Die Ankündigung, dass Bob Dylan dieses Jahr ein Album mit seinen Interpretationen alter Weihnachtsstandards veröffentlichen würde, stieß zunächst selbst bei eingefleischten Dylanologen auf Verwunderung. Schließlich ist die Stimme des legendären Singer / Songwriters nach 20 Jahren "Never Ending Tour" fast völlig verschlissen, und auch seine intensive Beschäftigung mit dem klassischen Blues auf allen drei Studiowerken des auslaufenden Jahrzehnts schien nicht so recht zu seinem Plan zu passen, dem jahrelangen Drängen seiner Plattenfirma nachzugeben und seine erste Weihnachtsplatte aufzunehmen. Die Bedenken verfliegen allerdings sehr schnell, wenn man die Platte erst einmal hört.
Herausgekommen ist nämlich ein wirklich schönes, klassisches Weihnachtsalbum. Kein altbackenes Tralala, kein moderner Kitsch, sondern eine Platte, die sich an Croonern wie Bing Crosby orientiert, dessen "White Christmas" bekanntlich die bestverkaufte Single aller Zeiten und das dazugehörige Album "Merry Christmas" das meistverkaufte Weihnachtswerk der Musikgeschichte ist. So lässt sich Dylan bei einem Großteil der Lieder von einem gemischten Chor begleiten, während die Musik - vom irren Polka-Ausreißer, dem rasanten "It Must Be Santa", einmal abgesehen - gediegen in Richtung Swing und Jazz deutet. Schön auch, dass neben altbekannten Nummern wie "Winter Wonderland", "Come O Ye Faithful", "Little Drummer Boy" oder dem besonders gelungenen "The First Noel" auch eine ganze Reihe zumindest im europäischen Raum unbekanntere Stücke den Weg auf das Album gefunden haben, die der Veröffentlichung etwas von der Vorhersagbarkeit nehmen, die Weihnachtsplatten mitunter anhaftet.
Dass Dylan seine kompletten Tantiemen zudem wohltätigen Zwecken spendet, dürfte dann wohl auch diejenigen Fans zum Kauf bewegen, die sich von Dylan eher Zeilen wie "He not busy being born is busy dying" als "Pa rum pum pum pum" erhoffen. Frohe Weihnachten!