Platz und Sieg für das Soloalbum des Gitarristen der Band Feuerschwanz, den wohl noch nicht jede(r) auf dem Gitarrenhelden-Zettel stehen hatte. Doch die teils nicht ganz leicht zu beeindruckenden Kritikerkollegen bei u.a. eclipsed, Guitar oder auch Gitarre & Bass fanden so süffige Lobesworte zu "Timestamps", dass wir auch neugierig wurden: Gut so, denn das über vier Jahre entstandene Album ist ein Paradebeispiel für gitarrenbasierte Instrumentalmusik, bei der Komposition und generelle Musikalität vor der Zurschaustellung von - offensichtlich reichlich vorhandener - Virtuosität kommt.
Beispielsweise beim eröffnenden "Birdrange" rollen mit Angry Birds-hafter Konsequenz Linien von einer Melodik ans Ohr, wie Joe Satriani die schon eine ganze Weile nicht mehr geschrieben hat. Es geht allerdings auch heftiger: "Spanish Race On A Devil's Highway" greift eine Kadenz aus Joaquin Rodrigos weltberühmtem "Concierto de Aranjuez" auf und wirft auch Al Di Meola ein Augenzwinkern zu. Darf es noch etwas anspruchsvoller sein? Bitte schön: "Pull It Out" shreddert in 7/8 (so der Künstler) vom Fusion/Funk mit herrlichem Wah-Spiel über Rock, kurzes Ankuscheln und dann klappsymmetrisch wieder zurück. Die unglaublichen Riddims dazu liefern Marco Minnemann (drms; u.a. Steven Wilson, Aristrocrats) und Pete Griffin (bss; u.a. Terry Bozzio, Zappa Plays Zappa, Chick Corea). Den selben Job erledigen Fabio Trentini (der auch den Album-Mix versorgte) und der Jazz-Drummer Wolfgang Haffner sehr einfühlsam für die wieder wunderbar "satchy" gespielte Ballade "Father".
Für die spritzige Funkyness von "Red Room Nine" wechselte Wolfram Kellner (u.a. JBO) hinters Schlagzeug, der auch die "Freak Sauna" gemeinsam mit TM Stevens (bss; u.a. Steve Vai, Little Steven, Billy Joel, James Brown u.v.m.) anheizt. Die Idee zu dieser Kernzelle des gesamten Albums entstammt einem Schwitzgang gemeinsam mit 16 anderen Saitenschindern während eines der berühmten Freak Guitar Camps von Mattias IA Eklundh... Und genau der steuert für das folgende, abermals funkige "Deadman" ein Solo bei, bei dem man versteht, warum ein Gitarrist nur diesen Gitarristen auf seinem Soloalbum ein Gastsolo einräumt (naja, Jeff Beck hatte wohl keine Zeit ;-).
Ein Stück wie "Axetasy" braucht keine zwei Minuten und das ganze Album keine 40 Minuten, um auf den berühmten Punkt zu kommen. Auch das ist eine fast mal wohltuende Ausnahme. Das abschließende, sanfte "Alive" ist ein solcher Punkt, in dem sich nochmal alles sammelt, magisch u.a. durch Pete Griffins Spiel auf dem Fretless Bass. Ein echter Überraschungs-Coup: Die Gitarrenalben des Jahres '13 kommen von den Herren Tsonev, Fastfinger ... und dem Franken Hans Platz!