Vereinzelt schon zum "(Retro) Progressive Album des Jahres" ausgerufen (allerdings von dem Medium, für den auch der Autor der Album-Textvorlage schreibt), darf sich diese deutsche Produktion in der Tat zumindest der Aufmerksamkeit der gesammelten Proggie-Gemeinde sicher sein. Dafür gibt es m.E. mindestens einen Siebensprung munterer Gründe.
1. Wie beim zumindest personell verwandten "Elinoire“ von Flaming Row wurde auch hier eine richtige Hintergrundgeschichte beauftragt, die in diesem Fall von Thoralf Koss ersonnen und von Marek Arnold (key, sax; u.a. Flaming Row, Toxic Smile, Stern Combo Meissen) sowie Ulf Reinhardt (drms; Ex-Prophets Of Prunes) kongenial in Töne gesetzt wurde.
2. Das Opus mit dem rätselhaften Namen hat Texte, die den Namen verdienen und Themen - (blinder) Glaube vs. Selbstfindung -, an denen man sich zumindest gedanklich reiben kann.
3. Neben Arnold und Reinhardt sind mit Heiko Rehm (bss), Andreas Gemeinhardt (guit; Ute Freudenberg), Anne Trautmann (voc) und Lars Köhler (voc) gediegene Stamm-Musiker beteiligt.
4. Die bei solchen Projekten obligatorische Gästeliste weist zwar nicht nur internationale Stars und Sternchen auf, doch Ronny Gruber (voc; Testimony), Amelie Hoffman, Martin Schnella (guit; Flaming Row), Larry B. (gewohnt starke voc auf "The Eternal Abstinence"); u.a. Toxic Smile) oder Rob Brenner (bss; u.a. Toxic Smile) haben weit mehr zu bieten als einen sog. großen Namen.
5. Die Musik ist (konzeptbedingt: Wir durchlaufen gemeinsam mit dem Protagonisten mehrere Räume, wobei der von mehreren Nägeln - hier wohl eher Kreuzigungs- als Sargnägel - verletzt wird) so abwechslungsreich, dass man teilweise nicht glaubt, immer noch dem gleichen Tonträger zu lauschen. Das erstreckt sich von After Crying-Satzgesang plus Phil Collins-Rhythmik ("Prologue") über Gitarrensoli, die auch im ProgMetal Ehre einlegen würden ("The Empty Room") und Growls in "The Crying Child“ bis hin zu Toto-Riffing ("The Deadly Crucifixion“). Besonders auffallend immer wieder die wunderschönen Piano-Ein- und Überleitungen und der durch Pro- und Epilogue gebildete, gelungene Rahmen inklusive Vogelgezwitscher.
6. Insofern zieht sich auch erkennbar ein roter Faden (oder eine Blutspur?) durchs ganze Album, dessen Plot aus Motiven wie Überzeugung, Enttäuschung, Schmerz, und Heilung hier aber nicht vorgegriffen werden soll. Nur so viel: Sogar der Ikone des Antifaschismus, Anna Seghers, wird hier gehuldigt.
7. "The?Book" erscheint mit aufwändigen Mediabook, das auf 52 Seiten die gesamte Story auf Deutsch und Englisch wiedergeben soll (lag uns aber nicht vor).