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17.03.2023
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Daisy Jones & The Six - Aurora

Daisy Jones & The Six - Aurora
Ellemar/Atlantic Records/Warner Music
Format: LP

Also, das ist alles nicht so ganz einfach: Bei Daisy Jones & The Six handelt es sich eigentlich um eine fiktive Band aus den 70ern, deren Geschichte die US-Autorin Taylor Jenkins Reid in einem Roman von 2019 erzählt. Als Inspiration für Daisy Jones & The Six gilt dem Vernehmen nach Fleetwood Mac. So weit so gut. Wenn jetzt indes nun die besagte Taylor Jenkins Reid in den Liner-Notes des ersten und einzigen Albums "Aurora" von Daisy Jones & The Six davon erzählt, dass sie die Band 2021 live gesehen habe, kann da ja irgendetwas nicht stimmen. Des Rätsels Lösung ist das, was nach der Veröffentlichung des Romans "Daisy Jones & The Six" passiert ist: Das Buch war nämlich - auch als Audiobook - so erfolgreich, dass Amazon eine darauf basierende Mini-Serie in Auftrag gab, die zur Zeit auf dem hauseigenen Streaming Portal ausgestrahlt wird. Die titelgebende Daisy Jones wird in der Serie porträtiert von der Elvis-Presley-Enkelin Riley Keogh, die ihr Filmdebüt eigentlich dereinst in der Musikbiographie The Runaways als Mary Curry, der Schwester der Runaways-Gitarristin Cherie Currie gab und sich somit thematisch auskennt. Ihr Gegenüber (also sozusagen den Lindsey Buckingham-Part) übernahm der britische Schauspieler Sam Clafin. Beide - also Riley Keogh und Sam Clafin - sind nun auch auf "Aurora" als Lead-Vokalisten von Daisy Jones & The Six zu hören. Die anderen Schauspieler, die die Bandmusiker porträtierten (darunter auch Suki Waterhouse, die ja auch als Musikerin tätig ist) erlernten ihre Instrumente während eines Musiker-Bootcamps extra für die Serie - bekamen aber dann durch die ungewollten Covid-Unterbrechungen die Möglichkeit ihre Fähigkeiten als Bandmusiker zu konsolidieren. Und das ist dann die Band, die Taylor Jenkins dann in einer bizarren "Art imitates life imitates art imitates life"-Situation eben live gesehen hat. Nun - wir haben ja gesagt, dass das nicht ganz einfach ist.

Worum geht es musikalisch? Zusammen mit einer Unzahl veritabler Songwriter und Musiker aus der Indie-Szene (darunter u.a. Cass McCombs, Matt Sweeney, Marcus Mumford, Roger Manning, Matt Chamberlin, Nicky Bluhm oder Madison Cunningham - die den Schauspielern auch musikalisch unter die Arme griffen) kreierten der Grammy-prämierte US-Songwriter und Produzent Blake Mills und Produzent Tony Berg eine Sammlung von insgesamt 25 Retro-Gitarren-Pop-Songs im Stile der ausgehenden 70er Jahre, die dann produktionstechnisch ziemlich authentisch in Szene gesetzt wurden - und von denen dann 11 den Weg auf das Album fanden. Dabei wurde peinlichst darauf geachtet, jeden Anflug von Modernität zu vermeiden und selbst das Artwork und die Promo-Fotos für das Album wurden im Stile der 70er Jahre layoutet. Die Aufnahmen wurden in dem kalifornischen Sound City Studio (das in Buch und Serie eine Rolle spielt) auf analogem Equipment eingespielt. Sogar das fiktive Label "Ellemar Records" - auf dem die Scheibe in der Serie erscheint - wurde zum Schein aus der Taufe gehoben. Nicht zuletzt aufgrund des songwriterischen Geschicks von Mills & Co. und des geschickten Einsatzes offensichtlich ausgebuffter Musikliebhaber, die ihr Ego für dieses Projekt hintanstellten, wurde aus dieser Scheibe dann ein absolut glaubwürdiger musikhistorischer Deep Fake der allerersten Güteklasse. Wer etwa Gefallen an Cameron Crowes "Almost Famous" hatte, für den dürfte "Aurora" eine wahre Erleuchtung darstellen. Und das Beste: Alle sich etwa einstellenden Assoziationen zu Fleetwood Macs "Rumours" sind nicht nur beabsichtigt, sondern absolut cool und glaubwürdig in Szene gesetzt.


-Ullrich Maurer-


 

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