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23.09.2022
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Tamino - Sahar

Tamino - Sahar
Communion/Virgin
Format: CD

Auf dem Reeperbahn Festival gewann der belgische Songwriter Tamino den Anchor-Award als bester Live-Act. Zugegebenermaßen musste er den Preis mit einem zweiten Act teilen - dennoch stellte sich die Frage, was die Jury geritten haben mochte, ausgerechnet den nachdenklichen Mann mit den arabischen Wurzeln mit dem Preis zu bedenken, denn irgendwie schien sich der nach einem Charakter aus Mozarts Zauberflöte benannte Musiker auf der Bühne gar nicht so wohl zu fühlen und gab sich weitestgehend mit geschlossenen Augen singend ganz der Melancholia hin. Denn: Eine Art von Rockstar ist Tamino nicht - und will das auch gar nicht sein. Ergo nahm er sich nach dem überraschenden Erfolg seines Debütalbums "Amir" gleich wieder eine Auszeit vom Rampenlicht und konzentrierte sich darauf, mit seinen musikalischen Partnern (seinem Entdecker und Mentor Johnny Greenwood von Radiohead, dem Produzenten PJ Maertens und dem Schlagzeuger Ruben Vanhoutte) an einer neuen musikalischen Vision zu arbeiten.

War es auf dem Debütalbum noch das Spiel mit arabisch anmutenden Perkussionen in einem westlichen Band-Umfeld, die Tamino als Klangbildhauer interessierten, so war es dieses Mal der Klang einer Oud, deren Spiel Tamino von einem syrischen Flüchtling erlernte, die er als Basis - oder doch zumindest roten Faden - in seine neuen Kompositionen mit einbezog. Die neuen Songs sind vom Anspruch her dabei noch eine Spur dynamischer und genauso ambitioniert und voluminös ausstaffiert wie jene des Debüt-Albums, wobei das Team die Extreme deutlicher auslotet - allerdings liegt die Schwermut, die Tamino schon bei seinem Erstling zeigte, nun auch wieder wie ein Schatten über dem neuen Material. Das wird dann sogar noch verstärkt durch den Umstand, dass der Meister (vermutlich, weil er die Vocals in seinem neuen Apartment ausarbeitete) seine Stimme kaum mehr über ein Flüstern erhebt. Etwas befremdlich für ein Album, dessen Titel "Sahar" auf Deutsch so viel wie "Morgenröte" bedeutet.


-Ullrich Maurer-


 

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