Als Solistin bewegte sich Rhiannon Giddens stets im Spannungsfeld amerikanischer Geschichte und Americana-Traditionen, auf ihrem zweiten Album an der Seite von Francesco Turrisi schaut die gefeierte Musikerin aus North Carolina nun zum zweiten Mal nach "There's No Other" aus dem Jahre 2019 über den Tellerrand. Giddens wurde in ihrer Jugend von klassischer Musik und althergebrachtem Folk gleichermaßen inspiriert, ihr italienischer Partner dagegen ist studierter Jazzer mit einem Faible für Alte Musik. All das macht sich auch auf "They're Calling Me Home" bemerkbar. Aufgenommen innerhalb weniger Tage mit betont reduziertem Instrumentarium, verweben die beiden Musiker hier ihr Interesse an der traditionellen Musik Irlands - wo die beiden in ihrer tourneefreien Zeit leben und diese LP auch entstand - mit Einflüssen ihrer Heimatländer. Musikalisch spannen sie so einen Bogen von amerikanischen Traditionals ("Amazing Grace", "O Death") über italienische Schlaflieder ("Nenna Nenna") bis hin zu neuen Songs aus eigener Feder ("Avalon"), deren oft düstere Note ein Leben in Zeiten des Lockdowns symbolisiert und dabei trotz aller Emotionen bisweilen eher auf den Intellekt als auf das Herz des Hörers zielt.