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20.01.2023
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John Cale - Mercy

John Cale - Mercy
Domino/GoodToGo
Format: LP

Es ist nicht so erstaunlich, dass Altmeister John Cale im gesitteten Präsidentenalter noch mal ein neues Album vorlegt - aber dass er damit dann auch gleich noch mal ein für ihr ungewohntes Setting wählt und kurz nach der Veröffentlichung dann auch gleich auf Tour geht, überrascht dann schon. Kurzum: "Mercy" ist ein Album, mit dem Cale seinen Unmut über den Zustand der Welt auf adäquate Weise musikalisch zum Ausdruck bringt - nämlich in einem streng komponierten, elektronischen Umfeld mit avantgardistischen Tendenzen, das mehr auf Dissonanzen und Widersprüche ausgerichtet ist, als auf versöhnliche Eingängigkeit. Thematisch konkretisiert Cale dabei vom Klimawandel über politischen Extremismus bis hin zur Pandemie so ziemlich alles, was uns zur Zeit als Alb auf die Brust drückt. Dazu hat sich Cale der Mitwirkung insbesondere jüngerer Nachgeborener - wie z.B. Natalie Mehring a.k.a. Weyes Blood, Amelia Meath von Sylvan Esso, Laurel Halo oder Darren J. Cunningham a.k.a. Actress (um nur einige zu nennen) versichert, die ihn bei seinem Anliegen überwiegend gesanglich, aber auch produktionstechnisch tatkräftig unterstützen. Tatsächlich betätigt sich Cale hier auch eher als lenkende, graue Eminenz und schafft es so - insbesondere in atmosphärischer Hinsicht - ein intensives, teilweise verstörendes und trotz der zur Schau getragenen Transparenz komplexes und vielschichtiges musikalisches Spiegelbild unserer Tage. Dass dabei der Unterhaltungsfaktor zwangsläufig unter die konzeptionellen Räder fallen musste, dürfte klar sein.


-Ullrich Maurer-


 

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