Dinosaur Jr. Originalbesetzung von 1984. Das erste gemeinsame Album seit 1988. Kaum einer (inklusive der Band selbst) hätte dies nach all dem persönlichen Gerangel zwischen Mr. Mascis und "Loser" Barlow erwartet und jetzt sind sie auf einmal mit einer neuen Platte da. Dementsprechend hoch ist also die Erwartungshaltung. Um es vorweg zu nehmen: Ein Klassiker, ein "Überalbum" ist "Beyond" nicht. Dazu fehlt einfach das wilde, unberechenbare Element, um dieses Werk zu einem Ungetüm werden zu lassen, aber trotzdem ist dieses Album absolut GEIL, auch wenn es nichts mit "Bug" zu tun hat.

J Mascis' Dinosaur Jr. erfinden sich auf dieser Platte mit Sicherheit nicht neu: Alles schon mal gehört. Zudem setzt "Beyond" eigentlich genau da an, wo 1997 mit "Hand It Over" vorerst Schluss war. Man könnte natürlich genau so gut J Mascis' letztes solo Werk "Free So Free" als Wegweiser hernehmen. Zudem hat man sämtliche Gitarren-Licks und Hooks schon x-mal in der Zeit von 1991 ("Green Mind") bis 2002 ("Free So Free") gehört, und teilweise wirkt es so, als ob J Mascis versucht, immer wieder den gleichen Song neu zu schreiben, zu verbessern und neu zu arrangieren, denn ganze Akkordfolgen samt Gesangsmelodiebögen findet man schon auf vorhergegangen Alben.

Einerseits könnte man Herrn Mascis eine gewisse Ideenlosigkeit vorwerfen, andererseits bezieht er hieraus auch einen gewissen Widererkennungswert für sein gesamtes künstlerisches Oeuvre und eine gewisse, sehr angenehme Vertrautheit, da sich bei ihm nicht viel verändert hat und alles beim Alten geblieben ist. Dennoch hat dieses Album das gewisse Etwas, das man seit "Where You Been" 1993 vermisst hat - so etwas wie eine dritte Dimension. Diese dritte Dimension heißt BAND: Lou Barlow (Bass) & Pat "Murph" Murphy (Drums). Ein Element, das man auf J Mascis' The Fog-Alben eigentlich immer vermisst hat. Auffallend ist, wie sehr Dinosaur Jr. musikalisch gereift sind - "technisch" sind Mascis, Barlow & Murphy sogar besser als damals. Klasse Arrangements, große Momente UND: J Mascis kann singen! Selten konnte man seine Stimme so klar und deutlich wahrnehmen wie auf diesem Album. Es scheint als ob sich Herr Mascis nun nicht mehr hinter einem Wall aus Gitarren verstecken muss - er tritt nun auch schon mal hervor, schaut einem ins Gesicht, gibt einem selbstbewusst die Hand und sagt "Hallo"!

Der erste Song, "Almost Ready", könnte als Definition des "klassischen" Dinosaur-Sounds herhalten: Das Riff kommt einen bekannt vor, eine durchaus powervolle Darbietung - so könnte es klingen wenn Motörhead sich an "The Lung" vergreifen würden. Zudem findet man auf "Beyond" eine Vielzahl an musikalischen Stilistiken vereint, von denen diese Band schon immer stark beeinflusst wurde: Punkrock-Anleihen in "Been There All The Time", Metal-artige Riffs in "It's Me", folk-countryesques in "We Are Not Alone". Sehr interessant ist das etwas an Velvet Undergrounds "Heroin" erinnernde "Pick Me Up", ein ruhiges, kurzes Intermezzo mit Cello, gefolgt von Barlows Spacerocker "Lightning Bulb". Sowieso ist es erwähnenswert, dass dieser zwei (übrigens sehr tolle!) Songs beisteuern durfte, was unterstreicht, dass Mr. Mascis mittlerweile seine Rolle in dieser Band etwas anders definiert, sich Barlows Qulitäten als Songschreiber bewusst ist und auch selber einen Schritt zurück geht. Das ist auch in den Texten zu vernehmen - wer immer wieder die Textzeile "This Is All I Came To Do" singt, gefolgt von immer weiter ausufernden Gitarrensoli, so zeugt dies von Humor, denn man beim sonst so trockenen J Mascis kaum vermuten würde.

Man muss es immer wieder sagen, "Beyond" ist definitiv kein Meilenstein wie "You're Living All Over Me" (1987) und auch kein Klassiker wie "Bug" (1988) oder "Green Mind" - aber vielleicht das beste Dinosaur-Album seit "Where You Been".