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27.08.2021
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Laura Stevenson - Laura Stevenson

Laura Stevenson - Laura Stevenson
Don Giovanni/H'art
Format: CD

Viele Jahre war Laura Stevenson die Größte unter all den kleinen Singer/Songwriterin, die mit bisweilen brutaler Ehrlichkeit ihr Leben mit ihren Liedern vertonen und dabei am Ende doch viel mehr tun, als nur von sich selbst zu singen. Dann kam vor zwei Jahren der Geniestreich "The Big Freeze" und veränderte alles. Das fünfte Album der aus Long Island stammenden Musikerin war allerdings nicht nur künstlerisch ein Befreiungsschlag, bei dem Stevenson mit solistischen Arrangements und dezenter Streicherbegleitung ihre Texte und ihre Stimme mehr denn je in den Mittelpunkt rückte, auch in der Außenwirkung machte sie mit einen Riesensatz nach vorn.

Ihr neues Album trägt nun schlicht ihren Namen, doch das ergibt durchaus Sinn, denn während sie sich textlich nun weniger tief in die Karten schauen lässt als zuvor, wenn sie eine Krisensituation in ihrem persönlichen Umfeld aus Ausgangpunkt nutzt, um ihre Gefühle von Wut über Hilflosigkeit, Verzweiflung bis hin zu Akzeptanz in Songform zu gießen und damit ein für sie emotional aufreibendes Jahr, das mit der Geburt ihres ersten Kindes einen versöhnlichen Abschluss fand, in intimen Songs gewissermaßen in Echtzeit nachzuzeichnen. Dabei streift sie mit prominenten Mitstreitern wie Produzent John Agnello und Jeff Rosenstock an der Gitarre musikalisch all das, was ihre klanglich betont wechselvollen Platten ausgezeichnet hat. Gleich beim Opener "State" ebnen behutsam leise Strophen den Weg für explosive Indierock-Refrains und auch "Don't Think About Me" oder die eingängige Power-Pop-Hymne "Sandstorm" klingen so, als wären sie schon auf Stevensons Rock-Album "Cocksure" aus dem Jahre 2015 nicht fehl am Platze gewesen.

Das Streicher-verzierte "Moving Cars" dagegen vermittelt die gleiche melancholische Nachdenklichkeit, die "The Big Freeze" vermittelt hatte, während eine Nummer wie "Continental Divide" in Richtung des stilisierten Folk-Rock deutet, mit dem sich Stevenson auf "Sit Resist" und "Wheel" schon früh in ihrer Karriere für Größeres empfohlen hatte, und die Piano-Ballade "Mary" unterstreicht, dass sie auch weiterhin Interesse daran hat, neue Ausdrucksformen für ihre Lieder zu finden. Am Ende ist so eine Platte entstanden, die trotz ihrer inhaltlichen Schwere vor menschlicher Wärme strotzt und vom ersten bis zum letzten Ton zu Herzen geht: ein klarer Kandidat für den Titel "Schönste Platte des Jahres".


-Carsten Wohlfeld-


 

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