13.09.2024 http://www.gaesteliste.de/review/show.html?_nr=22766 |
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Nilüfer Yanya - My Method Actor Ninja Tune/Rough Trade Format: LP Also eines steht mal fest: Eine gefällige Pop-Scheibe hatten Nilüfer Yanya und ihr kreativer Partner Will Archer nun wirklich nicht im Sinn, als sie ihr drittes Album "My Method Actor" in Angriff nahmen. Stattdessen ging es dem Paar darum, in der Abgeschiedenheit einer selbst gewählten Isolation gemeinsam zu möglichst spannungsreichen Ergebnissen zu kommen und dabei jeweils den weniger beschrittenen Weg zu suchen und nicht auf Schnellschüsse zu achten. Wie zuvor etwa schon Duke Ellington betrachtet Nilüfer Yanya ihr Songwriting als "Problemlösung" im musikalischen Sinne. Auf der Suche nach eigenen Wegen spielen dabei Formate und Regeln keine Rolle. Das bedeutet, dass sich Nilüfer gesanglich an echten - oder sagen wir mal erwartbaren, konventionellen - Melodien vorbeimogelt und sich an Halbtönen, Breaks und Tempiwechseln durch die komplexen Arrangements schlängelt, die sie und Archer mit allen Mitteln der Studiotechnik produktionstechnisch bis zum Äußersten treiben. Denn das muss klar sein: "My Method Actor" ist eine reine Studio-Scheibe - denn obwohl vieles auf klassischen Instrumenten (sogar recht viel auf Akustik-Gitarren) eingespielt wurde, wird der Sound von Effekten, getweakten Klängen und unüblichen Arbeitsweisen geprägt. Etwa indem die verzerrten E-Gitarren direkt ins Mischpult gestöpselt werden oder Nilüfers Vocal-Tracks dreidimensional greifbar durch die Soundlandschaft tanzen. Purismus oder ein authentisches, organisches Klangbild darf hier niemand erwarten. Dennoch gelingt es Nilüfer und Will immer wieder, die eigenartig verbogenen Harmonieführungen, eigenwilligen rhythmischen Verstrickungen und sogar ein wild mäanderndes Streicherensemble in memorablen Songs wie "Like I Say (I Run Away)" oder "Made Out Of Memory" zu verdichten.
Die Experimente, die Nilüfer und Will im Studio in vielen Sessions initiierten, waren also von Erfolg gekrönt. Inhaltlich verarbeitet Nilüfer hier ihre eigene Transition als Musikerin und sagt, dass das Album "sich viel mit der Idee der Bewegung von einem Teil des Lebens in einen anderen" beschäftige. Kein Wunder also, dass es musikalisch dann nicht auf das Reduzieren, sondern das Expandieren ankam. Nach Stilen braucht man dann als Hörer auch nicht mehr zu suchen. Sicherlich lässt sich Nilüfer hier zuweilen von Jazz- oder Soul-Flair inspirieren - aber im Grunde erschuf sie ja schon zu Beginn ihrer Laufbahn eine eigene musikalische Genussmittelklasse, die sie mit "My Method Actor" nun um verschiedenste Aspekte erweiterte und auskleidete. -Ullrich Maurer- |
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