Es ist immer noch nicht so ganz einfach, die Stimme und das Aussehen von Ameli "Amilli" Flörke unter einen Hut zu bringen, obwohl die junge Dame aus Bochum schon seit einigen Jahren tätig ist und nun endlich ihr lang erwartetes Debütalbum vorlegt - denn Amilli macht weder Deutschpop noch Indie-Rock oder sonst etwas, was man aus dem Ruhrgebiet vermuten würde, sondern jazzigen, organischen Soul- und R'n'B in Reinkultur. Dabei überrascht Amilli mit einer rauchigen Bluesstimme, die eben so gar nicht zu ihrem Aussehen passen will. Vergessen wir aber mal die Sache mit der Optik: Es hat sich letztlich als richtig erwiesen, dass sich Amilli erst mal eine Fanbase aufbaute, dann einige EPs als Testballons in die Welt setzte und letztlich als Support-Act für etwa AnnnenMayKantereit oder den Giant Rooks Erfahrungen sammelte, was ihr gar eine Eins-Live-Krone einbrachte. Denn nun ist Amilli bereit für die Welt - oder umgekehrt. Das, was sie als R'n'B-Künstlerin mit dem Blick von außen auszeichnet, ist dabei der Umstand, dass sie sich relativ ungekünstelt - ja sogar mit einer gewissen Distanz - ihrem gesanglichen Tun hingibt. Das ist letztlich aber obercool und kommt ganz ohne die Fake-Manierismen aus, die den Juroren in den Castingshows stets Gänsehäute bescheren - aber eben letztlich ein sicheres Zeichen für Unsicherheiten sind. Und so etwas kennt Amilli gar nicht. Ergo gibt es an dieser Scheibe auch nichts auszusetzen: Starke Songs, der bereits beschriebene lässige Gesang, eine fette aber organische Produktion und abwechslungsreiche Settings machen diese Scheibe zu einem perfekten Beispiel dafür, wie sich in einem ausgelutschten Genres mit vielen formalen Einschränkungen Freiheit und Individualität finden lassen. Übrigens: Anaïs, die einen ganz ähnlichen Weg einschlug wie Amilli, sieht auch nicht aus wie sie singt und ist mit den Giant Rooks getourt. The plot thinkens.