Perfektes Timing: Die ersten Herbstnebel erheben ihre melancholischen Trugbildgesichter und da ist sie auch endlich - die neue Anathema. Und sie haben es wieder einmal geschafft, die Vorfreude einzulösen: Die Band die sich von herbestem Krach zu den stilbildendenden Genreperlen "Alternative 4" und "Eternity" aufgeschwungen hatte, um dann auf ihrer Umlaufbahn um das neue Vorbild Pink Floyd auf "A Fine Day To Exit" wie eine noch todessehnsüchtigere Variante von Porcupine Tree zu klingen, gemahnt auf "A Natural Disaster" gothlob wieder in etwa an die Zeiten ihres größten, wundervollsten und rätselhaftesten Albums. Das als Rückschritt zu bewerten könnte nur jemanden einfallen, der nicht dankbar ist, noch einmal the real dark side of "The Dark Side Of The Moon" erleben zu können. 2003 stehen Anathema sogar ihrem Spin-off, Duncan Pattersons wunderbarem Antimatter-Projekt, näher als Gilmour & Co.
"Disaster" wirkt ungemein dicht komponiert, durchdacht und doch teils erschreckend leidenschaftlich. Etwa das durch Vocoder-Sounds geprägte "Closer" nimmt mit einem geradezu gnadenlosen Spannungsaufbau gefangen. "Are You There" ist herrlich floydesk, die Schuld- und Reuegeschichte des Titelstücks lebt von Lee Douglas sanfter Stimme (der Schwester des Anathema-Drummers John) und ist sicher die erste Anathema-Komposition, die an Cinderella erinnert (Long Cold Winter). Höhepunkt ist "Violence", das wieder wollüstige Reminiszenzen an "Alternative 4" heraufbeschwört, um dann in einer immer zarter werdenden Coda aus Flügel und Strings Ensemble buchstäblich zu verwehen. Schöner kann Traurigkeit eigentlich nicht mehr werden.