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28.08.2020
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Molly Tuttle - ...But I'd Rather Be With You

Molly Tuttle - ...But I'd Rather Be With You
Compass Records/H'art
Format: LP

Dass Molly Tuttle eine echte Ausnahmeerscheinung in der Americana-Welt ist, ist inzwischen längst kein Geheimnis mehr. Als erste Frau überhaupt wurde sie von der International Bluegrass Music Association als "Guitar Player of the Year" ausgezeichnet, und den American Music Award gewann sie in der Kategorie "Instrumentalist of the Year", bevor sie letztes Jahr mit ihrer hinreißenden Debüt-LP "When You're Ready" nicht nur an ihrem Instrument, sondern auch als Sängerin und Songwriterin beeindrucken konnte und mühelos eine Brücke von Roots-Sphären in die Pop-Welt schlug.

Wie außergewöhnlich die junge Amerikanerin ist, zeigt sich nun auch auf dieser neuen LP. Als andere Künstler ob der Pandemie-bedingten Umwälzungen noch verzweifelt den Kopf in den Sand steckten, eignete sich Tuttle daheim in Nashville in der Quarantäne innerhalb kürzester Zeit das nötige Know-how fürs Homerecording mit Pro Tools an und suchte Trost in ihren Lieblingssongs. Ihre Aufnahmen sandte sie an Produzent Tony Berg (Phoebe Bridgers, Andrew Bird) in Los Angeles, der die Lieder mit Beiträgen von Sessionlegenden wie Drummer Matt Chamberlain und Keyboarder Patrick Warren und weiteren Gästen wie Taylor Goldsmith von Dawes oder Tuttles altem Weggefährten Ketch Secor von Old Crow Medicine Show liebevoll ausstaffierte.

Das Ergebnis sind zehn betont positiv gestimmte Songs für schwere Zeiten, die unterstreichen, dass sich Tuttles Interessen und Einflüsse trotz ihrer frühen Erfolge als atemberaubende Flatpickerin nie auf die traditionalistische Bluegrass-Welt beschränkt haben. Mühelos springt sie durch die Genres und die Jahrzehnte und macht sich dabei "Something's On My Mind" von Kult-Folkie Karen Dalton und die oft vergessene Rolling-Stones-Flower-Power-Nummer "She's A Rainbow" genauso zu eigen wie "Olympia, WA" von den Bay-Area-Punks Rancid oder "Fake Empire" von The National. Den perfekt in die Zeit des Social-Distancing passenden Titel des Albums entlehnte sie derweil dem Grateful-Dead-Song "Standing On The Moon", eine Nummer, die als Gänsehaut-Finale bereits bei ausgewählten Konzerten ihrer letztjährigen Tournee im Programm war.

Zusammengehalten durch ihre glockenklare Stimme und ihr fantastisches Gitarrenspiel, merkt man "Standing On The Moon" bisweilen zwar seine Entstehungsgeschichte an, wenn an manchen Stellen moderner Mainstream-Produktionsglanz den heimeligen Handmade-Faktor ersetzt, mit dem Tuttle live auch weiterhin fasziniert, trotzdem lautet das begeisterte Fazit: Vergleichsweise kleiner Aufwand, große Wirkung!



-Carsten Wohlfeld-


 

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