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27.01.2023
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Complete Mountain Almanac - Complete Mountain Almanac

Complete Mountain Almanac - Complete Mountain Almanac
Bella Union/Pias/Rough Trade
Format: LP

Boy, oh boy! Vielschichtiger geht es ja nun wirklich nicht. Der Complete Mountain Almanac ist eine durchdringende Synthese gleich mehrerer Welten. Zum einen ist da Rebecca Karijord - eine in den USA geborene, aber in Italien lebende Sängerin (bzw. Poetin, Tänzerin und Multi-Media-Künstlerin) - und auf der anderen Seite ist da die Familie Dessner. Sowohl Jessica Dessner - wie auch ihre berühmten Brüder Bryce und Aaron Dessner von The National - bilden sozusagen die Band, der Rebecca dann ihre Stimme leiht. Es handelt sich bei diesem Projekt aber keineswegs um eine Songsammlung, sondern um ein größeres Ganzes: Die Idee war, einen aus 12 Teilen bestehenden Almanach (also Kalender) über den Klimawandel zu erschaffen, der im Wesentlichen auf einer Sammlung von Gedichten basiert, die Jessica unter dem Titel Complete Mountain Almanac zusammengefasst hatte. Logisch, dass die 12 Tracks die Monatsnamen im Titel führen - das ist es dann aber auch schon mit der Logik. Wovon Rebecca letztlich singt, ist nur zu erahnen, denn in den Gedichten geht es um eine Verkörperlichung der Thematik, um den Bezug der Zeit und der Jahreszeiten zur Natur, die Beziehung zwischen Mensch und Universum, um Mystik und Folklore und noch viel mehr.

Musikalisch ist das Ganze unmöglich zu kategorisieren. Stilistisch spielt sich alles auf verschiedenen, miteinander verwobenen Ebenen ab - aber jenseits von Stilen oder Formaten. Basis sind jeweils organische, akustische Gitarren-Vignetten und Rebeccas Gesang, die von den Dessner Brüdern kunstvoll miteinander verwoben werden und von Jessica dann mit atmosphärischen Ambient-Texturen unterlegt wurden. Letztlich war es dann wohl Bryce Dessner, der die Idee hatte, das Ganze schließlich noch mit Streicher-Arrangements anzureichern. Das freilich nicht im klassischen Sinne, denn diese Arrangements reichen dann von minimalmusikalischer Pizzicato-Askese bis hin zu soundtrackartig aufgebohrten Klangmalereien, die den Songs auch nicht einfach übergestülpt werden, sondern eher als symphonischer Nachsatz mitgegeben werden. Abstrakt ist das trotzdem nicht, denn melodisch und strukturell sind die einzelnen Tracks durchaus zugänglich (schon alleine wegen Rebeccas einnehmend einfühlsamen Gesangs) und bieten auch einen hohen Unterhaltungswert. Kein Wunder, dass das Kollektiv diese Stücke denn auch nicht als Songs, sonder als Suiten bezeichnet. Langer Rede kurzer Sinn: Complete Mountain Almanac - die Band und das Projekt - stehen ziemlich ohne Vergleich im Raum und überzeugen mit allem, was sie tun.


-Ullrich Maurer-


 

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