit seinem fantastischen zweiten Album ein. "Love & Hate" ist beseelt vom gleichen Geist, der Marvin Gaye in der ersten Hälfte der 70er-Jahre einige der spirituellsten Soul-Platten aller Zeiten aufnehmen ließ, ist aber dennoch kein Retro-Album von der Stange. Dafür sorgt das Produzenten-Triumvirat mit The Bees-Vordenker Paul Butler, Alleskönner Danger Mouse und Shootingstar Inflo, die dem in England heimischen Tausendsassa mit Wurzeln in Uganda einen im Vergleich mit dem Debüt viel opulenteren, wunderbar detailverliebten Sound auf den Leib geschneidert haben, der hörbar an die Vergangenheit andockt, aber dennoch nicht krampfhaft um Authentizität bemüht ist und deshalb am Ende zeitlos ist.

In Melancholie getauchte Streicher voller Wärme, auf den Punkt gebrachter omnipräsenter Chorgesang, samtweiche Keyboardtöne, ein unaufgeregter Bass-Groove, nie aufdringliche, aber dennoch funkige Beats und ein zumeist gemäßigtes Tempo bilden dabei den idealen, tiefdunklen Teppich für Kiwanukas unter die Haut gehende Stimme, die so viel reifer klingt, als es seine noch nicht einmal 30 Lebensjahre vermuten lassen würde. Ausflüge auf Jazz-Terrain und vereinzelter Bläser-Einsatz und mit "Cold Little Heart" gleich eine Zehn-Minuten-Nummer zu Beginn, die mit einem fantastischen Gitarrensolo irgendwo zwischen "While My Guitar Gently Weeps" und "Purple Rain" aufwartet, unterstreichen zudem, dass Kiwanuka seinen Blick weiter schweifen lässt als viele seiner Genre-Konkurrenten. Das gilt auch für die Texte: Wenngleich natürlich Herzensangelegenheiten und großes Gefühlskino im Mittelpunkt stehen, scheut Kiwanuka - wie einst Gaye - auch nicht vor social commentary zurück, etwa, wenn er das Leben als "Black Man In A White World" beleuchtet. So und nicht anders muss konsequente Weiterentwicklung aussehen.



-Carsten Wohlfeld-


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