Ah, Alligatoah. Der ist doch so witzig, dieser alberne Mainstream-Rapper, der von Trailerpark und der mit den komischen Trailern und Videos. Interview mit sich selbst und so. Wir haben alle in der Schule geraucht. Und sieh mal einer an, seine neuen Songs heißen dann auch tatsächlich "Freie Liebe", "Ein Problem mit Alkohol" und "Die grüne Regenrinne". Teil 1 bis 3. EAV des Deutschraps also? Ja, genau. Weg damit. Dachte ich.

Ist aber tatsächlich Unsinn. Bei Alligatoah ist ganz und gar nicht alles witzig, nicht alles klamaukig, nicht alles kindisch. Denn neben Zeilen wie "Es ist niemals zu spät für pubertären Midlife-Drang" oder "Ich mag es, wenn du aus dem Mund nach fremden Sperma riechst" kommt der Niedersachse auch immer wieder mit beißendem Zynismus um die Ecke, mit ernsten Themen, die er clever verpackt und trotzdem deutlich seine Meinung sagt. "Im Safaribus erleben Sie den Habitus... komm an den Zaun, wo die Flüchtlinge wohnen, Fotos sind erlaubt, aber Füttern verboten", heißt es in "Füttern verboten". In "Terrorangst" macht er sich über die furchtbaren besorgten Bürger lustig ("Ich geh nicht zur Party des Jahres, denn auf dem Plakat stehen arabische Zahlen"), bei den drei grünen Regenrinnen geht's um Verschwörungstheorien. Und das alles packte Alligatoah in - zumindest da dachte ich nicht komplett falsch - poppige Sounds, die meist ihren Ursprung im Rap haben, die man schnell im Kopf hat, die mit Sprech und Gesang Spaß machen. Pop, Mainstream, Kinderchor. Doch auch hier gilt: Gilt nicht für alle. "Hass" zum Beispiel ist ein durchaus okay stampfender Crossover-Song, "So gut wie neu" ist beswingter Pop, "Wie zuhause" schaut wie auch "I Need A Face" mehr als einmal über den Rapperrand und bei "Beine brechen" macht Felix Brummer von Kraftklub mit. Kein Witz.