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30.08.2024
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Paris Paloma - Cacophony

Paris Paloma - Cacophony
Nettwerk/Bertus
Format: LP

Paris Paloma hätte es sich einfach machen und ihre recht erfolgreichen Indie-Folkpop-Singles für ihre Debüt-LP zusammenpacken können und um ein, zwei aktuelle Tracks ergänzen können. Doch jemand, der sich konzeptionell von der eigenen Zeichenkunst, von Literatur, Poesie, Philosophie, Mystik und Mythologie, Folklore, Avantgarde- und Fashion-Ästhetik sowie nicht zuletzt vom Dialog mit ihren Fans inspirieren lässt, denkt natürlich nicht in solchen Formaten. Für den Großteil der neuen Songs, die sich auf dem Album "Cacophony" befinden, zog sich Paris Paloma in die norwegische Abgelegenheit zurück, um sich dort ein Konzept für das Album zu überlegen. Dieses fand sie, indem sie in ihren Songs nicht nur ihre Traumata und Neurosen verarbeitete, sondern auch die mit dem Song "Labour" (der auf dem Album in einer neuen, überarbeiteten Form zu finden ist) begonnene Tradition ihrer feministischen Manifeste in Songs wie "Boys Bugs & Men", "My Mind (Now)" oder "As Good As A Reason" weiter fortzuschreiben und obendrein in einem aus drei Songs mit den Titeln "Escape Pod", "Last Woman On Earth" und "Bones On The Beach" bestehenden Mittelteil eine existentialistische Betrachtung über ihre Beziehung zum Universum und der Natur einzubinden. Hier macht sie sich Gedanken, wie es wohl wäre, sich in einem "Escape Pod" von der sterbenden Erde zu lösen, um als die letzte Frau auf Erden die eigene Sterblichkeit in den "Bones On The Beach" widergespiegelt zu bekommen.

Wer sich dann vielleicht darüber wundert, dass die Songs musikalisch nicht in der energischen, Rock-orientierten, elektrischen Form der Erfolgstitel angelegt sind (von denen sich außer "Labour" und "As Good As A Reason" nur noch der mit Old Sea Brigade eingespielte Track "Yeti" befindet), dem darf gesagt werden, dass Paris Paloma sich nicht mit einem bestimmten Genre zufriedengeben möchte, sondern - im Sinne des LP-Titels "Cacophony" - an der Schnittstelle zwischen Chaos und Ordnung nach Möglichkeiten sucht, ihre Texte ohne konkrete Songformate musikalisch einzubetten (attraktive poppige Momente wie im Key-Track "The Hunter" immer ausgenommen). Mit diesem Ansatz setzt sich Paris Paloma angenehm von jenen ihrer Kolleginnen ab, die alleine mit der Bloßlegung ihres fragilen Seelenheils zum Idol geworden sind.


-Ullrich Maurer-


 

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