Von kleinen Indie-Gitarren-Schrammel-Pop-Songs, die nur selten die Drei-Minuten-Grenzen sprengen, hin zu groß ausformulierten Songs, die nun eher im Drei-bis-Fünf-Minuten-Format daherkommen. Das ist faktisch der Weg, den Goat Girl aus England von ihrem Debüt "Goat Girl" (2018) bis zu ihrem zweiten, fantastischen Album "On All Fours" genommen haben. Das klingt ziemlich nüchtern, ist aber genau das Gegenteil - ein großes Album ist es geworden, sowohl sound- als auch songmäßig.

Lottie Pendlebury, Ellie Rose Davies, Holly Mullineaux, Rosy Jones haben sich wieder mit dem Produzenten Dan Carey zusammengetan, weil die Zusammenarbeit auf dem Debüt schon bestens funktionierte, von daher war dies nur der logische Schritt - schließlich kennt man sich inzwischen besser und weiß, worauf der andere hinauswill. Dem Vernehmen nach durfte dann auch Carey viele elektronische Spielereien, die die Band in den Demos mit Synthie-Presets ausgearbeitet hatte, mit eigenen Sounds und Synthie-Einsätzen nachbilden und somit einen eigenen Charakter hinzufügen. Das passte auch ganz hervorragend in das allgemeine Sound-Bild, das im Gegensatz zum Debüt um viele Ebenen größer, manchmal auch sanfter geworden ist (wobei es textlich nach wie vor weniger sanft zugeht - Panik-Attacken, Tabletten, Depression, Desillusion, Beklemmung, etc.). Es fügt sich alles zu wirklich großen Songs zusammen, die immer noch etwas von Post-Rock und Indie-Pop besitzen, aber auch mal einfach Pop sind. Diesmal wurden die Songs nicht nur von Lottie Pendlebury initiiert, die Platte ist das Ergebnis einer gemeinsamen Ausarbeitung von verschiedenen Ideen - was dann auch so weit ging, dass Instrumente getauscht wurden und auch der Haupt-Gesang aufgeteilt wurde. All das macht "On All Fours" zu einem unglaublich tollem Album.