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18.10.2024
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Ätna - Lucky Dancer

Ätna - Lucky Dancer
recordJet/edel
Format: LP

Nachdem sich Inez Schaefer und Demian Kappenstein auf ihrem letzten Album "Push Life" mit allzu abenteuerlichen Sound-Experimenten verzettelt hatten (mit denen sie sich letztlich aber wohl nur auf die Tour für das Album vorbereiten wollten, wo diese eine tragende Rolle spielten), geht es auf dem Album #3 wieder in eine songorientierte Richtung. Die genannten Soundeffekte (beispielsweise Vocal-Tweaks mit Autotune, Sampler und Harmonizer) sind zwar auch wieder vorhanden, werden aber behutsam in das jeweilig bestimmende Soundformat eingebettet. Auf der musikalischen Ebene wird dieses Album nicht mehr alleine von den Beats und Loops dominiert, die bislang den musikalischen Anker des Ätna-Universums ausmachten, sondern von gewaltigen, symphonischen Elementen, die mit Unterstützung des Bayrischen Rundfunks realisiert wurden.

Es ist dann aber ein ganz anderer Aspekt, der die Besonderheit dieses Albums darstellt - und das ist erstaunlicherweise ein inhaltlicher. Denn bei dem Album geht es nicht um die Feier des Hedonismus (wie etwa der Titel vermuten ließe), sondern um allegorische politische und soziale Kommentare im Songformat - wie es Ätna in einem Track-By-Track-Sheet darlegen. "My First High" ist etwa eine Hommage an den Freiheitskampf iranischer Frauen, "Turn Back Time No More" ein Vexierspiel mit dem Thema "Vertreibung aus dem Paradies" (wie würden sich Adam Eva aus dem Bild "Der Sündenfall" von Lucas Cranach heute verhalten, wenn sie Soziale Medien und Photoshop zur Verfügung hätten?). Und der "Lucky Dancer" tanzt vor dem Bild brennender Wälder in den Untergang. Auch eher abstraktere Ideen fangen Ätna in Songs wie "All That I Am" ein - einer Art Auto-Empowerment-Hymne, die Inéz im Rahmen einer Arbeit für das Hamburger Thalia-Theater zum Thema "Me Too" zusammen mit Demian und Matze Prölloch geschrieben hat. "Number One" hingegen ist eine psychedelische Kontemplation zum Thema "das schöne am Leben ist ja, dass es immer weiter geht".

Vermutlich aus dem Grund, dass das Inhaltliche bei diesem Projekt die Deutungshoheit übernommen hat, funktionieren die neuen Tracks musikalisch allesamt als konkret durchstrukturierte Popsongs - wobei der Mix aus elektronischen und organischen Bestandteilen dank der Orchester-Elemente eindeutig in die organische Richtung ausschlägt. Kurz gesagt: Das ist das Ätna-Album, auf das eigentlich alle schon seit der ersten EP des Dresdner Duos gewartet hatten.


-Ullrich Maurer-


 

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