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06.12.2024
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Sebastian Studnitzky & Odesa Philharmonic Orchestra - Memento Odesa

Sebastian Studnitzky & Odesa Philharmonic Orchestra - Memento Odesa
X Jazz/Membran
Format: Digital

Politisch motivierte Benefit-Projekte haben ja gerne immer schnell ein Geschmäckle - da es dabei oft nur um die Sache, aber nicht unbedingt die Musik geht. In dem Fall scheint das allerdings ein wenig anders zu sein. Der aus dem Schwarzwald stammende Trompeter, Pianist und Komponist Sebastian Studnitzky hatte im Rahmen seiner Tätigkeiten als Kurautor des von ihm mitbegründeten XJAZZ!-Festivals schon lange Verbindungen zur Szene in der Ukraine und kam nach dem Einmarsch der Russen auf die Idee, zusammen mit dem Symphonie-Orchester Odessa in der Schwarzmeer-Metropole ein gemeinsames Projekt zu realisieren. Dazu komponierte er - sicherlich im Geiste aber keineswegs im Stile Schostakowitsch - eine Fuge, die sich thematisch mit der Situation vor Ort im Angesicht der täglichen Angriffe der Russen beschäftigte. Daraus entstand 2023 zunächst die EP "Margolina", die aus drei Stücken bestand, die er dann vor Ort in Odessa mit dem Symphonie-Orchester und einem international besetzten Jazz-Quartett einspielte.

Das nun vorliegende Album enthält nun die Stücke der EP und sechs weitere Tracks, die während einer Tournee mit dem Symphonie-Orchester aus Odessa dann in Berlin live mitgeschnitten wurden. (Die Tour wird noch fortgesetzt.) Musikalisch lebt das Projekt dabei aus einer interessanten Spannung aus der luftigen Leichtigkeit, mit der die Jazz-Combo - nicht nur sprichwörtlich - den Takt vorgibt und den schwelgerisch miteinander verwobenen Streicher-Partituren des Symphonie-Orchesters, die mit wunderschönen Melodie-Linien, die indes immer wieder harmonisch gebrochen werden - einem Spannungsbogen zwischen Dystopie und Utopie erzeugen - wobei die Zielrichtung ständig wechselt, aber nie konkret abdriftet. Das Erstaunliche ist dabei dann der Umstand, dass aufgrund der Kombination der gegensätzlichen Elemente jeder Anflug von Schwermut vermieden werden konnte und das ganze Projekt von einer überraschend lebhaften Verspieltheit geprägt wird. Anstatt also auf die Tränendrüse zu drücken, sorgt Studnitzky als Komponist und die Musiker als Interpreten für eine ausgeglichene, manchmal kämpferische aber niemals desolate Grundstimmung, die dem ganzen Projekt auch einen eleganten, geradezu lebensbejahenden Unterhaltungswert beimessen.


-Ullrich Maurer-


 

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