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13.10.2003
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Jethro Tull - A New Day Yesterday

Jethro Tull - A New Day Yesterday
EMI
Format: DVD

Auf zehn Jahre mehr oder weniger kommt es bei Tull auch nicht mehr an: Für diese DVD im annähernd 35. Dienstjahr der britischen Folk- / Bluesrock-Urgesteine hat die EMI das eine Dekade alte VHS-Video "25th Anniversary Collection" genommen und mit Zusatzmaterial versehen. Auch dieses treibt "A New Day Yesterday" allerdings nicht über die 90-Minuten-Marke. Clou und Konzept des Streifens ist, dass die Szenerie gewissermaßen von der hier verewigten Jubiläumsparty 1994 zum 25. Jahrestag des ersten Gigs in einem Londoner Pub ausgeht. Wir sehen 13 aktuelle und ehemalige Tull-Mitglieder in Interview-Wort und ergrautem Bild, darunter etwa Clive Bunker (drms, später Uli Jon Roth und Manfred Mann), Glen Cornick, Barriemore Barlow oder John Evans. Von diesen Interviewsequenzen wird relativ elegant auf eine Zeitenreise durch Tull-Gigs von '70 bis '93 übergeblendet. Bei den '70er Aufnahmen aus Frankreich etwa sehen sich Fans des inzwischen doch zum soignierten Lachszüchter en Gros mit Wohlstandbäuchlein gereiften Anderson einem in derrwischhaften Zuckungen über die Bühne irrlichternden Freak gegenüber, begleitet von einer Band, deren absurde Kostüme bei der Muppetshow nicht mehr durchgehen würden - und konserviert mit einer Bildregie wie weiland bei Sexauer & Nerke: "Psychedelik" entsteht primär durch schnelles Ran- und Weg-Zoomen und Einfärben des Bildes.

Bei ihrem Auftritt bei BBCs Top Of The Pops zeigen unsere Mannen, was man alles mit Vollplayback machen kann, wenn man dazu steht, sprich Anderson grimassiert sich mitten im "Gesang" fast zu Tode. Ein künstlerischer Höhepunkt ist wieder eine Pariser Aufnahme, die in etwa der Version von "Bursting Out" entsprechende Fassung von "Minstrel In The Gallery". Weiter lernen wir hier Tull als Pornographen kennen - beim historisierenden Promo-Video zu "Kissing Willie" von '89. "Rocks On The Road" hingegen führt leider vor, wie Anfang der '90er die Videos langsam zu stilisierten Spielfilmen werden, während das musikalische Material immer belangloser wird. Alles in allem ist die Dual Layer-DVD wohl vor allem für all jene Fans Tullscher Flötentöne eine Bereicherung, die noch auf gar keine Optikkonserve der Band zurückgreifen und die damit leben können, nur wenige Stücke unbeschnitten am Stück zu erhalten.



-Klaus Reckert-


 

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